Wege zum Leben

Manch­mal öff­net ein Lebens­ein­schnitt Türen ins Neu­land. Clau­dia Not­hel­fer, Theo­lo­gin und Kon­tem­pla­ti­ons­leh­re­rin, hat das sel­ber so erfah­ren. Nach län­ge­rer Krank­heit, hat sie die Ange­bo­te von Bil­dung Mobil vor ihrem per­sön­li­chen Hin­ter­grund über­dacht. Das Ergeb­nis ist der neue The­men­schwer­punkt «Wege zum Leben».Clau­dia Not­hel­fer, Ihr Leben und Ihr beruf­li­cher Weg lagen klar und gera­de vor Ihnen. Dann geriet durch eine ärzt­li­che Dia­gno­se alles durch­ein­an­der. Was ging in Ihnen vor? Clau­dia Not­hel­fer: Mir wur­de ver­tieft bewusst, dass Leben nicht plan­bar ist, son­dern sich aus dem Moment her­aus ent­wickelt. Dass das, was ich als mei­ne Beru­fung emp­fin­de total erschüt­tert wer­den kann. Als ich krank war, habe ich mich neu gefragt «Was ist mein inne­rer Ruf»? Doch da war am Anfang nur Schwei­gen. Die rein kör­per­li­che Not kann so gross sein, dass die See­le ihren Weg zunächst nicht sieht. Es brauch­te Zeit und lie­be­vol­le Selbst­an­nah­me, wie ein neu­es «Ja» zu mir.Wie sah das kon­kret aus? Was ich seit vie­len Jah­ren im kon­tem­pla­ti­ven Gebet übte, wur­de ein­ge­löst: los­las­sen und anneh­men, was ist. Es war durch­aus schmerz­lich zu spü­ren, dass nicht mehr alles so geht wie ich es mir wünsch­te. Ich kann bei­spiels­wei­se mei­ne Tätig­keit als Kon­tem­pla­ti­ons­leh­re­rin nicht mehr so unein­ge­schränkt aus­üben. In die­sem Pro­zess fiel mir auf, dass unse­re Bil­dungs­an­ge­bo­te mehr­heit­lich gesun­de, vita­le, mobi­le Men­schen anspre­chen. Der Wunsch ent­stand, mehr für Men­schen da zu sein, die aus ver­schie­de­nen Grün­den von einer Ein­schrän­kung betrof­fen sind.Wie waren die Reak­tio­nen im Team der Fachstelle? Sie haben das sehr ernst genom­men. Es gab eine gros­se Offen­heit dafür, einen neu­en Schwer­punkt zu grün­den. Schliess­lich haben wir den Titel «Wege zum Leben» gefun­den. Er drückt Zuver­sicht aus, die Erfah­rung, dass Ent­wick­lung aus Leid­vol­lem hin zu neu­er Lebens­qua­li­tät und Freu­de mög­lich ist – und dass wir auf dem Weg ent­decken kön­nen, was uns Kraft­quell zum Leben ist.Gab es eine «Bedarfs­ab­klä­rung»? Oder haben Sie auf Ihre inne­re Stim­me vertraut? Bei­des. Und ich bin über­all auf offe­ne Ohren gestos­sen. Auch in der Via Inte­gra­lis, mei­ner Kon­tem­pla­ti­ons­schu­le, fand ich sofort Unter­stüt­zung. Das ruhi­ge Sit­zen ist zwar heil­sam, doch für Men­schen, die das nicht kön­nen, dür­fen wei­te­re For­men der Kon­tem­pla­ti­on ent­wickelt wer­den.Heisst leib­freund­li­cher, dass Übun­gen zum Bei­spiel kür­zer gehal­ten werden? Ja. Oder auch, dass ich Schwei­ge­me­di­ta­ti­on im Lie­gen oder im Gehen anbie­te, wo gleich­zei­tig Acht­sam­keit im Kör­per geschult wird. Die Men­schen kön­nen spü­ren: ich bin mehr als mei­ne Ein­schrän­kung. Ich kann sie inte­grie­ren in ein voll­wer­ti­ges Gan­zes, das ich als Mensch im Grun­de immer bin.Der Weg aus einer Kri­se in neu­es gelin­gen­des Leben kann lan­ge dau­ern, braucht oft län­ger­fri­sti­ge enge Betreu­ung. Sind Sie in Kon­takt mit ent­spre­chen­den Stellen? Das ist ein ganz wich­ti­ger Punkt. Ich lote gera­de aus, mit wel­chen nicht­kirch­li­chen Stel­len eine Koope­ra­ti­on ent­ste­hen kann. Das heisst, Kon­tak­te auf­bau­en zu ver­schie­de­nen Pra­xen oder Kli­ni­ken. Ich habe mitt­ler­wei­le drei Orte gefun­den, an denen ich Kur­se anbie­ten kann.Wor­auf liegt der Fokus beim Ange­bot, wor­auf bei der Zielgruppe? Bei den Ange­bo­ten sicher, dass kirch­li­che Bil­dungs­ar­beit nicht nur den Intel­lekt anspricht. Dass sie auch Her­zens­bil­dung, spi­ri­tu­el­le Bil­dung und Lebens­be­glei­tung ist. Bei der Ziel­grup­pe geht es um Men­schen, die einen Ein­schnitt erfah­ren haben und sich Beglei­tung und Ori­en­tie­rung wün­schen. Da kann das Jesus-Wort lei­tend sein: «Nicht die Gesun­den brau­chen den Arzt, son­dern die Kran­ken.»Anne Burgmer
Anne Burgmer
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