Schon im Gar­ten Eden: Der ande­re wars!

Schon im Gar­ten Eden: Der ande­re wars!

Gene­sis 3,9–15Gott, der Herr, rief Adam und sprach zu ihm: Wo bist du? Er ant­wor­te­te: Ich habe dich im Gar­ten kom­men hören; da geriet ich in Furcht, weil ich nackt bin, und ver­steck­te mich. Dar­auf frag­te er: Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist? Hast du von dem Baum geges­sen, von dem zu essen ich dir ver­bo­ten habe? Adam ant­wor­te­te: Die Frau, die du mir bei­gesellt hast, sie hat mir von dem Baum gege­ben und so habe ich geges­sen. Gott, der Herr, sprach zu der Frau: Was hast du da getan? Die Frau ant­wor­te­te: Die Schlan­ge hat mich ver­führt und so habe ich gegessen. Da sprach Gott, der Herr, zur Schlan­ge: Weil du das getan hast, bist du ver­flucht unter allem Vieh und allen Tie­ren des Fel­des. Auf dem Bauch sollst du krie­chen und Staub fres­sen alle Tage dei­nes Lebens. Feind­schaft set­ze ich zwi­schen dich und die Frau, zwi­schen dei­nen Nach­wuchs und ihren Nach­wuchs. Er trifft dich am Kopf und du triffst ihn an der Ferse.Ein­heits­über­set­zung 

Schon im Gar­ten Eden: Der ande­re wars!

«Papa, glaubst du eigent­lich dar­an, dass Gott die Welt in nur sie­ben Tagen erschaf­fen hat?» – Damit kon­fron­tier­te mich jüngst mein Sohn, der in der Schu­le mit einem Klas­sen­ka­me­ra­den einen Dis­put geführt hat­te: Theo­lo­gie ver­sus Natur­wis­sen­schaf­ten. Bei die­ser unver­hoff­ten Fra­ge muss­te ich zunächst ein­mal etwas schlucken und dann Luft holen. Wäh­rend­des­sen flo­gen mir tau­send Gedan­ken durch den Kopf: Oh je, wie erklä­re ich das einem Zehn­jäh­ri­gen? Um was geht es denn bei der Schöp­fungs­ge­schich­te? Was ist eigent­lich mei­ne eige­ne, per­sön­li­che Auf­fas­sung?Als ehe­ma­li­ger Hob­by­astro­nom war ich mit etli­chen Ent­ste­hungs­theo­rien lai­en­haft ver­traut, und ich erin­ner­te mich zudem an eine Wei­ter­bil­dung, bei der ein pro­mo­vier­ter Phy­si­ker, Phi­lo­soph und Theo­lo­ge in Per­so­nal­uni­on mit uns Teil­neh­mern die­se Fra­gen abge­klap­pert hat­te. Am nach­hal­tig­sten in Erin­ne­rung blieb mir sei­ne War­nung in Erin­ne­rung, Theo­lo­gie und Natur­wis­sen­schaft unter einen Hut krie­gen zu wol­len. In sei­nen Augen waren die Fra­ge­stel­lun­gen zu unter­schied­lich: Wäh­rend sich die Natur­wis­sen­schaft für das War­um inter­es­sie­re, fra­ge die Theo­lo­gie nach dem Wozu. Das natur­wis­sen­schaft­li­che Kau­sa­li­täts­den­ken sei nicht kom­pa­ti­bel mit dem theo­lo­gi­schen Fra­gen nach dem Sinn. So ver­such­te ich mei­nem Sohn klar zu machen, dass der Schöp­fungs­be­richt nicht im Sin­ne eines histo­ri­schen Romans zu lesen sei, son­dern dass er wesent­li­che Din­ge aus­sa­gen will über den Men­schen und sei­ne Bezie­hung zu Gott.Um genau das geht es auch in der hier vor­ge­stell­ten Sequenz, die klas­si­scher­wei­se als «Sün­den­fall» cha­rak­te­ri­siert wird. Aller­dings wird die­se Zuwei­sung der Sache nur halb­wegs gerecht. In mei­nen Augen geht es weni­ger um die Fra­ge von Sün­de und Schuld, son­dern viel­mehr dar­um, dass der Mensch sei­ne kind­li­che Unschuld ver­liert, indem er sich der Erkennt­nis von Gut und Böse bemäch­tigt.Gele­gent­lich pfle­ge ich zu sagen, dass jeder Mensch im inner­sten Kern dar­um weiss, was gut ist und was böse. Ich fin­de, dass es in uns ange­legt ist. Dabei machen wir auch immer wie­der selbst die Erfah­rung, dass wir eigent­lich das Gute wol­len, es aber nicht tun, im Gegen­teil! Und so ganz ver­traut kommt mir auch die Reak­ti­on von Adam und von Eva vor: Der ande­re wars! So ent­steht eine gan­ze Ver­ket­tung von Unfrie­de und Streit, auch unter eng­sten Ver­wand­ten. Als Sozi­al­ar­bei­ter erfah­re ich dies oft dann, wenn die Eltern ster­ben, und wenn es ums Erben geht. Da ist jeder sich selbst der Näch­ste, und es fan­gen Strei­tig­kei­ten an, bei denen man schluss­end­lich nicht ein­mal mehr weiss, wer über­haupt ange­fan­gen hat.Um was geht es dann in die­ser bibli­schen Urge­schich­te im Sin­ne des «Wozu»? In mei­nen Recher­chen zum Text bin ich auf einen Gedan­ken von Blai­se Pas­cal gestos­sen, der in mei­nen Augen den Kern der gesam­ten Schöp­fungs­ge­schich­te erfasst: «Gefähr­lich ist es, dass man den Men­schen zu sehr dar­auf hin­weist, dass er den Tie­ren gleicht, ohne ihm zugleich sei­ne Grös­se vor Augen zu füh­ren.» Noch gefähr­li­cher ist es, wenn man ihm sei­ne Grös­se ohne sei­ne Nich­tig­keit vor Augen führt.»Mathi­as Jäg­gi, Theo­lo­ge und Sozi­al­ar­bei­ter in der Pfar­rei Heilig-Kreuz, Bin­nin­gen-Bot­t­min­gen, Berufs­schul­leh­rer und Fachhochschuldozent
Redaktion Lichtblick
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