Die Unge­duld wächst

Ver­gan­ge­ne Woche fand das zwei­te inter­na­tio­na­le Tref­fen der Pfar­rer- und Pfar­rei­initia­ti­ven für Kir­chen­re­form im iri­schen Lime­rick statt. Ein­ge­la­den hat­te die iri­sche Kir­chen­re­form­be­we­gung «Asso­cia­ti­on of Catho­lic Priests». Unter den 37 Per­so­nen aus zwölf Län­dern war auch Mar­kus Heil, Prä­si­dent der Pfar­rei-Initia­ti­ve Schweiz. kath.ch hat bei ihm nach­ge­fragt, was das Tref­fen für die Reform­be­we­gung der Katho­li­ken in der Schweiz bedeutet.

Am ersten Tref­fen, wel­ches 2013 in Bre­genz statt­fand, hat­ten die Teil­neh­mer fest­ge­stellt, dass Ver­än­de­run­gen in der Kir­che nur im Mit­ein­an­der von Seel­sor­gen­den und Kir­chen­volk zustan­de kom­men könn­ten. Des­halb sei­en die­ses Jahr nebst Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­tern der Pfar­rei- und Pfar­rer-Initia­ti­ven auch Män­ner und vor allem Frau­en aus den Kir­chen­volks­be­we­gun­gen anwe­send gewe­sen. Die Teil­neh­mer am dies­jäh­ri­gen Tref­fen in Lime­rick stamm­ten aus zwölf Län­dern, dar­un­ter die Ver­ei­nig­ten Staa­ten, Kana­da, Indi­en, Austra­li­en, Gross­bri­tan­ni­en, Irland, Ita­li­en und die Slo­wa­kei. Die Reform­be­we­gun­gen aus Öster­reich und der Schweiz, die das Netz­werk im Jahr 2013 ins Leben geru­fen haben, sowie inter­na­tio­na­le Ver­tre­ter von «IMWAC – Wir sind Kir­che» waren vor Ort. Das Tref­fen dau­er­te vom 13.–16. April 2015.Mar­kus Heil, was waren zen­tra­le The­men des dies­jäh­ri­gen Tref­fens? Mar­kus Heil: Die Fra­ge des Mit­ein­an­ders und des gegen­sei­ti­gen Ernst­neh­mens der ver­schie­de­nen Beru­fun­gen und Kul­tu­ren war ein gros­ses The­ma. Im beson­de­ren und sehr inten­siv wur­den die Rech­te der Frau in der Kir­che the­ma­ti­siert. Zwei­tes gros­ses The­ma war und bleibt die Unter­stüt­zung der Pfar­rei­en, die der­zeit welt­weit fusio­nie­ren müs­sen oder auf­ge­löst wer­den. Da gibt es ver­schie­de­ne Initia­ti­ven, die Abwehr­stra­te­gien dage­gen ent­wer­fen, um die­ser «Fusio­ni­tis» nicht ein­fach taten­los zuzu­se­hen. Und als Drit­tes wür­de ich die Fra­ge nen­nen, wie wir unse­re Bischö­fe dazu ermu­ti­gen kön­nen, den ver­schie­de­nen Impul­sen von Papst Fran­zis­kus in unse­ren Orts­kir­chen zum Durch­bruch zu ver­hel­fen.Was bedeu­tet das Tref­fen für die Pfar­rei-Initia­ti­ve Schweiz? Zusam­men mit Tony Flan­nery von der «Asso­cia­ti­on of Catho­lic Priests» durf­te ich die­se Tagung vor­be­rei­ten und mit zwei Mode­ra­to­ren lei­ten. Das war eine kla­re und wich­ti­ge Dienst­lei­stung für die­ses inter­na­tio­na­le Netz­werk durch die Pfar­rei-Initia­ti­ve. Dann haben wir unse­re Schwei­zer Dis­kus­sio­nen über die Seg­nung homo­se­xu­el­ler Paa­re wie auch die wei­ter­füh­ren­de Arbeit mit der gan­zen LGBT-Com­mu­ni­ty, also mit Schwu­len, Les­ben, Bise­xu­el­len und Trans­se­xu­el­len, ein­ge­bracht. Eben­so die Erfah­run­gen mit den Rück­mel­dun­gen auf die Fami­li­en­syn­ode.Im Vor­feld sag­ten Sie, bei dem Tref­fen gehe es dar­um zu prü­fen, wie die Reform­be­we­gung glo­bal ihre Zie­le umset­zen kann. Zu was für Resul­ta­ten kamen die Teil­neh­mer in die­ser Frage? Wir haben ein inten­si­ves, emo­tio­na­les und ehr­li­ches Gespräch um die Rol­le der Frau in der Eucha­ri­stie geführt. Dar­in haben sowohl die Frau­en wie die Prie­ster ihren Schmerz über die gegen­wär­ti­ge Blocka­de ein­drück­lich aus­ge­drückt. Schluss­end­lich haben wir ein­ge­se­hen, dass wir eine ande­re lit­ur­gi­sche Form für unser gemein­sa­mes Sin­gen und Beten wäh­len müs­sen. Die Ver­let­zun­gen der Frau­en, die nicht der Eucha­ri­stie vor­ste­hen dür­fen, ver­bie­ten uns, in der bis­he­ri­gen lit­ur­gi­schen Rol­len­ver­tei­lung wei­ter­zu­ma­chen. Die Äng­ste der Prie­ster und gan­zer Reform­grup­pen sind jedoch noch zu goss für einen Durch­bruch in die­sem The­ma. Den­noch war die­ses Gespräch ein wich­ti­ger Schritt in die Zukunft.Dann haben Sie also nicht gemein­sam Eucha­ri­stie gefei­ert? Das Gespräch war letzt­end­lich wich­ti­ger, als die Fra­ge nach der gemein­sa­men Fei­er. Wir haben schliess­lich zusam­men Aga­pe gefei­ert, aber auch das brauch­te ein vor­sich­ti­ges Vor­ge­hen, weil die­se Form in den anwe­sen­den Kir­chen­kul­tu­ren unter­schied­lich ver­traut war.Wo sehen die Teil­neh­mer Über­ein­stim­mun­gen zwi­schen ihrem Reform­pro­gramm und der Visi­on von Franziskus? Wie vie­le ande­re sind wir begei­stert von den Akzen­ten des Pap­stes, wenn­gleich unse­re Unge­duld wächst. Bezüg­lich der Bischö­fe in fast allen der ver­tre­te­nen Län­der sind wir aber nicht nur unge­dul­dig, son­dern durch­aus empört, wie sich da irgend­wie nichts tut. Der Papst hat gegen­über dem aus­tro-bra­si­lia­ni­schen Bischof Erwin Kräut­ler gesagt, die Bischö­fe sol­len ihm muti­ge Vor­schlä­ge brin­gen. Kräut­ler nann­te als sol­chen Vor­schlag die Ent­kop­pe­lung von Eucha­ri­stie und Zöli­bat. Von den Bischö­fen der anwe­sen­den Län­der ist kein sol­cher Antrag beim Papst ein­ge­gan­gen. Daher war am Tref­fen weni­ger der Papst das The­ma als die Untä­tig­keit unse­rer Bischö­fe. Wenn unse­re Bischö­fe etwas sagen, dann tun sie es mit sol­cher Vor­sicht, dass es mit dem Frei­mut, der Offen­heit und Fröh­lich­keit von Papst Fran­zis­kus wie­der reich­lich wenig zu tun hat. Von der Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz etwa wünsch­te ich mir eine offen­her­zi­ge­re Kom­mu­ni­ka­ti­on als die zwei dür­ren Sät­ze, mit denen sie im Febru­ar ihre Hal­tung zur Seg­nung homo­se­xu­el­ler Paa­re mit­teil­ten.Was hat das Tref­fen für Sie per­sön­lich bedeu­tet? Zum einen wuchs ein Netz­werk, das wir auch in regel­mäs­si­gen Sky­pe-Kon­fe­ren­zen pfle­gen. Von zuerst sechs Län­dern vor acht­zehn Mona­ten sind wir dies­mal auf zehn Län­der ange­wach­sen. An den Impul­sen des letz­ten Tref­fens haben wir kon­se­quent wei­ter­ge­ar­bei­tet. Es war ein Tref­fen von alten Freun­den und von neu­en Gleich­ge­sinn­ten. Gleich­zei­tig war die Viel­falt unter uns auch wich­tig, weil jede Orts­kir­che in einer ande­ren Situa­ti­on ist. Den­noch ist die Einig­keit der anste­hen­den Her­aus­for­de­run­gen sehr gross.Wie geht es mit der Schwei­zer Pfar­rei-Initia­ti­ve und ihren Anlie­gen wei­ter? Die Pfar­rei-Initia­ti­ve ist zum einen als Part­ner in die­sem inter­na­tio­na­len Netz­werk und gleich­zei­tig als Part­ner in der Alli­anz «Es reicht» aktiv. Also machen wir der­zeit weni­ger Allein­gän­ge, son­dern ver­su­chen die vor­han­de­nen Res­sour­cen best­mög­lichst ein­zu­set­zen. Gleich­zei­tig haben wir erkannt, dass wir uns län­ger­fri­stig auf­stel­len müs­sen und haben dazu einen Ver­ein gegrün­det, auch damit wir Mit­glie­der rich­tig ernst neh­men und Spen­den ver­ar­bei­ten kön­nen. Als Drit­tes freu­en wir uns, uns in Dis­kus­sio­nen wie die um die Seg­nung homo­se­xu­el­ler Paa­re ein­zu­brin­gen und sol­che The­men unter uns wei­ter­zu­ent­wickeln. Uns geht die Arbeit nicht aus!   Syl­via Stamm, kath.chDie Pfar­rei-Initia­ti­ve Schweiz, die sich unter ande­rem für eine Mahl­fei­er mit Gläu­bi­gen ande­rer christ­li­chen Kir­chen ein­setzt, wird von über 540 Seel­sor­ge­rin­nen und Seel­sor­gern unter­stützt. 1080 Per­so­nen bekun­den ihre Sym­pa­thie für die Anlie­gen der Initia­ti­ve. Die Kern­grup­pe der Pfar­rei-Initia­ti­ve hat am 12. Dezem­ber 2014 in Zürich den Ver­ein «Pfar­rei-Initia­ti­ve-Schweiz» gegrün­det. Die Ursprün­ge des Ver­eins gehen auf die Pfar­rei-Initia­ti­ve Schweiz zurück, die im Sep­tem­ber 2012 lan­ciert wur­de. Die­se nahm sich vor,  eini­ge Ele­men­te in der Seel­sor­ge zu benen­nen, wel­che zu einem «unge­hor­sa­men» Han­deln von Seel­sor­gen­den führt. Dazu gehö­ren das Aus­tei­len der Kom­mu­ni­on an Chri­sten ande­rer Kon­fes­sio­nen oder auch an wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne oder das Pre­di­gen im Got­tes­dienst durch theo­lo­gisch aus­ge­bil­de­te Frau­en und Männer. 
Marie-Christine Andres Schürch
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