Stim­me der Kir­che unverzichtbar

Ob in der Asyl­po­li­tik, zum Schutz des Sonn­tags oder zur Ver­tei­di­gung des Lebens von Anfang bis zum natür­li­chen Tod: Wenn sich die Bischö­fe zu gesell­schaft­li­chen Fra­gen äus­sern, wer­den sie dafür oft kri­ti­siert. Nicht sel­ten spre­chen Poli­ti­ker der Kir­che das Recht ab, über­haupt öffent­lich Stel­lung zu bezie­hen. Soll­te die Kir­che in unse­rer plu­ra­li­sti­schen Gesell­schaft viel­leicht bes­ser schwei­gen? Bischof Charles Mor­e­rod, Vize­prä­si­dent der Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz, erklärt in sei­ner Bot­schaft zum 1. August, war­um auch die Stim­me der Kirche(n) in der gesell­schaft­li­chen Debat­te unver­zicht­bar ist. 

Eine öffent­li­che Posi­tio­nie­rung der Kir­che sei nicht auf eine Erklä­rung der Bischö­fe beschränkt, gibt Charles Mor­e­rod zu beden­ken. Aus­gangs­punkt einer der­ar­ti­gen Posi­tio­nie­rung sei­en vor­ab Men­schen, die sich für ihr Han­deln von ihrem Glau­ben inspi­rie­ren lies­sen. Der christ­li­che Glau­be müs­se näm­lich Kon­se­quen­zen haben, «sonst wäre er bedeu­tungs­los». Der Bischof der Diö­ze­se Lau­sanne-Genf-Frei­burg betont: «Weil der Christ glaubt, dass Gott die Men­schen liebt, ist er auf­ge­for­dert, es gleich zu tun und dies auch jenen gegen­über zu bezeu­gen, an die sonst nie­mand denkt». Die Prä­am­bel der schwei­ze­ri­schen Bun­des­ver­fas­sung sei von die­sem Geist des Evan­ge­li­ums geprägt, wenn sie «im Namen Got­tes, des All­mäch­ti­gen» fest­stel­le, «dass die Stär­ke des Vol­kes sich misst am Wohl der Schwa­chen». Der Vize­prä­si­dent der Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz weist dar­auf hin, dass eine sol­che Hal­tung nie selbst­ver­ständ­lich gewe­sen sei: «Die Rache ist spon­ta­ner als die Ver­ge­bung, und jede Gesell­schaft ist immer in Ver­su­chung, ihre Armen zu vergessen.»

Nach­sicht und Soli­da­ri­tät mit den Schwa­chen
Es brau­che die Ver­ge­bung und den Ein­be­zug der Schwa­chen auf ganz grund­le­gen­de Wei­se, damit eine fried­vol­le und huma­ne Gesell­schaft gelin­gen kön­ne. Wenn auch der Bei­trag des ein­zel­nen Chri­sten oder auch der gan­zen Kir­che «nicht immer auf der Höhe des Evan­ge­li­ums» sei, was die Glaub­wür­dig­keit ernst­haft beschä­di­ge, so dür­fe dies kein Grund sein, kur­zer­hand auf die Ver­kün­di­gung des Evan­ge­li­ums zu ver­zich­ten, mahnt der West­schwei­zer Bischof. Es brau­che jedoch die ste­te Erneue­rung des Glau­bens, damit die prak­ti­schen Kon­se­quen­zen dar­aus nicht schwach wür­den und schliess­lich abstürben. 

Dia­log mit ande­ren
Schliess­lich weist die Bot­schaft der Bischö­fe an eini­gen Bei­spie­len dar­auf hin, was eine christ­li­che Visi­on des mensch­li­chen Lebens für die Gesell­schaft bei­tra­gen kann. Eine reli­giö­se Sicht­wei­se hel­fe bei­spiels­wei­se dabei, den Dia­log mit ande­ren Reli­gio­nen zu füh­ren. Mus­li­me fürch­te­ten nicht etwa eine christ­li­che Gesell­schaft, son­dern eine sol­che, die der Reli­gi­on gar kei­nen Platz ein­räu­me. Über­haupt: Für den Dia­log zwi­schen Schwei­zern und Immi­gran­ten sei Reli­gi­on wich­tig, da die­se ihrer Reli­gi­on teil­wei­se sehr ver­bun­den seien. 

Mehr Gehör am 1. August
Die Stim­me der Kir­che in gesell­schaft­li­chen Debat­ten sei jeden­falls unver­zicht­bar. Wenn die Bischö­fe zu bestimm­ten gesell­schaft­li­chen The­men öffent­lich Stel­lung bezö­gen, so täten sie dies nicht nur gegen­über katho­li­schen Gläu­bi­gen, son­dern böten allen die christ­li­che Sicht­wei­se an. Dies tun zu dür­fen und dabei «wohl­wol­lend gehört zu wer­den», sei Vor­aus­set­zung für eine demo­kra­ti­sche Gesell­schaft, betont Charles Mor­e­rod. In der 1. August-Bot­schaft 2012 hat­te der St. Gal­ler Bischof Mar­kus Büchel, der­zeit Prä­si­dent der Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz, davor gewarnt, den Spar­he­bel bei den Bedürf­ti­gen anzu­set­zen. Christ­li­cher Umgang mit Geld bedeu­te, sich für eine gerech­te Ver­tei­lung der Güter ein­zu­set­zen. Gefor­dert sei­en poli­ti­scher Ein­satz, kari­ta­ti­ves Enga­ge­ment für Men­schen in unse­rer Umge­bung und Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit. 2011 hat­te der Ein­sied­ler Abt Mar­tin Wer­len namens der Bischö­fe die Bot­schaft ver­fasst. Die Kir­che sei poli­tisch, und zwar an vor­der­ster Front. Wer­len beton­te die Bedeu­tung des poli­ti­schen Enga­ge­ments für die Kir­che und alle Getauf­ten. Seit 2011 wen­den sich die Schwei­zer Bischö­fe in Abkehr einer lang­jäh­ri­gen Tra­di­ti­on nicht mehr am eid­ge­nös­si­schen Bet­tag (die­ses Jahr am 15. Sep­tem­ber) an die schwei­ze­ri­sche Öffent­lich­keit, son­dern am Natio­nal­fei­er­tag. Die Bet­tag­shir­ten­brie­fe hät­ten kaum mehr die brei­te Öffent­lich­keit erreicht, hiess es dazu aus der Bischofs­kon­fe­renz. Die Bedeu­tung des Bet­tags habe für die brei­te Bevöl­ke­rung stark abge­nom­men. Auch wür­den am Bet­tag vie­ler­orts öku­me­ni­sche Anläs­se durch­ge­führt, und da pas­se ein Hir­ten­brief nur von katho­li­scher Sei­te schlecht hin­ein.
kipa/acm

Die Erklä­rung im Wort­laut unter www.bischoefe.ch

 

Ihre Mei­nung: Um bes­ser gehört zu wer­den, for­mu­lie­ren die Schwei­zer Bischö­fe anstel­le von Hir­ten­brie­fen am Bet­tag nun Bot­schaf­ten zum Natio­nal­fei­er­tag. Ein gelun­ge­ner Coup?

 

Redaktion Lichtblick
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