Über­le­ben mit hän­gen­den Pflanzen

Das Eli­sa­be­then­werk des Schwei­ze­ri­schen Katho­li­schen Frau­en­bun­des SKF unter­stützt in Süd­ame­ri­ka ein Frau­en­pro­jekt für urba­ne Land­wirt­schaft. Hori­zon­te ent­führt Sie im drit­ten und letz­ten Teil sei­ner Som­mer­se­rie nach Bolivien.Neli­da lebt seit fünf Jah­ren in El Alto, einer Stadt in Boli­vi­en auf 4 100 Meter über dem Meer mit über 800 000 Ein­woh­nern. Die Frau ist mit ihrer Fami­lie vom Land in die Stadt gezo­gen, weil sie hoff­te, dort ein bes­se­res Leben zu fin­den. Die­se Land­flucht wird vor allem ver­ur­sacht durch das tra­di­tio­nel­le Erbrecht im Hoch­land von Boli­vi­en: Da alle Geschwi­ster zu glei­chen Tei­len an jeder Par­zel­le betei­ligt sind, wird das Land von Gene­ra­ti­on zu Gene­ra­ti­on stär­ker zer­stückelt, und der Anbau auf den kar­gen Böden der klein­sten Äcker lohnt sich nicht mehr.

Gärt­nern auf eng­stem Raum als Alternative

Die Aus­sich­ten auf ein regel­mäs­si­ges Ein­kom­men ste­hen für Neli­da in der Stadt aber eben­falls schlecht. Und nicht sel­ten bleibt den Frau­en nur der Weg in die Pro­sti­tu­ti­on, weil sie kei­ne ande­re Arbeit fin­den. Da die Lebens­mit­tel in der Stadt teu­er sind, ernäh­ren sich Neli­da und ihre Fami­lie oft unge­sund.Neli­da ist eine von 150 Frau­en, die in urba­ner Land­wirt­schaft geschult wer­den. Ermög­licht wird dies durch die loka­le Orga­ni­sa­ti­on FOCAPACI, die vom Eli­sa­be­then­werk des Schwei­ze­ri­schen Katho­li­schen Frau­en­bun­des SKF unter­stützt wird. Die Frau­en ler­nen, wie sie auf klein­stem Raum Gemü­se und Kar­tof­feln anbau­en und Klein­tie­re züch­ten kön­nen. Pet-Fla­schen und ande­re Behäl­ter die­nen als hän­gen­de Pflanz­ge­fäs­se, wo Gemü­se und Kar­tof­feln gedei­hen. Zusätz­lich wer­den sie in der Her­stel­lung von bio­lo­gi­schen Insek­ti­zi­den und Wurm­kom­post unter­rich­tet. Dank die­sem Bio-Dün­ger kön­nen Neli­da und die ande­ren Frau­en ihren Ern­te­über­schuss auf dem Markt ver­kau­fen und so ein klei­nes Ein­kom­men ver­die­nen.In der Aus­bil­dung ler­nen die Frau­en auch, ihr ver­dien­tes Geld rich­tig anzu­le­gen. Durch den Rück­halt in der Frau­en­grup­pe und dank des klei­nen Zusatz­ver­dien­stes ist Neli­da selbst­be­wuss­ter gewor­den. Gemein­sam über­le­gen sie, wie sie durch­set­zen kön­nen, dass die urba­ne Land­wirt­schaft im Gemein­de­ge­setz ver­an­kert wird.

Von Frau­en für Frauen

Seit 2012 unter­stützt das Eli­sa­be­then­werk die Frau­en in der Stadt, mit bio­lo­gi­scher Land­wirt­schaft eine eige­ne Exi­stenz auf­zu­bau­en und ein neu­es Selbst­wert­ge­fühl zu erlan­gen. Als Vor­stands­mit­glied mit dem Res­sort Inter­na­tio­na­les hat Vro­ni Peter­hans aus Kün­ten das Urban Gar­dening-Pro­jekt in Boli­vi­en seit meh­re­ren Jah­ren beglei­tet. Unter dem Mot­to «Von Frau­en für Frau­en» wol­le man sich in nie­der­schwel­li­gen Ent­wick­lungs­pro­jek­ten enga­gie­ren, so Vro­ni Peter­hans. «Dies jedoch immer mit Unter­stüt­zung durch Kon­takt­per­so­nen aus dem jewei­li­gen Land, die den Frau­en hel­fen, aus eige­ner Kraft den Unter­halt ihrer Fami­lie zu ver­die­nen und sich eine Exi­stenz auf­zu­bau­en.»Das Urban Gar­dening-Pro­jekt star­te­te mit der Aus­bil­dung von Aus­bild­ne­rin­nen vor Ort, damit die­se anschlies­send ihr Wis­sen an ande­re Frau­en der Stadt wei­ter­ge­ben konn­ten. Wei­ter wur­den Schu­lun­gen zusam­men mit Agro­no­men durch­ge­führt. «Man­che Frau­en, die vom Land in die Stadt gezo­gen sind, ver­fü­gen noch über ein altes Wis­sen rund um den Gemü­se­an­bau. Wir ermu­ti­gen sie, die­ses Wis­sen wie­der anzu­wen­den», erzählt Vro­ni Peter­hans.

Inno­va­ti­on mit alten Techniken

Bis anhin sind 150 Frau­en und acht soge­nann­te Ani­ma­to­rin­nen in urba­ner Land­wirt­schaft geschult wor­den. Die Ani­ma­to­rin­nen durch­lie­fen aus­ser­dem einen Work­shop für Frau­en­rech­te. Neu sol­len 500 wei­te­re Frau­en in urba­ner Land­wirt­schaft unter­rich­tet wer­den. Dabei ent­wickelt FOCAPACI lau­fend wei­te­re Pro­duk­ti­ons­tech­ni­ken und lässt alte, in Ver­ges­sen­heit gera­te­ne Metho­den wie­der auf­le­ben.Das Eli­sa­be­then­werk inve­stier­te seit Pro­jekt­be­ginn jähr­lich 10 000 Fran­ken in die För­de­rung der urba­nen Land­wirt­schaft in El Alto. Ein Gross­teil der Gel­der stammt aus Lega­ten und Spen­den, die über die Orts­ver­ei­ne des SKF gesam­melt wer­den. Dar­un­ter befin­den sich auch vie­le Orts­ver­ei­ne aus dem Kan­ton Aar­gau, die im Rah­men von Spen­den­ak­tio­nen und Kir­chen­kol­lek­ten die Bevöl­ke­rung für das Eli­sa­be­then­werk sen­si­bi­li­sie­ren.

Kol­lek­te am Elisabethentag

Ein wich­ti­ges Datum für das Eli­sa­be­then­werk ist der Eli­sa­be­then­tag vom 19. Novem­ber, an dem in vie­len Pfar­rei­en für das Hilfs­werk gesam­melt wird. «Mit einer Spen­de von 30 Fran­ken bei­spiels­wei­se kön­nen 660 Blu­men­kohl­setz­lin­ge gekauft wer­den, für 70 Fran­ken haben 50 Frau­en genü­gend Geld für den Kauf von Saat­gut, und 120 Fran­ken ermög­li­chen die Anschaf­fung von 17 Lege­hüh­nern», weiss Vro­ni Peter­hans.«Wir über­las­sen kei­nes unse­rer Pro­jek­te dem Schick­sal», betont Vro­ni Peter­hans. Ziel sei es, die Men­schen vor Ort so aus­zu­bil­den und zu unter­stüt­zen, dass sie nach einer gewis­sen Zeit in der Lage sind, das Pro­jekt unab­hän­gig fort­zu­füh­ren und wei­ter­zu­ent­wickeln. «Dadurch ent­steht kei­ne Abhän­gig­keit von den Unter­stüt­zungs­bei­trä­gen», ergänzt die SKF-Ver­tre­te­rin. Aus heu­ti­ger Sicht kön­ne sich das Eli­sa­be­then­werk wohl Ende 2017 zurück­zie­hen, hofft Vro­ni Peter­hans. «Die Frau­en soll­ten dann in der Lage sein, ihre Akti­vi­tä­ten eigen­stän­dig wei­ter­zu­füh­ren.»

Hori­zon­te-Som­mer­se­rie aus aktu­el­lem Anlass

An der dies­jäh­ri­gen Som­mer-Ses­si­on stritt Bun­des­bern im Rah­men sei­ner Spar­de­bat­te auch über Kür­zun­gen bei der Ent­wick­lungs­hil­fe. Das nahm Hori­zon­te zum Anlass, im Rah­men sei­ner Som­mer­se­rie für ein­mal in die Fer­ne zu rei­sen. Aber nicht in die Feri­en, son­dern an Orte, wo sich Kirch­ge­mein­den, katho­li­sche Ver­bän­de und die katho­li­sche Jugend­ar­beit in ver­schie­de­nen Pro­jek­ten enga­gie­ren. Im ersten Teil ging es auf die Phil­ip­pi­nen, wo eine frei­äm­ter Kirch­ge­mein­de Kin­dern und Jugend­li­chen eine neue Per­spek­ti­ve ermög­licht. Im zwei­ten Teil folg­te ein Abste­cher nach Rumä­ni­en, wo Basel­bie­ter Jugend­li­che im wahr­sten Sin­ne des Wor­tes vor Ort Ent­wick­lungs­hil­fe leisten. 
Andreas C. Müller
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