Johannes 11,27Marta sagte zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll.Einheitsübersetzung 2016 Vertrauen und handeln
Der Tag, an dem ich diesen Impuls schreibe, ist der Gedenktag der Apostel Petrus und Paulus. Von Petrus ist das Messiasbekenntnis überliefert, die Grundlage für das Petrusamt – und damit für das Papstamt in der römisch-katholischen Kirche.Vergessen gegangen ist das Bekenntnis der Marta. Angesichts des Todes ihres Bruders Lazarus hört sie von Jesus: «Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben. Glaubst du das?»Und Marta antwortet mit ihrem Bekenntnis zu Christus, dem Messias, dem Sohn Gottes.Im Johannesevangelium wird Marta als die Zupackende, die Praktische, dargestellt, diejenige, die Jesus entgegengeht und leidenschaftlich mit ihm diskutiert – denn es geht um Leben und Tod. Und sie bringt ihm abgrundtiefes Vertrauen entgegen.Lange wurde Marta als übereifrig, aktivistisch und als diejenige dargestellt, die den schlechteren Teil erwählt hätte – und ihre Schwester Maria den besseren. Dabei heisst es im Lukasevangelium: Maria hat den
guten Teil gewählt (Lk 10,42). Muss denn eine Art und Weise des «Dienens», wie es im Evangelium heisst, besser oder schlechter sein? Gibt es nicht viele verschiedene Arten und Möglichkeiten, sich zu dem zu bekennen, der die Auferstehung und das Leben ist? Aktion und Kontemplation – beides braucht es. Und wenn beides sich in jedem und jeder die Waage hält, ist der Glaube fruchtbar. Es eignet sich nicht nur ein Modell für alle.Marta ist eine der Frauen, die Jesus begleiten. Die ihn in ihre Häuser aufnahmen. Die ihn materiell unterstützten. Die ihn auf seinem letzten Weg begleiteten. Die unter seinem Kreuz standen. Die seinen Leichnam salben wollten und ihn nicht fanden. Denen er begegnet ist nach seiner Auferstehung. Und schon vor seiner Auferstehung hat Marta erfahren, dass Jesus selbst die Auferstehung und das Leben ist.Der Maler Fra Angelico hat dies aufgegriffen. Er stellt verschiedene Situationen dar, in denen Marta an der Seite Jesu ist. Seine Fresken in der Kirche San Marco in Florenz zeigen Marta im Garten Getsemani, an der Seite von Maria, wachend und betend, während Petrus und seine Gefährten schlafen und Jesus Trost durch den Engel erfährt. In einem anderen Fresko steht Marta mit Maria, der Mutter Jesu, unter dem Kreuz und tröstet sie. Vielleicht kann sie, die erfahren hat, dass Jesus die Auferstehung und das Leben ist, der verzweifelten Mutter, die mit ansehen muss, wie ihr Sohn stirbt, Hoffnung und Trost geben?Wach bleiben. Auf die innere Stimme hören. Mutig dort sich zum Leben bekennen, wo es bedroht ist. Das Leben der Schöpfung und das der zukünftigen Generationen bewahren. An der Seite derer stehen, die Schreckliches erleben, traumatisiert und trostlos sind. So viele Menschen gibt es in Kirche und Gesellschaft, die anpacken und tun, was es braucht. Die Fragen stellen und kritisch bleiben. Die wie Marta vertrauen und handeln. Ein Marta-Amt? Oder vielmehr: ein Marta-Dienst? Wie sähe die Kirche aus, wenn es mehr Dienst und weniger Amt gäbe?
Dorothee Becker, Theologin und Seelsorgerin,
Gemeindeleiterin der Pfarrei St. Franziskus, Riehen-Bettingen