Trost in dunk­ler Zeit

Trost in dunk­ler Zeit

Jere­mia 31, 7–9Ja, so spricht der Herr: Jubelt Jakob voll Freu­de zu und jauchzt über das Haupt der Völ­ker! Ver­kün­det, lob­singt und sagt: Der Herr hat sein Volk geret­tet, den Rest Israels.Seht, ich brin­ge sie heim aus dem Nord­land und samm­le sie von den Enden der Erde, da­runter Blin­de und Lah­me, Schwan­ge­re und Wöch­ne­rin­nen; als gros­se Gemein­de keh­ren sie hier­her zurück.Wei­nend kom­men sie und trö­stend gelei­te ich sie. Ich füh­re sie an was­ser­füh­ren­de Bäche, auf einen ebe­nen Weg, wo sie nicht strau­cheln. Denn ich bin Isra­els Vater und Efra­im ist mein erst­ge­bo­re­ner Sohn.Ein­heits­über­set­zung 

Trost in dunk­ler Zeit

Heim­kom­men. Ein­mal, am Ende unse­rer Tage. Heim­kom­men zu dem, der uns Vater und Mut­ter ist, des­sen gelieb­te Töch­ter und Söh­ne wir sind. Jede und jeder ein­zel­ne von uns. Heim­kom­men mit all dem, was wir in unse­rem Leben gelebt haben, sei es geglückt und erfüllt, sei es unvoll­kom­men und bruch­stück­haft. All das mit­brin­gen und vor ihn hin­le­gen und dar­auf ver­trau­en, dass Gott uns in seine/ihre lie­ben­den Arme auf­nimmt.Das ist das Bild, das mir kommt, in die­ser Zeit des begin­nen­den Novem­bers, in der wir unse­rer Toten geden­ken und uns viel­leicht sel­ber mal mehr, mal weni­ger bewusst machen, dass unser Leben end­lich ist und wir eines Tages heim­ge­bracht wer­den. Immer, wenn ich auf dem Fried­hof ste­he und jeman­den ver­ab­schie­de, dann wer­de ich dar­an erin­nert, dass auch für mich eines Tages Men­schen am Grab und in der Kir­che ste­hen und Abschied neh­men von mir.Doch meist ver­drän­gen wir die­sen Gedan­ken, weil er uns Angst macht. Weil der Tod ein Schritt ist, den wir noch nicht gemacht haben, und der in eine Dimen­si­on führt, die wir über­haupt nicht ken­nen, und von der wir nur in Bil­dern spre­chen kön­nen.Bil­der, in denen all unse­re Unvoll­kom­men­heit auf­ge­ho­ben ist – unse­re Blind­heit wird zur Seh­fä­hig­keit, unse­re Läh­mung zur Beweg­lich­keit. Bil­der, in denen all unse­re Schwä­che – der Text erwähnt als Bei­spie­le Schwan­ge­re und Wöch­ne­rin­nen, die beson­ders gros­ser Für­sor­ge und des Schut­zes bedür­fen – dann nicht mehr zählt, son­dern nur, dass wir uns füh­ren und lei­ten las­sen von dem, der nicht möch­te, dass wir strau­cheln und fal­len.Er geht mit. Er lei­tet uns durch unser Leben mit allen Höhen und Tie­fen. Er ist da, wenn wir sel­ber Abschied neh­men müs­sen von gelieb­ten Men­schen und weint mit uns. Er hält es aus, wenn wir ver­zwei­feln und mit ihm hadern. Er ist an unse­rer Sei­te, wenn uns Alter, Schwä­che, Schmerz und Krank­heit in Atem hal­ten. Er nimmt uns an die Hand. Das kann uns hel­fen, die­se schwie­ri­gen Sei­ten unse­res Lebens­we­ges aus­zu­hal­ten.Das ist mein gros­ser Halt. Ich möch­te ver­trau­en auf den Gott, der mir mit Barm­her­zig­keit und Lie­be ent­ge­gen­kommt. Dass ich all das, was mich bela­stet, und das, was unvoll­kom­men und unbe­en­det ist, von mir genom­men und voll­endet wird. Dass alles Strau­cheln und Stol­pern auf­ge­fan­gen wird. Dass ich mit all dem auf­ge­ho­ben bin bei dem, der mich unend­lich liebt, mich beim Namen geru­fen hat und immer wie­der neu ruft. Der mir Vater und Mut­ter ist und mich bei der Hand nimmt und mich zu sich gelei­tet. Als des­sen Toch­ter ich ange­nom­men bin für immer und ewig.Viel­leicht kann das Ver­trau­en dar­auf den nahen­den Novem­ber etwas hel­ler machen. Denn gera­de die Mona­te Novem­ber und Dezem­ber sind für Trau­ern­de schwe­rer als ande­re Zei­ten. Der Novem­ber ist in der Regel dunk­ler und grau­er als die Mona­te vor­her – und der Dezem­ber mit den Fei­er­ta­gen macht gera­de im ersten Jahr die Trau­er schwer. Wenn wir uns durch die­se Zeit gelei­ten las­sen, uns geführt und beglei­tet wis­sen und das Ver­trau­en haben, dass auch die gelieb­ten Men­schen, die wir schon gehen las­sen muss­ten, von Gott, unse­rem Vater und unse­rer Mut­ter, an Was­ser­bä­che und auf ebe­nem Weg heim­ge­führt wer­den, kann uns das Trost und Hoff­nung sein. Dann fin­den wir den Ruhe­platz am Was­ser. Und dann kann sich die Kla­ge in Jubel ver­wan­deln über Gott, der uns ret­tet.Doro­thee Becker, Theo­lo­gin und Seel­sor­ge­rin in der Pfar­rei Hei­lig­geist, Basel 
Redaktion Lichtblick
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