Segen für Mensch, Hund und Kuscheltier

Mit dem Hund in die Kir­che? Zu frü­he­ren Zei­ten undenk­bar. Mitt­ler­wei­le wid­met sich die Theo­lo­gie auch den Tie­ren und es gibt eigens Tier­got­tes­dien­ste. Hori­zon­te hat eine sol­che Fei­er im Frick­tal besucht – dort wur­den sogar Plüsch­tie­re gesegnet.«Das ist der erste Got­tes­dienst in die­ser Art», begrüsst Jac­que­line Lore­tan an jenem lau­en Sams­tag­nach­mit­tag im Juni bei strah­len­dem Son­nen­schein alle Anwe­sen­den bei der Chornd­le­te-Kapel­le ober­halb von Frick. Der Aus­blick auf die Gemein­de mit ihrem von Wei­tem sicht­ba­ren Kirch­turm ist herr­lich, ein Stoff­po­ny direkt vor dem klei­nen Dach­rei­ter der Kapel­le zeigt an, dass beim heu­ti­gen Got­tes­dienst die Tie­re im Mit­tel­punkt ste­hen. Eine Gegen 30 Män­ner, Frau­en und Kin­der mit gesamt­haft fünf Hun­den und vie­len, vie­len Stoff­tie­ren haben sich ein­ge­fun­den. Die Hun­de beschnup­pern ein­an­der, wer­den teils kurz mal laut, doch die Stim­mung bleibt fried­lich. Die Kin­der packen sich mit ihren Stoff­tie­ren auf die Bän­ke oder tum­meln sich auf einer Pick­nick­decke.

Kei­ne Selbstverständlichkeit

In den Bank­rei­hen Platz genom­men hat auch Regi­na Voss mit ihrem Ter­ri­er Sora­ya. Die gebür­ti­ge Frick­ta­le­rin nimmt zum ersten Mal an einem Tier­got­tes­dienst teil «und fin­det es schön, dass es so etwas gibt.» Seit einer Bege­ben­heit im Klo­ster Fahr neh­me sie ihren Hund immer mit in die Kir­che. Frü­her sei das nicht selbst­ver­ständ­lich gewe­sen und noch vor zwan­zig Jah­ren hät­te sie sich das nicht getraut. Eine Schwe­ster im Fahr hät­te sie dann erst­mals ermu­tigt, ihren Hund – damals Bole­ro – in die Kir­che mit­zu­neh­men. Auch Tie­re sei­en Geschöp­fe Got­tes, habe die Bene­dik­ti­ne­rin gemeint.Pfar­rer Tho­mas Sid­ler ist inzwi­schen in die Tuni­ka geschlüpft, hat Head­set­mi­kro­phon und Gitar­re mon­tiert: «Wir wol­len heu­te Dan­ke sagen für unse­re Tie­re, an sie den­ken und ihnen etwas Gutes vom Liäb­gott her wün­schen», begrüsst er die Anwe­sen­den. «Auch die Tier­li hat der lie­be Gott gemacht und hat sie gern… so wie ihr eure Tie­re und Stoff­tie­re gern habt, fährt Tho­mas Sid­ler fort, der sich in einer ein­fa­chen und direk­ten Spra­che gekonnt auch an die Kin­der rich­tet.

Media­le Auf­merk­sam­keit und Skepsis 

Wir wer­den in der näch­sten hal­ben Stun­de zusam­men sin­gen, beten und auch etwas über unse­re Tie­re erzäh­len, erläu­tert Jac­que­line Lore­tan den Ablauf. Die Idee zu die­sem spe­zi­el­len Got­tes­dienst am 10. Juni 2017 sei ihr im Lau­fe ihrer Tätig­keit als Pfar­rei­se­kre­tä­rin gekom­men. «Mein Hund Taro war sehr viel im Pfarr­haus mit dabei.Töff­fah­rer, Auto­fah­rer – alle bekä­men einen Got­tes­dienst», so Jac­que­line Lore­tan. «Aber die Haus­tie­re?» Und weil sie beob­ach­tet habe, wie wich­tig ihrem Sohn und ande­ren Kin­dern das Plüsch­tier sei, kam sie auf die Idee, die Kuschel­tie­re doch auch gleich ein­zu­be­zie­hen. Sie habe «bei ihrem ehe­ma­li­gen Chef, Pfar­rer Sid­ler ange­fragt», ob er sich vor­stel­len kön­ne, einen sol­chen Got­tes­dienst zu gestal­ten. Die­ser sei dar­auf ein­ge­stie­gen und so habe sich eins ums ande­re erge­ben.Sogar die Aar­gau­er Zei­tung wid­met dem Anlas­se ihre Auf­merk­sam­keit: Mög­li­cher­wei­se ein «Irr­weg» oder «PR-Gag» müs­se das sein, schreibt Tho­mas Wehr­li, Res­sort­lei­ter Frick­tal, in einem Zwi­schen­ruf. Die Idee pola­ri­siert – auch an der Basis. «Ich habe mich gefragt, ob man damit nicht ein­fach nur Leu­te anlocken will, meint bei­spiels­wei­se Hori­zon­te-Lese­rin und Sakri­stanin Maria Mei­er aus Zei­hen.

Kin­der­le­bens­welt ernst nehmen

Tho­mas Sid­ler ist mit Tier­seg­nun­gen ver­traut. Als eine Seu­che umging, wur­de er sogar schon zur Seg­nung von Hun­der­ten von Hüh­nern geru­fen. Plüsch­tie­re hin­ge­gen sind auch für den gestan­de­nen Seel­sor­ger etwas Neu­es. «Wir Katho­li­ken seg­nen ja auch Gegen­stän­de wie bei­spiels­wei­se Motor­rä­der oder Ehe­rin­ge», erklärt der 64-Jäh­ri­ge. Aller­dings, so prä­zi­siert er, gehe es bei so etwas immer um den Men­schen und dar­um, dass er sich mit Blick auf den geseg­ne­ten Gegen­stand an die Fei­er und sein Ver­trau­en zu Gott erin­nert. Über­setzt auf die Plüsch­tie­re heis­se das: «Ich will den Kin­dern mit­ge­ge­ben, dass Gott sie in glei­chem Mas­se beglei­ten will, wie ihnen das Plüsch­tier in vie­len Momen­ten Gefähr­te, Zuflucht und Trost ist.» Und über­haupt: Es sei doch wich­tig, dass die Kir­che die Lebens­welt der Kin­der ernst neh­me – und dazu gehör­ten nun mal Plüschtiere.
Andreas C. Müller
mehr zum Autor
nach
soben