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Von der Kleinbäuerin zur Unternehmerin
Die junge Mutter Jilo Quri aus Äthiopien erschliesst sich mit Unterstützung der Caritas eine neue Einkommensquelle
Was tun, wenn der Klimawandel mit voller Wucht zuschlägt und die eigenen Lebensgrundlagen zerstört? Die junge Mutter Jilo Quri aus Äthiopien erschliesst sich mit Unterstützung der Caritas eine neue Einkommensquelle. Dank unternehmerischem Wissen und Solarstrom entkommt sie der Armut.
Jilo Quri steht konzentriert hinter dem Tresen ihres Kiosks im äthiopischen Dorf Gandhile und bedient eine Kundin. Sie notiert die Transaktion im Kassabuch. Dann lacht sie und erzählt: «Unsere Bestseller sind Säfte, Zucker und Haarprodukte.»
Noch vor einem Jahr stand Jilo vor dem Nichts. Sie und ihr Mann, die seit Generationen von Feldbau und Viehhaltung lebten, hatten kein Einkommen mehr. In einer akuten Dürrephase hatten sie ihre Kühe veräussern müssen, um sich Essen zu kaufen. Ihre Felder können sie wegen der Trockenheit bis heute kaum noch bewirtschaften. Die wiederkehrenden Dürren – sie sind die grösste Sorge der Menschen in Gandhile. Wen man auch fragt: Jede und jeder ist betroffen. Hat Vieh verloren, kann nichts mehr ernten, kämpft mit den steigenden Preisen für Lebensmittel.
Jilo sucht Mitstreiterinnen und startet neu
Den Menschen bleibt nichts anderes übrig: Sie müssen sich neue Einkommensmöglichkeiten suchen. Jilo beschloss, sich mit zwei anderen Frauen zusammenzutun. Zu dritt eröffneten sie den Kiosk. Caritas Schweiz unterstützt sie bei der Umsetzung ihrer Geschäftsidee mit Startkapital und unternehmerischem Knowhow. Ein Mentor begleitet die drei Frauen beim Aufbau ihres Geschäfts und steht ihnen bei Fragen zur Seite. Sie können sich zudem während der ersten 18 Monate einen kleinen Lohn aus der dafür vorgesehenen Anschubfinanzierung der Caritas auszahlen und damit von Anfang an ihre Familien ernähren.
Und dann ist da noch die kleine rote Box, die hinten im Kiosk steht: das in der Schweiz entwickelte Solarstromsystem. In Zusammenarbeit mit der Firma Power-Blox ermöglicht Caritas Schweiz den drei Unternehmerinnen dessen Nutzung. Die Frauen verkaufen die Elektrizität an fünf Nachbarsfamilien und laden gegen ein kleines Entgelt etwa 20 Handys pro Tag. Das ist nicht nur eine wichtige, neue Einkommensquelle: So kommt auch nachhaltige Energie ins ländliche Äthiopien – entscheidend für die Zukunft von Mensch, Gesellschaft und Klima.
Drei Frauen, viel Power
Die drei Unternehmerinnen spüren die positiven Auswirkungen ihres Geschäfts – vor allem dank dem Strom, der viel von ihrem Umsatz ausmacht: «Die Solarenergie hat für uns alles verändert», sagt Jilo. Ihre beiden Mitstreiterinnen können sich nun die Schulmaterialen für ihre Kinder leisten und diese endlich zur Schule schicken. Das wünscht sich Jilo dereinst auch für ihre neunmonatige Tochter Madina. Jilo ist die einzige der drei Frauen, die lesen und schreiben kann. Die beiden anderen sind entschlossen, das nun auch zu lernen. Alle drei haben nicht nur ein regelmässiges Einkommen gewonnen, sondern auch Selbstvertrauen. Eine gute Voraussetzung, um die kommenden Herausforderungen zu meistern und der Armut zu entkommen.
Anna Haselbach / Caritas
Mit Solarenergie gegen Armut
Besonders in ländlichen Regionen in Äthiopien ist der Zugang zu Elektrizität zentral für die Armutsbekämpfung
Der in der Schweiz entwickelte, benutzerfreundliche Power-Blox-Würfel ermöglicht es, Solarenergie zu speichern und bei grösserer Energienachfrage mehrere Würfel zusammenzuschalten. Diese Technologie schliesst die Lücke zwischen einfachen Solaranlagen und grossen Stromnetzen. Kleinunternehmen und öffentliche Einrichtungen in Äthiopien erhalten so eine verlässliche Stromversorgung. Der Strom kann auch an benachbarte Häuser weitergegeben werden, sodass kleine, lokale Netzwerke entstehen.
Die Solarenergie überzeugt die Menschen vor Ort: sie ist günstiger, zuverlässiger und umweltfreundlicher als Strom aus Diesel-Generatoren. Die Einkommen steigen, neue Jobs entstehen – ganz ohne Umweltbelastung.
