Sym­bol neu­en Selbst­be­wusst­seins für Eng­lands Katholiken

Sym­bol neu­en Selbst­be­wusst­seins für Eng­lands Katholiken

Sym­bol neu­en Selbst­be­wusst­seins für Eng­lands Katholiken

Vor 125 Jah­ren began­nen die Bau­ar­bei­ten für die West­min­ster Cathe­dral mit­ten in London

Eng­lands Katho­li­ken waren lan­ge eine ver­ach­te­te Min­der­heit neben der vom König gegrün­de­ten angli­ka­ni­schen Kir­che. Ein neu­es Selbst­be­wusst­sein liess im 19. Jahr­hun­dert neue Bau­ten entstehen.Sehr reich und sehr mäch­tig war Eng­lands Kir­che im Mit­tel­al­ter, wie man bis heu­te an den monu­men­ta­len Kathe­dral­bau­ten aus die­ser Zeit sehen kann. Doch noch mäch­ti­ger war König Hein­rich VIII. Er brach 1533 mit dem Papst in Rom, weil der sich wei­ger­te, des Königs Ehe zu annul­lie­ren. Als Ober­haupt einer neu­en Staats­kir­che setz­te sich Hein­rich VIII. 1534 selbst ein. Kir­che und Kathe­dra­len, das hiess in Eng­land fort­an angli­ka­nisch.

Katho­li­ken unter Generalverdacht

Nach blu­ti­gen Reli­gi­ons­krie­gen stan­den die Katho­li­ken, Eng­lands gröss­te Min­der­heit, unter dem Gene­ral­ver­dacht des Lan­des­ver­rats und führ­ten über Jahr­hun­der­te ein Schat­ten­da­sein. Zumeist waren es iri­sche Ein­wan­de­rer, in meh­re­ren Wel­len als Hun­ger­lei­der ein­ge­trof­fen. Katho­li­ken, das waren Aus­län­der, Unter­pri­vi­le­gier­te aus der Arbei­ter­klas­se.Noch bis 2015 schloss ein Gesetz von 1701 jeden von der Thron­fol­ge aus, der «die päpst­li­che Reli­gi­on bekennt oder einen Papi­sten hei­ra­tet». Intel­lek­tu­ell spiel­te der bri­ti­sche Katho­li­zis­mus – weni­ge Bei­spie­le wie die angli­ka­ni­schen Kon­ver­ti­ten John Hen­ry New­man (1801–1890) oder Gil­bert Keith Che­ster­ton (1874–1936) aus­ge­nom­men – bis in die 1950er-Jah­re prak­tisch kei­ne Rol­le.

Neue Bischofs­kir­chen wur­den nötig

Erst mit dem soge­nann­ten Catho­lic Reli­ef Act von 1791 durf­ten Katho­li­ken wie­der Got­tes­dienst fei­ern, Reli­gi­ons­un­ter­richt abhal­ten und unauf­fäl­li­ge Kir­chen bau­en. 1850 wur­de eine katho­li­sche Hier­ar­chie mit Bischö­fen wie­der errich­tet. Die­se brauch­ten auch neue Bischofs­kir­chen. Die sym­bol­träch­tig­ste unter ihnen: die bis heu­te unvoll­ende­te West­min­ster Cathe­dral im Her­zen Lon­dons. Vor 125 Jah­ren, am 29. Juni 1895, wur­de der Grund­stein gelegt.Ein Gesetz ver­bot, den wie­der ent­ste­hen­den römisch-katho­li­schen Diö­ze­sen den glei­chen Namen zu geben wie den angli­ka­ni­schen, vor­mals katho­li­schen. So ist der katho­li­sche Bischofs­sitz von Lon­don nach dem Stadt­teil West­min­ster benannt. Daher wird aus­ge­rech­net die katho­li­sche Kathe­dra­le mit dem sehr katho­li­schen Patro­zi­ni­um «Hei­lig Blut» gern mit West­min­ster Abbey ver­wech­selt, der mit­tel­al­ter­li­chen Krö­nungs­kir­che des Königs­hau­ses.

Bis heu­te unvollendet

1895 began­nen in West­min­ster die Arbei­ten. Eröff­net wur­de die Kathe­dra­le 1903, offi­zi­ell geweiht aber erst im Juni 1910. Die Innen­aus­stat­tung des 110 Meter lan­gen Got­tes­hau­ses ist bis heu­te nicht abge­schlos­sen. Das liegt auch dar­an, dass vor allem kost­ba­re Mate­ria­li­en ver­wandt wur­den, so für Hoch­al­tar und Bal­da­chin ver­schie­den­far­bi­ger Mar­mor, Lapis­la­zu­li, Per­len und Gold. Vie­le Mosai­ken der auf­wen­di­gen Sei­ten­ka­pel­len sind Kunst­wer­ke der Arts-and-Crafts-Bewe­gung, der eng­li­schen Spiel­art des Jugend­stils, und geben bibli­sche Sze­nen wie­der.Der Archi­tekt Bent­ley war kein Freund all­zu lan­ge vor­ge­fer­tig­ter Plä­ne. Daher wird die Innen­aus­stat­tung bis heu­te zu nicht gerin­gen Tei­len von den jewei­li­gen Stif­tern und Künst­lern mit­be­stimmt. Die bei­den jüng­sten Mosai­ken sind der Hei­li­gen Fami­lie (2003) und den Mit­ar­bei­tern der Dom­bau­hüt­te (2006) gewid­met.In den ver­gan­ge­nen gut vier Jahr­zehn­ten hat West­min­ster Cathe­dral meh­re­re kir­chen­hi­sto­ri­sche Ereig­nis­se erlebt: 1977 besuch­te Köni­gin Eliza­beth II., immer­hin angli­ka­ni­sches Kir­chen­ober­haupt, die Haupt­kir­che der ein­sti­gen «Papi­sten» wäh­rend einer Blu­men­schau – sehr bri­tisch! Und am Andreas­tag 1998, dem Tag des eng­li­schen Natio­nal­hei­li­gen, nahm sie hier als erste angli­ka­ni­sche Mon­ar­chin seit der Kir­chen­spal­tung im 16. Jahr­hun­dert an einem katho­li­schen Got­tes­dienst teil.Auch Päp­ste gaben sich die Ehre: Johan­nes Paul II. bei sei­nem eigent­lich histo­risch undenk­ba­ren Eng­land­be­such 1982, wie auch Bene­dikt XVI. im Sep­tem­ber 2010. Letz­te­rem gelang kurz dar­auf eine wei­te­re Über­ra­schung: In West­min­ster Cathe­dral wur­den im Janu­ar 2011 drei vor­mals angli­ka­ni­sche Bischö­fe als Prie­ster in die Katho­li­sche Kir­che auf­ge­nom­men.Alex­an­der Brüg­ge­mann, kna/kath.ch 
Redaktion Lichtblick
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