Thomas Gfeller — Passend: Fliege  und Socken

Thomas Gfeller — Passend: Fliege und Socken

  • Thomas Gfeller ist 32 Jahre alt.
  • Der Mod­edesign­er und Pri­mar­lehrer ist reformiert aufgewach­sen und heute nicht mehr gläu­big.
 Wahrschein­lich habe ich eine «Socken­neu­rose». Ich wech­sle die Sock­en mehrmals am Tag. Seit­dem ich sie sel­ber entwerfe, habe ich eine grosse Auswahl zur Ver­fü- gung. Was nie ändert, ist meine weisse Uhr, die trage ich immer. Wenn ich vergesse, sie anzuziehen, fehlt sie mir den ganzen Tag. Die Uhr passt bestens zu weis­sen und far­bigen Sock­en und zu den weis­sen Schuhen, die ich meis­tens trage. Für den sel­te­nen Fall, dass ich doch mal schwarze Schuhe anhabe, hätte ich zur Not auch eine schwarze Uhr. Und ja, im Win­ter trage ich oft schwarze Jeans. Den­noch mag ich Weiss viel lieber als Schwarz.

Angemessener Kleidungsstil

Meine Tat­toos habe ich immer dabei und kann sie nicht vergessen wie die Uhr. Das erste Sujet, das ich mir stechen liess, zeigt eine Ton­band­kas­sette. Ich liebe Musik ganz ver­schieden­er Stile, auch religiöse. Das Tat­too ste­ht für den Musik­tep­pich, der mich durchs Leben begleit­et. Damals fand ich noch, dass Tat­toos eine tiefe, bleibende Bedeu­tung haben müssten. Heute sehe ich das anders. Wenn ich Lust auf ein Motiv habe, lasse ich es mir tätowieren, ohne gross nachzu­denken.Aufgewach­sen bin ich reformiert. Heute gehöre ich aber kein­er Reli­gion an. Den­noch unter­halte ich mich gerne mit gläu­bi­gen Men­schen und finde Reli­gio­nen span­nend, solange sie nicht beschränk­end und einen­gend sind. Auf Reisen besuche ich immer wieder Kirchen, Moscheen, Syn­a­gogen und Tem­pel, natür­lich nur mit bedeck­ten Knien und ohne Mütze. Diese Orte sind wohl die einzi­gen, wo ich über­prüfe, ob meine Klei­dung angemessen ist.

Mehr Beachtung schenken

Für die Hochzeit habe ich ein Jack­ett mitgenom­men, von dem ich noch nicht weiss, ob ich es wirk­lich tra­gen würde. Das Hemd und die Fliege habe ich selb­st genäht. Die Fliege und die dazu passenden Sock­en, die ich in der let­zten Schweiz­er Sock­en­fab­rik strick­en lasse, stam­men aus mein­er Kollek­tion «Thomas Jakob­son». Ich hat­te es satt, dass diesen wichti­gen Klei­dungsstück­en so wenig Beach­tung geschenkt wird und sie meist nicht zueinan­der passen. Darum beschloss ich, sie sel­ber zu desig­nen.An ein­er Hochzeit würde ich immer eine Fliege tra­gen, ob geknüpft oder leg­er offen. Ich habe zwar schon oft gehört, dass sie dem Bräutigam vor­be­hal­ten sei. Das küm­mert mich aber nicht.Ich war schon an vie­len Hochzeit­en und habe fest­gestellt, dass sie immer irgend­wie einen zer­e­moniellen Charak­ter haben, auch solche ohne jeden religiösen Hin­ter­grund. Das mag ich sehr. Wäre ich religiös, käme ich vielle­icht noch öfter in den Genuss von solch feier­lichen Momenten. 
 
Marie-Christine Andres Schürch
mehr zum Autor
nach
soben