«Transparenz ist das A und O»
- Jeannette Häsler Daffré ist seit Juni 2022 Kommunikationsbeauftragte der Katholischen Kirche im Kanton Aargau.
- Für sie sind Transparenz, Verständnis und Synergien drei wichtige Kommunikationsziele.
- Über Good News der Kirche zu berichten, ist ihr ein Herzensanliegen.
Welche Beobachtungen machen Sie als neu in der Kirche Tätige zur internen Kommunikation?
Jeannette Häsler Daffré: Ich habe in der Vorbereitung auf dieses Gespräch meine verschiedenen Kommunikationsfelder in den Blick genommen: die interne Kommunikation hier bei der Landeskirche, die interkantonale, ökumenische Ebene sowie die Kommunikation zwischen Landeskirche und Kirchgemeinden. Die interkantonale, ökumenische Kommunikation – dazu gehört auch die Konferenz der Religionen im Kanton Aargau – erlebe ich als einvernehmlich. Wir haben einen guten Austausch. Wir nehmen auch gemeinsam Stellung zu aktuellen Themen und Ereignissen wie beispielsweise zum Anschlag auf eine Moschee im Aargau. Mit Barbara Laurent von der Reformierten Landeskirche Aargau habe ich die interkantonale Projektleitung für die Lange Nacht der Kirchen vom 2. Juni inne.
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Diese Zusammenarbeit schätze ich sehr. Ich lerne dabei Projektverantwortliche der Reformierten und Katholischen Landeskirchen aus anderen Kantonen kennen. Für mich war auch das Jahrestreffen der Kommunikationsbeauftragten des Bistums Basel in Solothurn vergangenen Dezember sehr wertvoll. Bischof Felix informierte über den Stand im synodalen Prozess und stellte seine Prioritäten fürs kommende Jahr vor. Diese Transparenz erachte ich aus Sicht der Kommunikation als eminent wichtig.
Welche Kommunikationserfahrungen machten Sie bis jetzt hier bei der Landeskirche?
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserer Landeskirche helfen mir, vertraut zu werden mit der kirchlichen Terminologie. Um den Zusammenhalt zu stärken, habe ich einen Gesamtjahresplan für die Fachstellen und die Verwaltung eingeführt. Dieser gibt eine Übersicht und schafft Transparenz. Er zeigt auf, was wann auf welcher Fachstelle läuft. Das weckt das Verständnis füreinander und schafft Vertrauen. Er bietet des Weiteren die Möglichkeit für Synergien. Transparenz, Verständnis und Synergien sind drei wichtige Kommunikationsziele.
Haben Sie weiteres neu eingeführt?
Wir sind am Aufbau der digitalen Plattform WikiKath. Früher erhielten die neuen Kirchenpflegerinnen und Kirchenpfleger ein 300 Seiten dickes Handbuch für ihre vielseitige Arbeit in der Kirchgemeinde. Ich habe nun eine elektronische Lösung eingeführt, vor allem im Blick auf jüngere Mitglieder von Kirchgemeinden und Pfarreien, ehrenamtliche und angestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mehrheitlich digital unterwegs sind. Auf der Webseite finden sie wichtige Dokumente, Vorlagen und Informationen. Beim Aargauer Kapellenführer hingegen überlegen wir, ob wir nicht doch einen Nachdruck des Buchs machen wollen. Der Kapellenführer ist seit Langem vergriffen. Auf der Webseite aargauerkapellen.ch haben wir eine interaktive Karte, auf der die Nutzerinnen und Nutzer die Kapellen anklicken und Wesentliches über sie erfahren können. Dennoch schafft diese Art nicht das gleiche Erlebnis für die Nutzenden wie ein Buch.
Wo sehen Sie Optimierungspotenzial in der Kommunikation?
In der Kommunikation mit den Kirchgemeinden. Die Kirchgemeinden kommunizieren in ihrem Gebiet gut. Sie erreichen mit dem Pfarrblatt Horizonte sowie regelmässigen Aktivitäten die Menschen vor Ort und treten mit ihnen in Kontakt. Sie werden gehört und gesehen. Optimieren will ich den Austausch zwischen der Landeskirche und den einzelnen Kirchgemeinden. Ich habe beispielsweise bei den Kirchgemeinden letzthin nachgefragt, wie die Kampagne Kirchensteuer sei Dank bei ihnen angekommen sei. Die Kampagne wurde vor meiner Zeit hier eingeführt. Es gab dazu Artikel im Horizonte und die Landeskirche hat an alle Kirchgemeinden Unterlagen gesandt. Ich bekam die ganze Bandbreite an Rückmeldungen: Einige Kirchgemeinden haben das Plakat zur Kampagne gut sichtbar im Pfarreiheim und in der Kirche platziert; andere Kirchgemeinden sagten mir, dass sie die Kampagne nicht kennen. Dies zeigt mir auf, wie wichtig eine sorgfältige Einführung von Kampagnen ist.
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Wie gelingt eine sorgfältige Einführung?
Wie bei jeder Kommunikation braucht es auch hier Klarheit: Wen spreche ich an? Welches sind die Bedürfnisse? Über welche Kanäle erreiche ich die Menschen? Für mich ist es heute ein Muss, dass die Kirche auch in den sozialen Medien präsent ist. Hier braucht es Aufbauarbeit. Die Landeskirche Aargau hat aktuell drei Accounts bei Facebook: einen für die Landeskirche, einen für die Fachstelle Propstei und Bildung und einen für die Fachstelle Jugend und junge Erwachsene. Wer etwas zu Bildung sucht, sucht dies nicht unbedingt auf der Seite der Landeskirche. Kirche muss wie andere Institutionen ihr Konzept, ihre Strategie, ihre Dialoggruppen und Kommunikationsmittel genau definieren. Kurz: Meine Arbeitsschwerpunkte sind Digitalisierung und Kooperation. Ich will damit einerseits die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erleichtern und andererseits Transparenz schaffen.
Im Interview mit katholisch.de spricht Hiltrud Schönheit, die Autorin von «Heillose Macht», von einer Kultur der Angst in der Kirche. Diese rühre von einer unprofessionellen Kommunikation und mangelnder Führung. In welchem Zusammenhang stehen Führung und Kommunikation?
Eine Kultur der Angst habe ich bislang in der Kirche nirgends erlebt. Aus meiner beruflichen Erfahrung weiss ich, dass in Deutschland Wirtschaft und Politik viel hierarchischer strukturiert sind als bei uns. Das gilt wohl auch für die Kirche. Was Hiltrud Schönheit in der Kirche in Deutschland ausmacht, kann darin eine Ursache haben. Hingegen gehe ich mit ihr einig, dass Führung und Kommunikation eng zusammenhängen. Führung und Kommunikation prägen die Kultur einer Institution. Wie glaubwürdig ist ihre Führung? Wie lebt die Führung die Werte der Institution? Wie kommuniziert sie die Werte? Wobei das Vorleben wichtiger ist als das Sprechen darüber. Die Führungskräfte werden an ihrem Handeln gemessen. Auch hier gilt: Transparenz ist das A und O für die Glaubwürdigkeit einer Institution. Darf ich noch etwas zur Angst ergänzen?
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Ja gerne.
In der Managementlehre spricht man von psychologischer Sicherheit. Wenn Mitarbeitende psychologische Sicherheit spüren, dann trauen sie sich, Fehler einzugestehen, sie fragen zurück, sprechen Unsicherheiten und Bedenken an. Teams, in denen psychologische Sicherheit vorhanden ist, sind erwiesen erfolgreicher. Wenn diese fehlt, empfehle ich, sie umgehend anzustreben und damit am Aufbau einer Lernkultur zu arbeiten. Dazu gehört, dass ich als Führungsperson die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf den Weg mitnehme. Diesbezüglich erachte ich den synodalen Prozess, den Papst Franziskus angestossen hat, als notwendig und wertvoll.
Ich habe zum Schluss eine persönliche Frage: Was hat Sie motiviert, in der Kirche zu arbeiten?
Mich haben die vielen kirchlichen Projekte im sozialen und diakonischen Bereich angesprochen: der Sozialpreis, das Umweltmanagementprogramm Grüner Güggel oder die Ende 2019 eröffnete Notschlafstelle für Obdachlose in Baden. Ich wusste vorher gar nicht, was die Kirche alles Gutes tut. Die Medien sprechen so wenig darüber. Mir ist es ein Herzensanliegen, dass wir als Kirche mit schönen und sinnvollen Themen – mit Good News – nach aussen gehen. Dazu gehört, dass wir immer wieder informieren und vor allem in regelmässigem persönlichem Kontakt mit Journalistinnen und Journalisten sind – ganz im Sinne von «Tue Gutes und sprich darüber. Immer wieder».
*Der Artikel ist zuerst in der Schweizerischen Kirchenzeitung SKZ vom 13. April 2023 erschienen. Das Thema der Ausgabe ist Kommunikation in der Kirche.
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