Was sind die Men­schen, dass du an sie denkst?

Was sind die Men­schen, dass du an sie denkst?

Psalm 8Adon­aj, du herrschst über uns alle. Wie macht­voll ist dein Name auf der gan­zen Erde. So brei­te doch dei­ne Maje­stät aus über den Him­mel. Aus dem Mund von Kin­dern und Säug­lin­gen hast du eine Macht geschaf­fen gegen alle, die dich bedrän­gen, auf dass Feind­schaft und Rache ver­stum­men. Ja, ich betrach­te dei­nen Him­mel, die Wer­ke dei­ner Fin­ger: Mond und Ster­ne, die du befe­stigt hast – Was sind die Men­schen, dass du an sie denkst, ein Men­schen­kind, dass du nach ihm siehst? Wenig gerin­ger als Gott lässt du sie sein, mit Wür­de und Glanz krönst du sie. Du lässt sie wal­ten über die Wer­ke dei­ner Hän­de. Alles hast du unter ihre Füs­se gelegt: Scha­fe, Rin­der, sie alle, und auch die wil­den Tie­re, Vögel des Him­mels und Fische des Mee­res, alles, was die Pfa­de der Mee­re durch­zieht. Adon­aj, du herrschst über uns alle. Wie macht­voll ist dein Name auf der gan­zen Erde.Bibel in gerech­ter Sprache 

Was sind die Men­schen, dass du an sie denkst?

Wie sehr sind wir Men­schen mit allem ver­bun­den und ver­netzt. Wie sehr hat unser Han­deln Aus­wir­kun­gen auf alles, was lebt und exi­stiert. Nicht erst seit den letz­ten Mona­ten wird bewusst, in wel­chem Mas­se unser Tun und Unter­las­sen Aus­wir­kun­gen hat auf unse­re Näch­sten und auch auf die, die uns nicht so nah sind.Sei­en es Hygie­ne­mass­nah­men, mit denen ich ande­re und mich sel­ber schüt­zen kann vor der Infi­zie­rung mit dem Coro­na­vi­rus. Sei es mein Ein­kaufs- und Kon­sum­ver­hal­ten, mit dem ich im Klei­nen dar­an mit­wir­ken kann, dass die Welt­wirt­schaft gerech­ter wird. Sei es mein Bewusst­sein und Ein­tre­ten für öko­lo­gi­sche Zusam­men­hän­ge, mit dem ich die Schöp­fung bewah­ren und ver­su­chen kann, die Erde für die zukünf­ti­ge Gene­ra­ti­on lebens­wert zu erhal­ten.Dies alles hat Hil­de­gard von Bin­gen im Blick. Sie erfährt die­se Zusam­men­hän­ge in Visio­nen, die sie nie­der­schreibt und die wun­der­bar illu­striert wur­den. Sie sieht den Men­schen als Got­tes Eben­bild, als frei­es Geschöpf aus Lie­be erschaf­fen. Auf die­se Lie­be zu ant­wor­ten, das ist die Lebens­auf­ga­be von uns Men­schen. Und dies geschieht dadurch, dass wir uns immer wie­der neu ein­schwin­gen in die Ord­nung des Kos­mos, als des­sen Mit­tel­punkt Hil­de­gard den Men­schen sieht. Leben für alle ist dann mög­lich, wenn wir Men­schen in Respekt vor Gott, vor den Mit­men­schen und vor der Schöp­fung die Ver­ant­wor­tung wahr­neh­men, die uns gege­ben ist. Wenn wir die Welt, soweit es in unse­rer Macht liegt, ver­ant­wort­lich gestal­ten, die Welt, die von der Lie­be Got­tes gehal­ten und gleich­sam umarmt wird. Wenn wir die Ver­nunft, die uns geschenkt ist, damit wir Gut und Böse unter­schei­den, dafür ein­set­zen, als Mit-Schöp­fe­rin­nen und ‑Schöp­fer mit­zu­wir­ken an der Heils­ge­schich­te.Aus ihren Visio­nen her­aus schreibt Hil­de­gard: «Als aber Gott den Men­schen anblick­te, gefiel er Ihm sehr, weil Er ihn nach dem Gewand Sei­nes Abbil­des und nach Sei­nem Gleich­nis geschaf­fen hat­te, damit er mit dem vol­len Ton sei­ner ver­nünf­ti­gen Stim­me alle Wun­der­wer­ke Got­tes ver­kün­de. Der Mensch ist näm­lich das voll­kom­men­ste Wun­der­werk Got­tes, weil Gott durch ihn erkannt wird und weil Gott alle Geschöp­fe sei­net­wil­len erschaf­fen hat. Ihm hat Er mit dem Kuss der wah­ren Lie­be gestat­tet, durch sei­ne Ver­nunft Ihn zu prei­sen und zu loben.» (Aus: Hil­de­gard, Liber divi­no­rum operum, S. 196)Doro­thee Becker, Theo­lo­gin und Seel­sor­ge­rin, Pfar­rei Heiliggeist   
Christian von Arx
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