Unerwartet kommt die Brise, die uns neu belebt

Unerwartet kommt die Brise, die uns neu belebt

Ezechiel 36,20–21;25–28Als sie aber zu den Völk­ern kamen, entwei­ht­en sie über­all, wohin sie kamen, meinen heili­gen Namen; denn man sagte von ihnen: Das ist das Volk Jah­wes und doch mussten sie sein Land ver­lassen. Da tat mir mein heiliger Name leid, den das Haus Israel bei den Völk­ern entwei­hte, wohin es auch kam …Ich reinige euch von aller Unrein­heit und von allen euren Götzen.Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch. Ich nehme das Herz von Stein aus eur­er Brust und gebe euch ein Herz von Fleisch. Ich lege meinen Geist in euch und bewirke, dass ihr meinen Geset­zen fol­gt und auf meine Gebote achtet und sie erfüllt. Dann werdet ihr in dem Land wohnen, das ich euren Vätern gab. Ihr werdet mein Volk sein und ich werde euer Gott sein.Ein­heit­süber­set­zung gekürzt 

Unerwartet kommt die Brise, die uns neu belebt

Ich weiss nicht, ob ich gestern dem jun­gen Mann, der näch­stens nach eini­gen Jahren Haft in die Frei­heit kom­men wird, das Richtige, das Wichtig­ste, ja über­haupt das mit auf dem Weg gegeben habe, was er bräuchte. Er war aus­drück­lich nicht zufrieden. Das sagte er mir ins Gesicht. Er war immer direkt und nahm kein Blatt vor den Mund.Ich erin­nere mich, als ich ihn vor Jahren besuchen wollte, wie er in sein­er Zelle dasass, mit eingeknick­tem Oberkör­p­er und mir eine deut­liche Abfuhr erteilte: «Nein, ich wün­sche kein Gespräch.» Klare Botschaft! Seine Hal­tung, wie er so dasass, habe ich nie mehr vergessen. Darauf habe ich ihn jahre­lang aus den Augen ver­loren, weil er ander­swo war.Ja, er möchte an Pfin­g­sten in den Gefäng­nis­gottes­di­enst kom­men, den ich gestal­ten werde. Und wir haben auch einen neuen Gespräch­ster­min fest­gelegt, wo auch immer.Der Ver­such und die Bemühung, diesem Gott Platz zu geben, seinen Namen zu heili­gen, gute Beglei­t­erin­nen sein­er Men­schen zu sein, scheint manch­mal zu scheit­ern. Die Sym­bole des Glaubens sind nicht alles. In den let­zten Jahren wur­den in Wes­teu­ropa viele Kreuze abge­hängt, und kür­zlich in Bay­ern wieder aufge­hängt, vielle­icht gegen den Islam, um damit, so scheint es, Wahlkampf mit dem Kreuz zu betreiben.Entwei­hen wir damit den Namen Gottes, so wie es im Schrift­text aus dem Buch Ezechiel kri­tisiert wird? Wie kön­nen wir den Namen Gottes wieder heili­gen, ohne Polemik, ohne Anti­semitismus, ohne gegen den Islam an sich (gemeint ist nicht der Islamis­mus) zu schimpfen? Der obige Schrift­text stammt aus der jüdis­chen Bibel und die Mus­lime verehren die Propheten. Wohl, indem wir den Ver­such wieder wagen, diesen Namen Gottes zu lieben? Und mit dieser Liebe seine Liebe zu den Men­schen zu leben. Das Ver­trauen eines Men­schen zu haben, ist etwas Schönes. Jedoch ist es auch gle­ichzeit­ig zer­brech­lich.Er schenke uns das neue Herz und den neuen Geist, von dem der Prophet Ezechiel vor 2600 Jahren schon geschrieben hat­te. Er sel­ber wurde von einem «Sturmwind» über­rascht, durch den er seine Beru­fung zum Propheten wahrgenom­men hat­te. Wir sind – ich bin – nicht imstande, dieses Neue zu schaf­fen. Mit diesem Geist Gottes ist es, wie wenn wir draussen auf ein­er Bank sitzen, jam­mernd, wie warm es schon wieder ist, und uns uner­wartet eine küh­le Abend­brise erfrischt, von aussen, nicht von uns gemacht. Dieser erfrischende Hauch belebt und bringt neue Ideen, Hoff­nung und Kraft. Das Fest von Pfin­g­sten erneuert den Geist Gottes für uns. Der Geist Gottes haucht ganz konkret in jede Lebenssi­t­u­a­tion hinein, in der wir uns befind­en, so kom­plex sie auch ist, wie bei dem ein­gangs erwäh­n­ten jun­gen Mann. Der Geist haucht uns Liebesworte, Erfrischun­gen, Fan­tasie, Ermu­ti­gun­gen und Gedichte zu wie das fol­gende von Susanne Sand­herr:«Gott, du hast uns geschaf­fen, jeden und jede von uns. Wir haben deinen Leben­shauch, deine Ruach, emp­fan­gen, jed­er und jede von uns. Alle hast du begabt mit ihr. Heute feiern wir deine Geistkraft, die uns stark macht, die uns schön macht, die uns gut macht, die uns klug macht, die uns Mut macht: zu begin­nen mit dir.»Anna-Marie Fürst, The­olo­gin, arbeit­et in der Gefäng­nis­seel­sorge und in der Seel­sorge für Men­schen mit Behin­derung in den Kan­to­nen Aar­gau, Basel-Stadt und Zug
Redaktion Lichtblick
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