
Tag des Judentums in der Schweiz:
Ein Brückenschlag zwischen Christentum und Judentum
Seit 2011 begeht die römisch-katholische Kirche in der Schweiz jährlich den „Tag des Judentums“. Dieser besondere Gedenktag, der am zweiten Fastensonntag stattfindet, symbolisiert den gemeinsamen Ursprung und die tief verwurzelte Verbindung zwischen Christentum und Judentum. Der Tag dient nicht nur der Erinnerung, sondern auch der Versöhnung und dem interreligiösen Dialog.
Historisch betrachtet gehen die Wurzeln beider Religionen auf die gemeinsame heilige Schrift und den Bund mit Abraham zurück. Bereits Papst Johannes Paul II. bekräftigte, dass das Judentum ein wesentlicher Bestandteil des christlichen Glaubens sei. Die Konzilserklärung „Nostra aetate“ erinnert daran, dass Jesus, seine Familie und die Apostel jüdisch waren. Diese historische Verbindung bildet die Grundlage für das heutige Miteinander und bestärkt die Bemühungen um gegenseitigen Respekt und Verständnis.
Der „Tag des Judentums“ lädt die Gläubigen dazu ein, die gemeinsame Geschichte zu reflektieren und die Auseinandersetzung mit der eigenen Tradition zu intensivieren. Christlicher Antijudaismus und die daraus resultierenden Vorurteile haben in der Vergangenheit zu tragischen Ereignissen wie der Shoa geführt. Indem die Kirche diesen Tag begeht, bekennt sie ihre historische Schuld und öffnet einen Raum der Umkehr und Neubewertung. Dies ist ein bedeutender Schritt zur Förderung eines friedlichen Zusammenlebens und zur Stärkung der ökumenischen Beziehungen.
Auch liturgisch spielt dieser Gedenktag eine zentrale Rolle. In den Gottesdiensten der katholischen Kirchen werden biblische Bezüge zur jüdischen Tradition hergestellt. Die Erzählung von der Verklärung Jesu, in der Mose und Elija als tragende Figuren hervorgehoben werden, unterstreicht die Notwendigkeit eines gemeinsamen interreligiösen Dialogs. Der enge Zusammenhang zwischen dem jüdischen Pessachfest und dem christlichen Osterfest trägt darüber hinaus zu einem vertieften Verständnis der Heilsgeschichte bei.
Nicht nur in der Schweiz, sondern auch in anderen Ländern wie Italien, Polen und den Niederlanden wird der „Tag des Judentums“ gefeiert – wenngleich dort häufig an abweichenden Terminen. In der Schweiz steht dabei die besondere symbolische Verbindung von Sabbat und Sonntag im Vordergrund, die diesen Tag als Moment des Friedens, der Freiheit und der Erneuerung erscheinen lässt.
Die jüdisch-katholische Gesprächskommission der Schweizer Bischofskonferenz liefert fortlaufend Impulse und Handreichungen, um den interreligiösen Austausch zu fördern. Gläubige werden dazu ermutigt, an gemeinsamen Veranstaltungen und Gottesdiensten teilzunehmen, Vorurteile abzubauen und die gemeinsame spirituelle Herkunft zu bekennen. Insgesamt stellt der „Tag des Judentums“ somit einen bedeutsamen Baustein im Prozess der Versöhnung und des gegenseitigen Respekts dar.
Zusätzlich zeigt der Tag des Judentums in der Schweiz, wie wichtig es ist, Brücken zwischen unterschiedlichen Glaubensgemeinschaften zu bauen. Er fördert das gegenseitige Lernen, stärkt das Bewusstsein für gemeinsame Wurzeln und hilft, langjährige Vorbehalte zu überwinden. Durch interreligiösen Austausch und gemeinsame Feierlichkeiten entsteht eine Atmosphäre des Miteinanders, in der sowohl die Vergangenheit reflektiert als auch Hoffnung für eine friedlichere Zukunft geweckt wird. Dieser Tag inspiriert Menschen, über konfessionelle Grenzen hinaus gemeinsam zu handeln, für eine Einheit.
Marco Heinzer, Gemeindeleiter