Showdown im Wasserschloss-Streit
- Der umstrittene Salvatorianerpater Adam Serafin bleibt in Gebenstorf-Turgi: Ihm wurde die bestehende Missio nicht entzogen, sondern eine neue ausgestellt.
- In Birmenstorf, wo Kirchenpflegepräsidentin Ruth Rippstein den Kurs des Bischofs unterstützt, kümmert sich neu der 77-jährige Hans-Peter Schmidt um die seelsorgerischen Belange der Menschen.
- Die progressive Opposition will an der Kirchgemeindeversammlung den Kirchenpflegepräsidenten stürzen. Dieser weiss allerdings 200 Unterstützer hinter sich, die Pater Adam als Pfarrverantwortlichen behalten wollen.
«Der Bischof greift durch!» Wirklich?
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Ein Kommentar von Andreas C. Müller, Redaktionsleitung
«Der Bischof greift durch», titelte die Aargauer Zeitung mit Bezug auf den öffentlichen Brief von Felix Gmür in «Horizonte». Der umstrittene Pater Adam Serafin ist nun Kaplan in Gebenstorf-Turgi. Seine Missio wurde ihm nicht entzogen, er hat eine neue erhalten. Nennt man das Durchgreifen?
Der Bischof hat sich gescheut, Pater Adam Serafin die Missio zu entziehen. Er hat Angst vor einem zweiten Röschenz, das seinem Vorgänger Kurt Koch eine böse Niederlage bescherte. Bischof Felix Gmür weiss: Pater Adam Serafin würde in Rom rekurrieren und dürfte dort auf Unterstützung hoffen – insbesondere angesichts der unlängst erlassenen Instruktion aus Rom , welche die Gemeindeleitung zwingend an das Sakrament der Priesterweihe bindet.
Indem Bischof Felix seinem Bischofsvikar Valentine Koledoye die Pfarrverantwortung überträgt und Pater Adam Serafin vorerst mit sakramentalen Diensten weiterwirken lässt, spielt er auf Zeit. Die einzige Hoffnung für Solothurn, den umstrittenen Salvatorianer-Pater loszuwerden, ist die progressive Opposition, die an der Kirchgemeindeversammlung am 24. November den Kirchenpflegepräsidenten Daniel Ric stürzen will. Wie sie es anstellen will, bleibt abzuwarten. Es ist kein Wahljahr.
Wenn Daniel Ric die diesjährige Kirchgemeindeversammlung als Präsident mit einer Mehrheit schliesst, dürfte es für Solothurn ungemütlich werden. Immerhin spricht Daniel Ric von 200 Unterstützern, die sich dafür stark machen wollen, dass Pater Adam die Pfarrverantwortung in den Pfarreien des Wasserschlosses übernimmt.
Daniel Ric hat bis anhin keine Kosten und Mühen gescheut, seinen Kurs sorgfältig zu verfolgen. Alle Kritik an seiner Amtsführung hat er bisher zurückweisen können. So konnte ihm denn auch der Rücktrittsaufruf des Präsidenten des Kirchenrates der Römisch-Katholischen Landeskirche nichts anhaben.
Die Messer sind gewetzt, am 24. November wird die lang erwartete Schlacht ums Wasserschloss geschlagen. Nicht in Solothurn, sondern an der Kirchgemeindeversammlung. Das zeigt, wer im Bistum Basel in kirchlichen Dingen die Macht hat. Ein Bischof kann hier nicht einfach so durchgreifen, sondern muss geschickt taktieren. Und genau das versucht Felix Gmür. Ob er es besser vermag als sein Vorgänger, wird sich weisen.
Seit Monaten schwelt der Konflikt im Wasserschloss: Im Streit liegen das Bistum und die Kirchgemeinde Gebenstorf-Turgi. Der Grund? Pater Adam Serafin, der als Priester mit Pfarrverantwortung in den Gemeinden Birmenbstorf, Gebenstorf und Turgi zusammen mit Peter Daniels wirkte. Letzterer hat als Gemeindeleiter auf Ende September demissioniert.
Rechtsgutachten gegen Anstellungspraxis
Einer Vereinbarung mit dem Bistum zufolge hätte Pater Adam Serafin nach der Demission des Gemeindeleiters ebenfalls seine Stelle aufgeben sollen. Während die Kirchenpflege-Präsidentin von Birmenstorf, Ruth Rippstein, sich klar für die Einhaltung dieses Vertrages aussprach, weigerte sich Daniel Ric, Kirchgemeindepräsident von Gebenstorf-Turgi, dieser Vereinbarung nachzukommen. Ein solches Abkommen, welches das Bistum den Kirchgemeinden abgerungen hatte, um seinerzeit den von ihnen vorgeschlagenen Salvatorianerpater als Priester zu erhalten, sei rechtlich nicht bindend, sagt er.
Um seine Haltung abzustützen, legte Daniel Ric unlängst ein Rechtsgutachen von alt-Bundesrichter Peter Karlen vor. Und 200 Unterschriften von Gläubigen, die sich dafür aussprechen, dass Pater Adam Serafin bleiben darf. «Die Unterschriften sind binnen einer Woche zusammengekommen», erklärt Daniel Ric. 80 Prozent stammten von Pfarrei-Angehörigen, der Rest von Gläubigen aus anderen Pfarreien.
Bischof Gmür schickt Bischofsvikar
In einem offenen Brief an die Gläubigen in den Pfarreien hat Bischof Felix Gmür nun erklärt, dass Pater Adam zumindest bis Ende Jahr in den Pfarreien Gebenstorf-Turgi bleiben kann – als Kaplan ohne Pfarrverantwortung. Gmürs Bischofsvikar Valentine Koledoye hat hierfür eine befristete Missio ausgestellt. «Eine solche stellt immer der Bischofsvikar aus», erklärt Nicole Jörg vom Bistum Basel.
Daniel Ric, Präsident der Kirchenpflege von Gebenstorf-Turgi stellt fest: «Nun hat Pater Adam zwei Missios, eine vom Bischof, eine vom Bischofsvikar». «Nein», entgegnet Nicole Jörg: «Pater Adam hat nur eine Missio, und zwar die neue. Die alte ist nicht mehr gültig, da es keinen Gemeindeleiter mehr gibt, mit dem er, so stand es in der alten Missio, zusammenarbeiten sollte».
Daniel Ric: «Adam hat zwei Missios»
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«Das entspricht nicht den Tatsachen», schlussfolgert Daniel Ric: «Das Gutachten von alt-Bundesrichter Karlen macht klar, dass der Gemeindeleiter keine Funktion hat, welche die Aufgabe des pfarrverantwortlichen Priesters beeinträchtigt. Der Gemeindeleiter erledigt administrative und organisatorische Arbeiten und trägt daher keine Verantwortung in sakramentalen Fragen». Darüber hinaus stellt Daniel Ric fest: «Bischofsvikar Koledoye erklärt zwar, die Pfarrverantwortung in Birmenstorf, Gebenstorf und Turgi übernommen zu haben, doch haben wir ihn hier noch nicht gesehen und er hat auch nie ein Dokument vorgelegt, welches ihm bescheinigt, diese Verantwortung zu tragen. Pater Adam hat dagegen die gültige Missio des Bischofs».
Gegen diese Vorwürfe verwahrt sich der Bischofsvikar. «Ich nehme die Verantwortung wahr, wie es sein sollte». Verantwortung bedeute in diesem Zusammenhang ja nicht, dass er vor Ort leben müsse, sondern vor allem, dass er dafür sorge, dass die pastoralen Dienste in den betreffenden Gemeinden erfüllt würden. «Und genau das tue ich», erklärt der Bischofsvikar. «Mit Hans-Peter Schmidt, dem ehemaligen leitenden Priester vom Pastoralraum am Mutschellen, habe ich vorläufig eine kompetente Ansprechperson für Birmenstorf gefunden. Zudem ist Pater Adam bis Ende Jahr als Kaplan in Gebenstorf und Turgi eingesetzt.
Die «Gruppe der 72» bläst zum Angriff
In Gebenstorf-Turgi kämpft also die Kirchenpflege mit 200 Unterstützern dafür, dass Pater Adam die Pfarrverantwortung behalten darf – gegen den Widerstand des Bistums und einer oppositionelle Gruppe, die einen Kurswechsel wünscht.
[esf_wordpressimage id=“23315” width=“half” float=“right”][/esf_wordpressimage]«Wir sind sehr froh über die klaren Worte unseres Bischofs: Ab 1. Oktober ist Pater Adam nicht mehr Mitarbeitender Priester mit Pfarrverantwortung, sondern nur noch Kaplan», so Hilde Seibert von der Gruppe der 72. «Er ist dem Bischofsvikar unterstellt und hat keine Entscheidungsbefugnis mehr. «Dieser Entscheid des Bistums zeigt, dass man dort die unseligen Jahre der exzessiven Machtausübung durch Pater Adam erkannt hat und beenden will».
Abwarten in Birmenstorf
Mit dem Entscheid des Bistums im Rücken will nun die Gruppe der 72 an der anstehenden Kirchgemeindeversammlung im November zum Angriff übergehen: «Nachdem also das Bistum gehandelt und auch der Kirchenrat mit klaren Worten den Rücktritt unseres Kirchenpflegepräsidenten gefordert hat, ist es an uns, nun ebenfalls Verantwortung zu übernehmen», erklärt Hilde Seibert und kündigt an: «Das tun wir, indem wir an der Kirchgemeindeversammlung vom 24. November bei den anstehenden Ersatzwahlen versuchen werden, mit vier eigenen Kandidaten unseren Einfluss geltend zu machen. Und wer weiss: Vielleicht steht Daniel Ric ja zu seinem Wort: Er hat erklärt, er würde sofort zurücktreten, wenn er seine Arbeit in Nachfolge-Hände legen könnte. Diese Hände und Köpfe sind jetzt da.»
In Birmenstorf wartet man gelassen ab. Kirchenpflegepräsidentin Ruth Rippstein sagt: «Der Bischof hat entschieden und ich bin dankbar über diesen Entscheid».
Bischofvikar Koledoye: «Es dürfte schwierig werden!»
Bischofvikar Koledoye bleibt vorsichtig und meint: «In Birmenstorf stösst unser Kurs auf gutes Einvernehmen. In Gebenstorf und Turgi wird es schwierig». Auf eine Prognose angesprochen, meint der Bischofsvikar: «Es gibt ein bekanntes Sprichwort: Gestern ist Geschichte, heute ist ein Geschenk und morgen ein Geheimnis. Das heisst für mich, dass ich die Zukunft zu einem Teil vertrauensvoll in Gottes Hände lege und deshalb in letzter Konsequenz auch keine Aussagen über die Zukunft mache».