Son­nen­wen­de — Zeitenwende

Son­nen­wen­de in der Mit­te des Jah­res, Zei­ten­wen­de in der Geburt Jesu — das Fest der Geburt von Johan­nes dem Täu­fer ver­bin­det Kos­mos und Geschichte.Kurz nach dem läng­sten Tag des Jah­res fei­ert die katho­li­sche Kir­che die Geburt Johan­nes des Täu­fers. Der Johan­nis­tag am 24. Juni ist ein Hoch­fest, das in enger Ver­bin­dung steht zur Som­mer­son­nen­wen­de, die zwi­schen dem 20. und dem 22. Juni statt­fin­det. Die bibli­sche Basis für das Fest fin­det sich im Lukas­evan­ge­li­um, in der Aus­sa­ge des Engels bei der Ver­kün­di­gung an Maria, dass Eli­sa­beth, die Mut­ter des Täu­fers, bereits im 6. Monat schwan­ger sei (Lk 1,36). Das Fest der Geburt Johan­nes des Täu­fers befin­det sich nicht zufäl­lig am ent­ge­gen­ge­setz­ten Ende des Jah­res­krei­ses zum Weih­nachts­fest am 25. Dezem­ber. Denn wenn die Son­ne am höch­sten steht, wen­det sich das Jahr.

«Er muss wach­sen, ich aber muss klei­ner werden»

«Er muss wach­sen, ich aber muss klei­ner wer­den», sag­te Johan­nes der Täu­fer zu den Jün­gern, die sich über Jesus, den ver­meint­li­chen Kon­kur­ren­ten des Täu­fers, beklag­ten (Joh 3,30). Theo­lo­gisch gese­hen wird so die Zeit in ihren kos­mi­schen Wen­de- und Hal­te­punk­ten mit dem Leben des irdi­schen Jesus ver­knüpft. Die Erfah­rung des abneh­men­den und zuneh­men­den Lich­tes spielt also nicht nur für die chri­sto­lo­gi­sche Deu­tung eines jeden Tages eine Rol­le, son­dern auch und in beson­de­rer Wei­se für die des Jah­res. Die bibli­sche Licht­me­ta­pho­rik ver­bin­det sich orga­nisch mit der unmit­tel­ba­ren kos­mi­schen Erfah­rung. Das Hoch­fest der katho­li­schen Kir­che geht bis ins 4. Jahr­hun­dert zurück. Das deu­tet dar­auf hin, dass es die Kir­che bei ihrer Aus­brei­tung in ande­re Kul­tu­ren ver­stand, das vor­christ­li­che Brauch­tum zur Som­mer­son­nen­wen­de auf­zu­grei­fen und gleich­sam zu «tau­fen».

Johan­nis­feu­er

In vie­len Län­dern Euro­pas hat sich ein aus­ge­präg­tes Brauch­tum um den Fest­tag her­um ent­wickelt. Zu den Bräu­chen zähl­te in der Johan­nis­nacht der Tanz um das Johan­nis­feu­er. Das Feu­er sym­bo­li­siert Licht und Son­ne. Dem Volks­glau­ben nach soll­te das Johan­nis­feu­er böse Dämo­nen und Hagel­schä­den abweh­ren. Johan­nis­feu­er sind vor allem in Skan­di­na­vi­en, den bal­ti­schen Staa­ten und in Deutsch­land Teil des leben­di­gen Brauch­tums. Das Feu­er wird meist in der Nacht vor dem Johan­nis­tag ange­zün­det. Vor allem auf Ber­gen ist es ein altes Sym­bol für die Son­ne und damit für Chri­stus. Eine Ent­ste­hungs­theo­rie zu den Schwei­zer Höhen­feu­ern am 1. August besagt, dass die­se eben­falls auf die Mitt­som­mer­feu­er zurück­ge­hen. So schreibt auch das lit­ur­gi­sche Insti­tut der Schweiz: «Die ein­sti­gen Johan­nis­feu­er sind in der Schweiz meist in die 1. August-Feu­er auf­ge­gan­gen.»

Johan­nis­kranz

Dem Johan­nis­kraut, das um die­se Jah­res­zeit blüht, schrieb man Abwehr­ei­gen­schaf­ten gegen Gei­ster und Teu­fel zu. Die Johan­nis­bee­re hat ihren Namen, weil sie um die­sen Tag ihre Rei­fe erreicht. Bekannt ist vor allem im Bal­ti­kum der Brauch jun­ger Mäd­chen den Johan­nis­kranz aus Blu­men und Kräu­tern zu flech­ten. Der tra­di­tio­nel­le Johan­nis­kranz besteht aus Bär­lapp, Bei­fuss, Eichen­laub, Farn­kraut, Johan­nis­kraut, Klatsch­mohn, Korn­blu­men, Lili­en, Rit­ter­sporn und Rosen.

Stär­ker als der Tod

Das Johan­nis­feu­er erhält sei­ne Kraft aus dem Oster­feu­er, dem Zei­chen für den Sieg des Lichts über die Dun­kel­heit, des Lebens über den Tod. Gera­de wenn die Erfah­rung des Klei­ner-Wer­dens sich ein­stellt, dür­fen Chri­sten hof­fen: «Und das Licht leuch­tet in der Fin­ster­nis, und die Fin­ster­nis hat es nicht erfasst… Aus sei­ner Fül­le haben wir alle emp­fan­gen, Gna­de über Gna­de.» (Joh 1,5.16).Johan­nes der Täu­fer im AargauDie drei Aar­gau­er Pfar­rei­en Dot­ti­kon, Lau­fen­burg und Mel­lin­gen ver­eh­ren Johan­nes den Täu­fer als Kirchenpatron.

Marie-Christine Andres Schürch
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