Soli­da­ri­tät mit kop­ti­schen Christen

Am 1. Sep­tem­ber wur­de in Bad Zurz­ach der Verena­tag gefei­ert. Der Gedenk­tag der kop­ti­schen Hei­li­gen, die im 4. Jahr­hun­dert aus Ägyp­ten nach Zurz­ach kam, ist Anzie­hungs­ma­gnet für vie­le Chri­sten weit über die Gren­zen des Fleckens, ja sogar über die Lan­des­gren­zen hin­aus. Vere­na, die Frau aus dem ägyp­ti­schen The­ben, hat­te hier in der Frem­de Mit­chri­sten und eine neue Hei­mat gefun­den. So ist ihr Grab im Veren­a­mün­ster immer auch Gebets­ort für kop­ti­sche Chri­sten, die in der Schweiz leben oder auf Besuch sind. Wie­der­holt haben auch kop­ti­sche Prie­ster oder Bischö­fe den Fest­got­tes­dienst am Verena­tag mit­ge­fei­ert. Die­ses Jahr führ­te der Verena­tag zu einer inter­es­san­ten Begegnung. 

Ange­sichts der dra­ma­ti­schen Ereig­nis­se in Ägyp­ten und ande­ren Län­dern rund ums Mit­tel­meer war es den Seel­sor­gern der St. Vere­na Pfar­rei ein Anlie­gen, am dies­jäh­ri­gen Verena­tag auch auf die aktu­ell schwie­ri­ge Situa­ti­on der kop­ti­schen Chri­sten in Ägyp­ten auf­merk­sam zu machen. Einer­seits konn­ten die Mit­fei­ern­den des Fest­tags durch ihre Unter­schrift auf einem gros­sen Pla­kat Soli­da­ri­tät mit den bedräng­ten Mit­chri­sten in Ägyp­ten aus­drücken, ande­rer­seits wur­de die Kol­lek­te fürs Vere­na­ban­kett zwei ägyp­ti­schen Bis­tü­mern zuge­dacht. Die Kol­lek­te von 3000 Fran­ken wur­de Ende Sep­tem­ber je zur Hälf­te an Bischof Tadros aus Port Said und an Bischof Bie­men aus Luxor weitergeleitet.

Begeg­nung mit Pater Isi­do­ros
Das Soli­da­ri­täts-Pla­kat mit den vie­len Unter­schrif­ten konn­te der Pasto­rals­si­stent der Pfar­rei St. Vere­na Bad Zurz­ach, Mar­cus Hütt­ner, Pater Isi­do­ros von der «Kop­ti­schen Kir­che in der Deutsch­schweiz» über­ge­ben. Bei der Ankunft in Diet­li­kon traf er auf ein klei­nes, etwas ver­steckt lie­gen­des Got­tes­haus – und einen beein­drucken­den kop­ti­schen Prie­ster. «Pater Isi­do­ros erwar­te­te mich im Ein­gangs­be­reich der Kir­che, und zeig­te sich sehr erfreut über unser Pla­kat und die Soli­da­ri­täts­ak­ti­on. Spon­tan räum­te er die gros­se Infor­ma­ti­ons­ta­fel im Ein­gangs­be­reich der Kir­che ab, um Platz für das Pla­kat zu schaf­fen. Alle Got­tes­dienst­be­su­chen­den wer­den in den kom­men­den Wochen direkt dar­an vor­bei­lau­fen.» erzählt Mar­cus Hütt­ner von der ersten Begegnung.

Mönch und Prie­ster
Pater Isi­do­ros nahm sich Zeit für Fra­gen, und erzähl­te auch von sich und sei­nem Weg als Prie­ster. Sein vol­ler Name lau­tet Pater Isi­do­ros El-Anba-Samu­el, was nicht sein Nach­na­me ist, son­dern auf sei­ne klö­ster­li­che Her­kunft deu­tet. Anba-Samu­el ist der Name des ägyp­ti­schen Klo­sters, dem Pater Isi­do­ros ange­hört. 2003 kam er ins Klo­ster St. Anto­ni­us nahe Frankfurt/D. Dort befin­det sich eine kop­tisch-christ­li­che Hoch­schu­le, an der er vier Jah­re lang sei­ne theo­lo­gi­schen Stu­di­en absol­vier­te. Seit März 2007 ist er nun als kop­ti­scher Prie­ster in der Schweiz tätig. Da er jedoch als «Mönchsprie­ster» die Auf­la­ge hat, auch wei­ter­hin in einem Klo­ster zu leben, wohnt Pater Isi­do­ros seit­dem im Bene­dik­ti­ner­klo­ster Ein­sie­deln. Unter der Woche ist er dort meh­re­re Tage lang Mit­glied der Mönchs­ge­mein­schaft, nimmt am Essen und am Stun­den­ge­bet teil. Eini­ge Tage pro Woche ver­bringt er in Diet­li­kon, wo Kir­che und Gemein­de­zen­trum sind.

Bat­te­rien auf­la­den
Pater Isi­do­ros ist für alle Kop­ten in der Deutsch­schweiz zustän­dig, aktu­ell rund 120 Fami­li­en. Hin und wie­der mie­tet er in Biel oder St. Gal­len eine klei­ne Kir­che an, um auch in die­sen Lan­des­tei­len Got­tes­dien­ste für die dort leben­den Kop­ten anzu­bie­ten. Ein­mal pro Jahr kehrt er für drei Wochen heim in sein Mut­ter­klo­ster in Ägyp­ten, um – wie er es aus­drückt – sei­ne «Bat­te­rien auf­zu­la­den». Die Kop­ti­sche Kir­che kennt sowohl Mönchsprie­ster, die ihr gan­zes Leben im Klo­ster ver­brin­gen, als auch ver­hei­ra­te­te Prie­ster, die selbst­ver­ständ­lich mit ihrer Fami­lie leben. Unter­schei­den kön­ne man die Prie­ster an ihrer jewei­li­gen Kopf­be­deckung, erklär­te Pater Isidoros.

Gebäu­de las­sen sich repa­rie­ren, tote Mit­ar­bei­ter nicht
Auf die Situa­ti­on der kop­ti­schen Chri­sten in Ägyp­ten ange­spro­chen, berich­te­te Pater Isi­do­ros von Papst Tawa­dros II., dem in Ägyp­ten leben­den Patria­chen aller Kop­ten welt­weit. Am 4.November 2012 wur­de Papst Tawa­dros per Los­ent­scheid zum 118. Ober­haupt der kop­tisch-ortho­do­xen Kir­che gewählt. Die Ortho­do­xe Kir­che beruft sich auf den Evan­ge­li­sten Mar­kus, der ver­mut­lich 61–68 n. Chr. in Alex­an­dri­en das Evan­ge­li­um ver­kün­de­te und den ersten Bischof vor Ort ein­setz­te. In der aktu­el­len poli­ti­schen Lage in Ägyp­ten hat das kop­ti­sche Ober­haupt sei­ne Prie­ster im Land auf­ge­for­dert, Kir­chen, Klö­ster und ande­re kirch­li­che Gebäu­de nicht gegen angrei­fen­de Fana­ti­ker zu ver­tei­di­gen. Gebäu­de lies­sen sich wie­der auf­bau­en, ein toter Mit­ar­bei­ter jedoch wäre ein uner­setz­li­cher Ver­lust. Papst Tawa­dros hat seit Aus­bruch der Unru­hen alle offi­zi­el­len Ter­mi­ne abge­sagt: kei­ne Pre­dig­ten, kein öffent­li­ches Bege­hen der Fasten­zeit oder Hym­nen­sin­gen. Zudem war es Tra­di­ti­on, dass er jeden Mitt­woch in der Kai­ro­er St. Mar­kus-Kathe­dra­le sei­ne berühm­te «Mitt­wochspre­digt» hielt. Die­se Auf­trit­te ruh­ten eben­falls seit. Mit­te Juni. Wie Pater Isi­do­ros berich­te­te, plant das Ober­haupt der Kop­ten, ab Ende Sep­tem­ber sei­ne wöchent­li­chen Pre­dig­ten wie­der aufzunehmen.

Brücken­baue­rin
Mar­cus Hütt­ner zeig­te sich bewegt und beein­druckt von sei­nem Besuch in Diet­li­kon: «Mein Auf­ent­halt war zwar kurz, aber herz­lich und berei­chernd. Für die Ein­blicke in die­se alte, tra­di­ti­ons­rei­che christ­li­che Gemein­schaft bin ich sehr dank­bar – schön, dass die Hei­li­ge Vere­na auch noch so vie­le Jahr­hun­der­te nach ihrem Tod als Brücken­baue­rin wirkt.» 

Mar­cus Hüttner

 

Redaktion Lichtblick
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