«Wenn alles fertig ist, dann kommt der Bischof»
- Am 1. Oktober 2020 wurde der Pastoralraum AG24 Zurzach-Studenland von Bischof Felix Gmür per Dekret errichtet. Dieses Vorgehen soll auch bei den noch geplanten Pastoralräumen im Bistum Basel angewandt werden.
- Die feierliche Einsetzung von Andreas Stüdli als Pastoralraumpfarrer und Stefan Günter als Pfarreiseelsorger des neuen Pastoralraums fand im Rahmen des Sonntagsgottesdienstes vom 18. Oktober im Verenamünster in Bad Zurzach statt. Ohne Bischof Felix.
- Der Bischof komme dann zu Besuch, wenn alle noch notwendigen Aufgaben zur vollständigen Einrichtung des Pastoralraums erledigt seien, erklärte der Regionalverantwortliche des Bistums, Tobias Fontein, im Gottesdienst.
Der neue Prozess sei noch wenig bekannt, erklärte Tobias Fontein gleich zu Beginn des gestrigen Sonntagsgottesdienstes in Bad Zurzach. Der Regionalverantwortliche des Bistumsvikariats St. Urs war eigens angereist, um die Seelsorger im neuen Pastoralraum Zurzach-Studenland offiziell in ihrem Amt zu bestätigen. Den eigentlichen Pastoralraum mit der Nummer AG24 hatte Bischof Felix Gmür mit Wirkung auf den 1. Oktober 2020 ganz ohne Pomp und Feierlichkeiten schon per Dekret, also rein schriftlich, errichtet. Im selben Dekret wurden Andreas Stüdli zum Pastoralraumpfarrer und zum Pfarradministrator der Pfarreien Baldingen, Kaiserstuhl, Schneisingen, Wislikofen und Zurzach ernannt sowie Stefan Günter zum Pfarreiseelsorger für die gleichen Pfarreien.
Tobias Fontein erklärte den gut 60 Gottesdienstbesuchern im Verenamünster, dass Bischof Felix den Prozess der Pastoralraumentwicklung in seinem Bistum beschleunigen wolle. Deshalb warte man jetzt nicht mehr ab, bis restlos alle Arbeiten erledigt seien, die zur Errichtung eines Pastoralraums notwendig sind. «Wenn ein Minimum der Aufgaben erledigt ist, dann wird der Pastoralraum errichtet. Wenn dann alles fertig ist, dann kommt der Bischof zu Besuch.» Wer für seinen Pastoralraum einen Namen weiss, die Leitungspositionen besetzen kann und über ein Statut verfügt, der hat die Minimalanforderungen für die Errichtung per Dekret erfüllt.
Das Zusammenrücken lernen
Beim Apéro nach dem Gottesdienst zeigte sich Tobias Fontein sehr erfreut darüber, dass die Umwandlung vom vormaligen Pfarreienverband Zurzach-Studenland in den Pastoralraum Zurzach-Studenland nach unerwarteten Verzögerungen nun doch vollzogen ist: «Wir sind davon ausgegangen, dass das viel schneller passieren würde, weil der Zusammenschluss der fünf Pfarreien ja bereits bestand. Aber dann gab es halt doch noch ein paar Knackpunkte.» Zu diesem Thema befragt, sagte der Präsident des ehemaligen Pfarreienverbandes, Felix Vögele: «Auf Verwaltungsebene waren wir mit dem neuen Pastoralraum in kurzer Zeit durch. Wir arbeiten in unseren Pfarreien ja schon seit 47 Jahren zusammen. Wir kennen uns und unsere Bedürfnisse. Aber was wir jetzt noch lernen müssen, das ist das Zusammenrücken.»
Zusammenrücken war im Gottesdienst am Sonntag nicht notwendig, denn der offensichtlich erwartete Ansturm der Gläubigen aus den fünf Pfarreien blieb aus. Die zusätzlichen Stuhlreihen im Münster blieben unbesetzt. Die Messebesucher verteilten sich locker und mit Gesichtsmasken geschützt in den Bänken. «Es waren vor allem offizielle Vertreter der fünf Kirchgemeinden hier», resümierte Pastoralraumpfarrer Andreas Stüdli nach der Messe. «An einem gewöhnlichen Sonntag kommen sonst eher mehr Leute in die Kirche als heute.»
Predigt als «Hochseilakt»
Wer Pfarrer Stüdlis Predigt zum Missionssonntag aufmerksam gefolgt war, dem konnte nicht entgangen sein, dass dem Priester und Seelsorger die neue Organisationsform nicht nur Freude bereitet. So begann er seine Homilie mit den Worten: «Eigentlich sollte der Bischof hier predigen.» Diese Predigt gleiche einem «Hochseilakt», denn es gehe darum, sich richtig auszudrücken, damit einem die Worte nicht im Mund umgedreht würden, wie es die Pharisäer bei Jesus versucht hätten (Mt 22,15–21). Der Spruch in diesem Evangelium «So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört» sei als Aufforderung zu verstehen, das Gemeinwesen zu unterstützen, solidarisch zu sein, die grossen Gemeinden für die kleinen. Es gehe aber nicht nur um den Kaiser oder den Papst, sondern auch um Gott: «Wir müssen auch Gott geben, was Gott gehört.»
Andreas Stüdli fragte sich für alle, die seine Predigt hörten: «Tun wir das? Wofür setzen wir uns ein? Was zählt in unserem Leben?» Er sei vor bald zwei Jahren als Priester nach Zurzach gekommen. «Mein Ziel war es nicht, Pastoralraumpfarrer zu werden. Aber ich habe bewusst ja gesagt zu dieser Aufgabe und ich werde alles tun, was möglich ist – aber nicht um jeden Preis.»
«Ich bin Seelsorger, nicht Manager»
Es ist kein Geheimnis, dass es der katholischen Kirche empfindlich an Personal mangelt. Die Einführung von Pastoralräumen, als Zusammenschluss vormals eigenständiger Pfarreien mit je eigenem Priester zu Pfarreiverbänden unter seelsorgerischer Obhut eines Pfarrers, ist ein deutliches Zeichen. Damit sei das Grundproblem aber nicht behoben, betonte Andreas Stüdli beim Apérogespräch mit Horizonte: «Es kommen immer mehr Verantwortlichkeiten hinzu. Diese Mehraufgaben binden immer mehr Ressourcen. Wir Seelsorger müssen immer mehr für die Struktur da sein. Ich bin aber Seelsorger, nicht Manager.» Eine Entlastung, vor allem in der Administration, wäre für den Pastoralraumpfarrer etwa durch den Einsatz einer administrativen Leitungsassistenz möglich.
Regionalverantwortlicher Tobias Fontein weiss genau, wo personell der Schuh drückt: «Für die fünf Pfarreien im neuen Pastoralraum stehen nur zwei Seelsorger zur Verfügung. Fast 200 Stellenprozente sind hier nicht besetzt. Wir geben aber alles, damit wir so schnell wie möglich mindestens eine weitere Stelle besetzen können.» Wer weiss, vielleicht kann Bischof Felix, wenn er im Herbst 2021 den vollständig eingerichteten Pastoralraum Zurzach-Studenland besucht, auch gleich noch die neue Seelsorgerin oder den neuen Seelsorger in Zurzach begrüssen.
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