Vol­les Mün­ster für Verena

  • Am 1. Sep­tem­ber fei­ert die Pfar­rei St. Vere­na Bad Zurz­ach den Gedenk­tag ihrer Heiligen.
  • Die Wall­fahrt zum Grab der hei­li­gen Vere­na ist ab dem 5. Jahr­hun­dert nachweisbar.
  • Auch heu­te kom­men am Verena­tag und rund ums Jahr rund 60 Pil­ger­grup­pen nach Bad Zurz­ach ins Verenamünster.
 Die hei­li­ge Vere­na, Hel­fe­rin der Armen, Kran­ken und Rand­stän­di­gen, Frucht­bar­keits­göt­tin, Quell­hei­li­ge und Glau­bens­bo­tin, sorgt noch heu­te für das leib­li­che Wohl der Bad Zurz­a­cher. Am Vor­tag ihres Gedenk­ta­ges ver­teilt die Veren­astif­tung auf den Pau­sen­plät­zen 960 «Verena­bröt­li», Schog­gi­bröt­li aus der loka­len Bäcke­rei. Am Verena­tag lädt die Pfar­rei die Fest­ge­mein­de nach dem Got­tes­dienst zum Vere­na-Ban­kett mit Wurst, Brot und Kaf­fe ein. Zum Des­sert gibt es die «Vere­na­käm­me», ein gefüll­tes Gebäck in Form eines Kam­mes.

Bis­tums­pa­tro­nin

Kamm und Krug sind die Attri­bu­te der Hei­li­gen, die mit der The­bäi­schen Legi­on aus Ober­ägyp­ten gekom­men sein soll. Der Legen­de nach zog Vere­na mit die­ser römi­schen Ein­heit christ­li­cher Sol­da­ten nach Mai­land, spä­ter über die Alpen ins Wal­lis nach St. Mau­rice. Von dort gelang­te sie nach Solo­thurn, spä­ter ent­lang der Aare und des Rheins ins heu­ti­ge Bad Zurz­ach, wo sie ums Jahr 350 starb. Zusam­men mit den Hei­li­gen Urs und Vik­tor ist Vere­na Patro­nin des Bis­tums Basel.

Kult seit dem 5. Jahrhundert

Im Buch «Mit Kamm und Krug» von 2009 unter­nimmt Wal­ter Bühl­mann eine Ent­deckungs­rei­se zur Zurz­a­cher Hei­li­gen. Die frü­he­steer­hal­te­ne Quel­le über das Leben­der Hei­li­gen stammt aus dem 9. Jahr­hun­dert, ver­fasst von Abt Hat­to im Klo­ster auf Reichenau.Der Vere­na-Kult und ent­spre­chen­de Bräu­che in Bad Zurz­ach setz­ten jedoch schon eini­ges frü­her ein. Archäo­lo­gisch ist die Ver­eh­rung seit dem 5. Jahr­hun­dert gesi­chert. Seit­dem lässt sich «eine kon­ti­nu­ier­li­che Ver­eh­rung der Hei­li­gen» nach­wei­sen, erklärt Wal­ter Bühl­mann mit einem Zitat von Dr. Hans Rudolf Senn­hau­ser.

Fest­tag mit vie­len Pilgern

Am 1. Sep­tem­ber fei­ert Bad Zurz­ach jeweils den Verena­tag. Einen Tag, an dem Schu­len und Geschäf­te geschlos­sen blei­ben und die alte Wall­fahrts­tra­di­ti­on wie­der auf­lebt. Der Fest­tag beginnt mit dem Got­tes­dienst um 10 Uhr. Mün­ster­chor, Soli­sten und Orche­ster und ein vol­les Veren­a­mün­ster beglei­ten die Fei­er. Seit eini­gen Jah­ren sind jeweils auch kop­ti­sche Chri­sten aus dem In- und Aus­land anwe­send. Inter­es­sant ist, dass der Vere­na-Kult bei den Kop­ten in Ägyp­ten, woher die Hei­li­ge stammt, erst seit etwa 30 Jah­ren durch Kon­tak­te mit der Pfar­rei Zurz­ach gepflegt wird. Gemein­de­lei­ter Mar­cus Hütt­ner erzählt: «Heu­te kom­men mehr­mals im Jahr kop­ti­sche Dele­ga­tio­nen aus Klö­stern oder kop­ti­schen Bis­tü­mern und erhal­ten – mit Erlaub­nis von Bischof Felix – von mir eine klei­ne Vere­na-Reli­quie».

Fest­pre­digt «von Frau zu Frau»

Im ver­gan­ge­nen Jahr fei­er­te Bischof Felix Gmür die Mes­se, die­ses Jahr heisst der Haupt­ze­le­brant Pfar­rer Ulrich Sickin­ger. Er ist lei­ten­der Pfar­rer der Seel­sor­ge-Ein­heit «St. Vere­na — Mitt­le­rer Hoch­rhein». Die Fest­pre­digt wird Sil­via Letsch-Brun­ner hal­ten. Die Theo­lo­gin und Kir­chen­hi­sto­ri­kern ver­fass­te meh­re­re Publi­ka­tio­nen über die The­bäi­sche Legi­on und die hei­li­ge Vere­na und Gemein­de­lei­ter Mar­cus Hütt­ner freut sich auf die Pre­digt: «Sil­via Letsch-Brun­ner ist bestens ver­traut mit den Lebens­we­gen und Schick­sa­len von christ­li­chen Frau­en aus der Früh­zeit der Kir­che. Ich bin gespannt auf Ihre Gedan­ken zur Hei­li­gen Vere­na, sozu­sa­gen «von Frau zu Frau». Nach dem Got­tes­dienst zie­hen die Zele­bran­ten und das Volk hin­un­ter in die Kryp­ta zum Grab, wo Öl geseg­net wird — eben­falls ein alter Brauch.

Rei­ches Brauchtum

In frü­he­ren Zei­ten hol­te man aus der Quel­le beim Grab der Hei­li­gen Was­ser, dem man hei­len­de Wir­kung zuschrieb. Seit der Innen­re­no­va­ti­on des Veren­a­mün­sters 2011 ist der Sod­brun­nen restau­riert und kann besich­tigt wer­den. Bis Anfang des 20. Jahr­hun­derts bestand der Brauch, dass Bräu­te ihre Braut­krän­ze, die «Tsch­äp­pe­li» am Grab auf­häng­ten, als Dank für den gefun­de­nen Ehe­mann. Frau­en, die für einen Ehe­mann bete­ten, leg­ten sich die­se Tsch­äp­pe­li beim Beten auf den Kopf.

Das oben bereits erwähn­te geseg­ne­te Öl wur­de bei Krank­hei­ten, vor allem gegen Augen­lei­den, ver­wen­det. Wie Wal­ter Buhl­mann in sei­nem Buch fest­hält, waren die Vere­na-Pro­zes­sio­nen am Oster­diens­tag «einer der stärk­sten Bestand­tei­le des Verena­kul­tes». Der erste Beleg für die Oster­diens­tag­pro­zes­si­on in Zurz­ach mit den Reli­qui­en der hei­li­gen Vere­na fin­det sich 1380 in einer Urkun­de Bischof Hein­richs III. von Kon­stanz. Die Pro­zes­sio­nen dau­er­ten bis ins 19. Jahr­hun­dert hin­ein.

Ent­wick­lung dank Verena

Heu­te kom­men pro Jahr etwa 60 Pil­ger­grup­pen nach Bad Zurz­ach, täg­lich fin­den sich Beten­de am Grab in der Kryp­ta. Die Pfar­rei ver­an­stal­tet zahl­rei­che Füh­run­gen mit Schul­klas­sen und Firm­kur­sen und emp­fängt Besu­cher, dar­un­ter vie­le kop­ti­sche Chri­sten aus aller Welt. Die Bad Zurz­a­cher ver­dan­ken Vere­na also bei wei­tem nicht nur die süs­sen Bröt­li und Kämm­li. Die Ver­eh­rung, die der legen­dä­ren Hei­li­gen ent­ge­gen­ge­bracht wur­de und wird, war ent­schei­dend für die Ent­wick­lung des Fleckens vom mit­tel­al­ter­li­chen Markt­ort zum heu­ti­gen Bad Zurz­ach. Verena­tag 2018 Sams­tag, 1. Sep­tem­ber: 10 Uhr Fest­got­tes­dienst mit Abschluss­ge­bet am Grab, Apé­ro, Zmit­tag rund ums Forum. 14 Uhr Fest­an­dacht im Mün­ster, anschlies­send Ein­zel-Pil­ger­se­gen. Sonn­tag, 2. Sep­tem­ber: 17:15 Uhr Ves­per mit Gesän­gen aus dem Vere­na-Offi­ci­um, gesun­gen von der Cho­ral­scho­la der Kathe­dra­le St. Gallen.    
Marie-Christine Andres Schürch
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