Von der Klein­bäue­rin zur Unternehmerin
Jilo Quri ist 20 Jahre alt und hat ein 9 Monate altes Mädchen. Sie wohnt mit ihrem Ehemann in Gandile, wo auch der Shop steht.
Bild / Foto: © Aya­a­na Publishing

Von der Klein­bäue­rin zur Unternehmerin

Die junge Mutter Jilo Quri aus Äthiopien erschliesst sich mit Unterstützung der Caritas eine neue Einkommensquelle

Was tun, wenn der Klimawandel mit voller Wucht zuschlägt und die eigenen Lebensgrundlagen zerstört? Die junge Mutter Jilo Quri aus Äthiopien erschliesst sich mit Unterstützung der Caritas eine neue Einkommensquelle. Dank unternehmerischem Wissen und Solarstrom entkommt sie der Armut.

Jilo Quri steht kon­zen­triert hin­ter dem Tre­sen ihres Kiosks im äthio­pi­schen Dorf Gan­dhi­le und bedient eine Kun­din. Sie notiert die Trans­ak­ti­on im Kas­sa­buch. Dann lacht sie und erzählt: «Unse­re Best­sel­ler sind Säf­te, Zucker und Haarprodukte.»

Noch vor einem Jahr stand Jilo vor dem Nichts. Sie und ihr Mann, die seit Gene­ra­tio­nen von Feld­bau und Vieh­hal­tung leb­ten, hat­ten kein Ein­kom­men mehr. In einer aku­ten Dür­re­pha­se hat­ten sie ihre Kühe ver­äus­sern müs­sen, um sich Essen zu kau­fen. Ihre Fel­der kön­nen sie wegen der Trocken­heit bis heu­te kaum noch bewirt­schaf­ten. Die wie­der­keh­ren­den Dür­ren – sie sind die gröss­te Sor­ge der Men­schen in Gan­dhi­le. Wen man auch fragt: Jede und jeder ist betrof­fen. Hat Vieh ver­lo­ren, kann nichts mehr ern­ten, kämpft mit den stei­gen­den Prei­sen für Lebensmittel.

Jilo sucht Mit­strei­te­rin­nen und star­tet neu

Den Men­schen bleibt nichts ande­res übrig: Sie müs­sen sich neue Ein­kom­mens­mög­lich­kei­ten suchen. Jilo beschloss, sich mit zwei ande­ren Frau­en zusam­men­zu­tun. Zu dritt eröff­ne­ten sie den Kiosk. Cari­tas Schweiz unter­stützt sie bei der Umset­zung ihrer Geschäfts­idee mit Start­ka­pi­tal und unter­neh­me­ri­schem Know­how. Ein Men­tor beglei­tet die drei Frau­en beim Auf­bau ihres Geschäfts und steht ihnen bei Fra­gen zur Sei­te. Sie kön­nen sich zudem wäh­rend der ersten 18 Mona­te einen klei­nen Lohn aus der dafür vor­ge­se­he­nen Anschub­fi­nan­zie­rung der Cari­tas aus­zah­len und damit von Anfang an ihre Fami­li­en ernähren.

Und dann ist da noch die klei­ne rote Box, die hin­ten im Kiosk steht: das in der Schweiz ent­wickel­te Solar­strom­sy­stem. In Zusam­men­ar­beit mit der Fir­ma Power-Blox ermög­licht Cari­tas Schweiz den drei Unter­neh­me­rin­nen des­sen Nut­zung. Die Frau­en ver­kau­fen die Elek­tri­zi­tät an fünf Nach­bars­fa­mi­li­en und laden gegen ein klei­nes Ent­gelt etwa 20 Han­dys pro Tag. Das ist nicht nur eine wich­ti­ge, neue Ein­kom­mens­quel­le: So kommt auch nach­hal­ti­ge Ener­gie ins länd­li­che Äthio­pi­en – ent­schei­dend für die Zukunft von Mensch, Gesell­schaft und Kli­ma.

Drei Frau­en, viel Power

Die drei Unter­neh­me­rin­nen spü­ren die posi­ti­ven Aus­wir­kun­gen ihres Geschäfts – vor allem dank dem Strom, der viel von ihrem Umsatz aus­macht: «Die Solar­ener­gie hat für uns alles ver­än­dert», sagt Jilo. Ihre bei­den Mit­strei­te­rin­nen kön­nen sich nun die Schul­ma­te­ria­len für ihre Kin­der lei­sten und die­se end­lich zur Schu­le schicken. Das wünscht sich Jilo der­einst auch für ihre neun­mo­na­ti­ge Toch­ter Madi­na. Jilo ist die ein­zi­ge der drei Frau­en, die lesen und schrei­ben kann. Die bei­den ande­ren sind ent­schlos­sen, das nun auch zu ler­nen. Alle drei haben nicht nur ein regel­mäs­si­ges Ein­kom­men gewon­nen, son­dern auch Selbst­ver­trau­en. Eine gute Vor­aus­set­zung, um die kom­men­den Her­aus­for­de­run­gen zu mei­stern und der Armut zu entkommen.

Anna Hasel­bach / Caritas

Mit Solar­ener­gie gegen Armut

Beson­ders in länd­li­chen Regio­nen in Äthio­pi­en ist der Zugang zu Elek­tri­zi­tät zen­tral für die Armutsbekämpfung

Der in der Schweiz ent­wickel­te, benut­zer­freund­li­che Power-Blox-Wür­­fel ermög­licht es, Solar­ener­gie zu spei­chern und bei grös­se­rer Ener­gie­nach­fra­ge meh­re­re Wür­fel zusam­men­zu­schal­ten. Die­se Tech­no­lo­gie schliesst die Lücke zwi­schen ein­fa­chen Solar­an­la­gen und gros­sen Strom­net­zen. Klein­un­ter­neh­men und öffent­li­che Ein­rich­tun­gen in Äthio­pi­en erhal­ten so eine ver­läss­li­che Strom­ver­sor­gung. Der Strom kann auch an benach­bar­te Häu­ser wei­ter­ge­ge­ben wer­den, sodass klei­ne, loka­le Netz­wer­ke entstehen.

Die Solar­ener­gie über­zeugt die Men­schen vor Ort: sie ist gün­sti­ger, zuver­läs­si­ger und umwelt­freund­li­cher als Strom aus Die­­sel-Gene­ra­to­­ren. Die Ein­kom­men stei­gen, neue Jobs ent­ste­hen – ganz ohne Umweltbelastung.

Die drei Frau­en haben im Rah­men der Cari­tas-Pro­­jek­te einen Kiosk eröff­net, wo sie mit einer Power­blox Mobil­te­le­fo­ne laden und Strom an ande­re Haus­hal­te ver­mie­ten. | Foto: Aya­a­na Publishing

Redaktion Lichtblick
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