Synesius gehört allen
Als im 16. Jahrhundert in Rom die Katakomben wiederentdeckt wurden, in denen zu frühchristlicher Zeit die Gemeindemitglieder Roms ihre letzte Ruhe fanden, entwickelte sich in Europa ein reger Reliquienhandel. Aus der Idee heraus, es befänden sich unter den Toten mannigfache Märtyrer, die bei Gott in hohem Ansehen stehen und beim Gebet als Vermittler fungieren könnten, wurden die in den unterirdischen Friedhöfen aufgefundenen Knochen in alle Welt verkauft.
Standhaft im Glauben
Auch die Pfarrei Bremgarten wurde mit einem Reliquienschatz aus den römischen Katakomben beehrt. Am 22. Oktober 1978 gelangten die Reliquien eines Heiligen Synesius in die Reussstadt und werden seitdem in der Stadtkirche St. Nikolaus verehrt. Die Reliquien stammen aus jenem Reliquienschatz der Katakomben, über den es kein Namensverzeichnis gibt. Als sie vor 360 Jahren den Grüften Roms entnommen wurden, erhielten sie den Namen «Synesius» und eine dem Namen zugehörige Geschichte. Vom Bremgarter Synesius nimmt man an, er habe als Hauptmann in römischen Diensten gestanden. Dies zur Zeit des aufblühenden Christentums im 4. Jahrhundert. Zu jener Zeit waren die blutigen Verfolgungen mehrheitlich überstanden, doch nicht die schweren und erbitterten geistigen Auseinandersetzungen. In diesen, so will es die Überlieferung, hätte sich der Heilige Synesius von Bremgarten als leuchtendes Beispiel hervorgetan, hätte stets aus weiser Einsicht heraus an der göttlichen Wahrheit festgehalten. Wohl aufgrund der Gabe der tieferen Einsicht heraus wurde der Heilige Synesius fortan bei Augenleiden angerufen, ebenso aber auch mit der Bitte, aus dem Herzen heraus das Wesentliche vom Unwesentlichen unterscheiden zu können.
Ökumenische Feier
Der Bremgarter Synesius mauserte sich innert kürzester Zeit vom Stadtpatron zum Schutzheiligen der gesamten Region. Es entstand eine rege Wallfahrtstätigkeit. Regelmässig erinnerten in Bremgarten grosse Volksfeste an die feierliche Überführung der Reliquien. Diese Tradition wird auch in diesem Jahr fortgesetzt. Am europäischen Tag des Denkmals wird mit einem Gottesdienst und einer Benefiz-Matinée an das denkwürdige Ereignis erinnert. Ziel sei es, die Feierlichkeiten auf eine neue gemeinschaftliche Basis zu stellen, erklärt Diakon und Gemeindeleiter Ueli Hess. Aus diesem Grund wird der Gottesdienst am 8. September 2013 ökumenisch geführt. Dies auch in Referenz an das vor zehn Jahren entstandene, konfessionsübergreifende Hilfswerk «Projekt-Synesius». Aus der Idee heraus, dem Reliquienkult eine neue Bedeutung zu geben und über die Grenzen der Region Bremgartens hinaus Gutes zu tun, wurde beschlossen, sich in Afrika zur Linderung von Augenkrankheiten zu engagieren, erinnert sich der Lokalhistoriker Heinz Koch. «Afrika, weil dort viele Kinder infolge Malaria erblinden.» Unter dem Slogan «Synesius gehört nicht nur uns, sondern auch Afrika», konnte reichlich Geld gesammelt werden. Die Mittel flossen in die Unterstützung von Augenkliniken und Ambulatorien Sanya Juu (Tansania) und Nairobi (Kenia). «Was als einmalige Aktion angedacht war, wurde zu einem längerfristigen Engagement, das sich bis heute gehalten hat», freut sich Ueli Hess. So wird Synesius dieses Jahr in Bremgarten wieder gefeiert. Zwar nicht in ganz grossem Stil, dafür mit neuen Akzenten.
Andreas C. Müller
Mehr Informationen: www.kath-bremgarten.ch/synesius.html
Der Heilige Antonius für Verlorenes, der Heilige Rochus bei Beinleiden… Bei welchen Heiligen bitten Sie um Fürsprache? Berichten Sie uns von Ihren Erfahrungen.