Was wird aus den Rohingya-Flüchtlingen?

Was wird aus den Rohingya-Flüchtlingen?

Was wird aus den Rohingya-Flüchtlingen?

Mehr als 700 000 Men­schen flo­hen seit August 2017 von Myan­mar nach Bangladesch

Mit dem Beginn des Mon­suns haben sich die Lebens­be­din­gun­gen der Roh­in­gya-Flücht­lin­ge in den Flücht­lings­camps in Ban­gla­desch dra­stisch ver­schlech­tert. Umfas­sen­de Not­hil­fe ist unab­ding­bar, um Leben ret­ten zu kön­nen. Dring­lich wäre auch eine poli­ti­sche Lösung für die Situa­ti­on der Flücht­lin­ge, doch ein sol­che ist zur­zeit nicht absehbar.Durch die Flucht von 700 000 Roh­in­gya aus Myan­mar nach Ban­gla­desch explo­dier­te die Bevöl­ke­rung des Flücht­lings­camps Kutu­pa­long. Heu­te leben hier nach offi­zi­el­len Anga­ben 623 000 Men­schen. Auf dem Gelän­de von Kutu­pa­long, das einst ein Natur­schutz­ge­biet war, steht kein ein­zi­ger Baum mehr. Im Distrikt Cox’ Bazar im äus­ser­sten Süd­osten von Ban­gla­desch gibt es noch wei­te­re Camps. Dort sind schät­zungs­wei­se wei­te­re 277 000 Men­schen unter­ge­bracht. Zudem leben rund 15 000 Flücht­lin­ge in den umlie­gen­den Dör­fern gemein­sam mit der ein­hei­mi­schen Bevöl­ke­rung.Die Behör­den Ban­gla­deschs waren bemüht, dem unab­läs­si­gen Flücht­lings­strom gerecht zu wer­den. Doch wel­che Zukunft haben die fast eine Mil­li­on Roh­in­gya, die auf dem schma­len Land­strei­fen zwi­schen Fluss, Meer und der Gren­ze zu Myan­mar leben müs­sen? Seit dem 11. Juni fällt wie­der­holt hef­ti­ger Regen. Stünd­lich droht den Men­schen eine Kata­stro­phe, je nach Aus­mass der Mon­sun­re­gen­fäl­le und der Stär­ke der befürch­te­ten Zyklo­ne. Und wie geht es danach wei­ter? Um die Bedin­gun­gen im Flücht­lings­la­ger zu ver­bes­sern, rich­tet die Regie­rung von Ban­gla­desch Unter­brin­gungs­mög­lich­kei­ten für Flücht­lin­ge auf der Insel Bha­san Char ein, gegen­über von Chit­ta­gong im Golf von Ben­ga­len. Eini­ge 100 000 Flücht­lin­ge könn­ten bald auf die­se Insel geson­dert von der hei­mi­schen Bevöl­ke­rung umge­sie­delt wer­den.

Weder Inte­gra­ti­on noch Rückkehr

Eine Inte­gra­ti­on der Roh­in­gya schliesst Ban­gla­desch, das welt­weit zu den ärm­sten Län­dern zählt und bezüg­lich der Bevöl­ke­rungs­dich­te den Spit­zen­platz ein­nimmt, aus. Doch in abseh­ba­rer Zukunft ist auch eine Rück­kehr nach Myan­mar kaum denk­bar. Vie­le Roh­in­gya möch­ten erst dann zurück­keh­ren, wenn ihre Sicher­heit garan­tiert ist.Schon seit Wochen befin­den sich das Flücht­lings­kom­mis­sa­ri­at der Ver­ein­ten Natio­nen (UNHCR), die Inter­na­tio­na­len Migra­ti­ons­be­hör­de (IOM), Dut­zen­de von loka­len und inter­na­tio­na­len NGOs und die Lager­be­völ­ke­rung ange­sichts der Gefah­ren durch den Mon­sun in einem Ren­nen gegen die Zeit. Cari­tas Schweiz betei­ligt sich gemein­sam mit Cari­tas Inter­na­tio­na­lis und Cari­tas Ban­gla­desch. Die Hilfs­lei­stun­gen des Cari­tas-Net­zes kom­men mehr als 250 000 Men­schen zugu­te. Doch die Bedürf­nis­se sind und blei­ben immens. Bei der Flucht haben die Roh­in­gya all ihr Hab und Gut zurück­ge­las­sen. Ohne Unter­stüt­zung kön­nen sie kaum die dring­lich­sten Bedürf­nis­se decken. Es fehlt ihnen an Lebens­mit­teln, Was­ser, Wohn­raum, medi­zi­ni­scher Ver­sor­gung, den wich­tig­sten All­tags- und Koch­uten­si­li­en, Hygie­ne­ar­ti­keln und Latri­nen. Vie­le Kin­der kön­nen kei­ne Schu­le besu­chen.

Eine gros­se Stadt ohne Infrastruktur

Man stel­le sich eine inner­halb von weni­gen Mona­ten aus dem Boden gestampf­te Stadt ohne jeg­li­che Infra­struk­tur vor! Die weni­gen Sand­pi­sten sind immer wie­der über­flu­tet und dro­hen bei jedem schwer bela­de­nen Last­wa­gen ein­zu­bre­chen. Der Mon­sun wird über die hoff­nungs­los über­füll­ten Camps in der hüge­li­gen Land­schaft hin­weg­fe­gen. Besie­del­te Abhän­ge gera­ten ins Rut­schen, Schlamm­la­wi­nen reis­sen auf ihrem Weg alles mit und die Not­un­ter­künf­te aus Bam­bus und Pla­stik­pla­nen wer­den zum Spiel­ball der Sturm­bö­en. Das Regen­was­ser mischt sich mit dem Abwas­ser aus den schlecht posi­tio­nier­ten Latri­nen und kon­ta­mi­niert das Trink­was­ser der Flücht­lin­ge, mit einem hohen Risi­ko für töd­li­che Epi­de­mien. Gemäss Schät­zun­gen befin­den sich gegen 200 000 Men­schen in Hoch­ri­si­ko­zo­nen. Für sie gibt es kaum Aus­sicht auf eine Umsied­lung in siche­re Lagen.

Vie­le Jun­ge, aber kei­ne Zukunft

Die psy­chi­sche Wider­stands­fä­hig­keit der Flücht­lin­ge ist bewun­derns­wert. Obwohl sie in voll­stän­di­ger Abhän­gig­keit leben, arbei­ten sie unab­läs­sig, um ihre Lebens­be­din­gun­gen zu ver­bes­sern. Sie ver­stär­ken ihre Unter­künf­te, repa­rie­ren Stras­sen und Abwas­ser­sy­ste­me, befe­sti­gen Böschun­gen, die durch den Mon­sun ein­zu­bre­chen dro­hen. Die Freu­de, mit der die Kin­der in den ihnen zuge­wie­se­nen Berei­chen spie­len, ist ergrei­fend. Sie wer­den von jun­gen Frau­en betreut, die mit ihnen spie­len und päd­ago­gi­sche Ange­bo­te durch­füh­ren. Aber viel zu weni­ge haben Zugang zu Schul­bil­dung. Sie brau­chen so schnell als mög­lich Per­spek­ti­ven. Mehr als die Hälf­te der Flücht­lin­ge sind unter 18 Jah­re alt.Fab­ri­ce Boulé, Cari­tas Schweiz
Redaktion Lichtblick
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