Tut Gutes und macht, dass man es sieht!
Matthäus 5,14–16Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben. Man zündet auch nicht eine Leuchte an und stellt sie unter den Scheffel, sondern auf den Leuchter; dann leuchtet sie allen im Haus. So soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Taten sehen und euren Vater im Himmel preisen.Einheitsübersetzung 2016 Tut Gutes und macht, dass man es sieht!
Selbstdarstellung ist immer ein heikles Terrain. Selbstverständlich darf ein Prediger oder Politiker keine Angst davor haben, aufzutreten und gesehen zu werden. Wer im Auftrag einer Sache Reden hält (oder schreibt), muss sich nicht dafür entschuldigen – solange es um die Sache geht. Steht aber die Selbstverliebtheit im Vordergrund, das Sich-wichtig-machen, dann kann man (ich) das kaum ertragen.Der Unterschied zwischen der Person und der Sache ist manchmal schwer zu erkennen. Eitelkeit war immer schon im Spiel, ist aber heute, im Zeitalter der Selbstverwirklichung, enorm verbreitet. Man ist, was man aus sich macht, und das soll man auch sehen.Aber vielleicht täusche ich mich ja auch, wenn ich hinter auftretenden Personen oft Pfauenfedern entdecke. Oder vielleicht bin ich ein wenig zu humorlos und moralisch? Sei doch grosszügiger, sage ich mir, schliesslich braucht jeder Mensch Anerkennung und Ansehen. Und die Spieler auf den Bühnen der Welt sind vielleicht besonders abhängig vom Applaus; er sei ihnen neidlos gegönnt. Statt mich über Blender und Selbstoptimierer aufzuregen, sollte ich mich vielleicht umdrehen und meinen Blick auf die andere Seite richten, jenseits der roten Teppiche und der Scheinwerfer. Dort, im Schatten, gibt es Menschen, die kein grosses Aufsehen machen um ihr Engagement, selbstlos im Dienst wichtiger Themen.Der gefährliche Haken an der Weisung Jesu ist wahrscheinlich die Verbindung der angeratenen guten Werke und das Leuchten vor den Menschen. Lesen Sie doch bitte nochmals die drei Verse aus dem Matthäusevangelium! Ich möchte vorschlagen, die heikle Verbindung zu trennen. Es ist
eine Sache, sich selbstlos zu engagieren im Dienst benachteiligter Menschen, im Dienst von Gerechtigkeit, Freiheit und Bewahrung der Schöpfung. Und es ist eine
andere Sache, dieses Engagement in der Öffentlichkeit zur Sprache zu bringen, zum Beispiel in den Medien wie dem Pfarrblatt. Beides ist nötig. Und beides ist möglich mit der richtigen Mischung von Bescheidenheit und Selbstbewusstsein.Eine Möglichkeit, das Licht eines Menschen auf den Leuchter zu stellen, ist die öffentliche Ehrung. Eine Preisverleihung zum Beispiel ist keine Selbstbelobigung. Sie ist eine Verneigung vor der Leistung eines Menschen. Ebenso ist die Heiligsprechung einer Person eine Sichtbarmachung ihrer Werke, damit die Welt durch sie erhellt wird, natürlich nach ihrem Tod, dann ist die Gefahr der Eitelkeit überstanden. Ein schönes Beispiel ist der Heilige im Schatten des Schweizer Nationalfeiertags: Alfons von Liguori.Schaffen wir doch die im Evangelium angesprochenen Leuchter, die Plattformen, auf denen gute Taten entdeckt, dargestellt, gefördert und geehrt werden. Jeder einzelne Mensch kann solche Lichter entdecken und beachten, nicht an sich selbst, sondern in seiner Umgebung. Gute Nachrichten sollten verbreitet werden, unbedingt.
Ludwig Alfons Hesse, Theologe und Autor, war bis zu seiner Pensionierung Spitalseelsorger im Kanton Baselland.