Schöne Momente

Schöne Momente

Sprich­wörter 9,1–6Die Weisheit hat ihr Haus gebaut, ihre sieben Säulen behauen. Sie hat ihr Vieh geschlachtet, ihren Wein ­gemis­cht und schon ihren Tisch gedeckt. Sie hat ihre Mägde aus­ge­sandt und lädt ein auf der Höhe der Stadt­burg: Wer uner­fahren ist, kehre hier ein. Zum ­Unwis­senden sagt sie: Kommt, esst von meinem Mahl und trinkt vom Wein, den ich mis­chte! Lasst ab von der Torheit, dann bleibt ihr am Leben und geht auf dem Weg der Ein­sicht! Ein­heit­süber­set­zung 

Schöne Momente

Der Som­mer ist als Jahreszeit für lauschige Feste im Garten prädes­tiniert. Was gibt es Schöneres, als mit Fre­un­den an einem lauen Som­mer­abend draussen zu sitzen und etwas Feines zu essen. In vie­len Berufen ist der Som­mer zudem eine Zeit, in der es nicht allzu stres­sig ist. Das lädt ger­adezu dazu ein, noch etwas länger als gewohnt sitzen zu bleiben. Ein kleines Feuer und der Ster­nen­him­mel erin­nern ein wenig an unbeschw­erte Stu­den­ten­zeit­en.Auch bei uns ist für mor­gen ein schönes Garten­fest ange­sagt, und schon den ganzen Tag freue ich mich darauf, meine Fre­unde bei mir zuhause zu begrüssen. Ich möchte mit ihnen gut essen, plaud­ern, Musik machen, Zeit ver­brin­gen. Alles soll schön und feier­lich vor­bere­it­et wer­den und zum gemütlichen Ver­weilen ein­laden! Der Rasen ist gemäht, die Fes­t­bänke bere­it­gestellt und ein paar Girlan­den lassen Stim­mung aufkom­men. Ich habe immer gerne Feste gefeiert, aber ich nahm diese Momente oft als selb­stver­ständlich hin.Nach dem plöt­zlichen Tod mein­er jüng­sten Schwest­er wurde mir jedoch auf einen Schlag eine Frage ganz wichtig: Was macht das Leben lebenswert? Was ist denn wirk­lich wichtig? Was zählt am Ende?Die Antwort fand ich in der Frage, was mir von mein­er Schwest­er an Gutem in Erin­nerung blieb. Mir fiel auf, dass dies die schö­nen Momente waren, in denen wir zusam­men etwas Tolles erlebt hat­ten. Egal ob es eine Fam­i­lien­feier war, ein Fernse­habend, ein küh­les Bier mit ihr oder zusam­men im Garten sitzen und den Ster­nen­him­mel betra­cht­en, gemein­sam ver­brachte Urlaub­stage.Mir wurde bewusst, dass so vieles, auf das wir im All­t­ag Wert leg­en, und worauf wir gar unser Leben bauen, gar nicht so wichtig ist. Am Ende zählt die gemein­sam erlebte und geteilte Zeit, die wir mit anderen Men­schen ver­bracht haben. Die gemein­samen, schö­nen Momente, in denen wir wertschätzend, helfend und gut miteinan­der umge­gan­gen sind, wer­den uns bleiben und wichtig sein.Die Frau Weisheit zumin­d­est scheint ihren Stil gefun­den zu haben. Es scheint eine vornehme und ver­mö­gende Dame zu sein. Das mag ein­sam machen, weshalb sie es sich nicht nehmen lässt, Leute zu sich einzu­laden und zu ver­wöh­nen. Gemein­sames Essen verbindet und schafft Beziehung.Was mag die Torheit sein und die Ein­sicht, zu der wir am Schluss des bib­lis­chen Textes gemah­nt wer­den? Torheit sind Gedanken wie: Was denken wohl die anderen über mich? Soll ich etwas Neues wagen oder nicht doch lieber auf dem Alten sitzen bleiben? Wie ste­ht es um meinen Ruf, wenn ich meine Mei­n­ung ehrlich kund tue? Aber auch so vieles, worum ich mich im alltäglichen Leben abmühe und abkämpfe, wird am Ende in Vergessen­heit ger­at­en und unbe­deu­tend erscheinen: Beru­flich­er Erfolg, Titel und Anerken­nung, Geld, Besitz und per­sön­liche Macht und Anerken­nung haben am Lebensende wenig Bedeu­tung.Es mag ja sein, dass mir einiges davon in gewis­sen Lebens­ab­schnit­ten wichtig ist. Allerd­ings möchte ich mir stets das Bewusst­sein bewahren, dass all dies sehr rel­a­tiv ist. Nie möchte ich den Blick für das Wesentliche ver­lieren. Wir sind also tat­säch­lich gut berat­en, uns zu über­legen, was uns wirk­lich wichtig ist, um es dann bewusst zu leben. Den Weg der Ein­sicht gehen, hiesse dem­nach, das Leben mit anderen Men­schen bewusst zu gestal­ten und zu teilen. Es heisst, meine per­sön­liche Antwort zu find­en, was mir im Leben wichtig ist, worauf es in meinen Augen ankommt. In Ein­sicht zu leben bedeutet, das eigene Leben nach diesen Massstäben zu gestal­ten. Leben heisst, in Beziehung sein!

Math­ias Jäg­gi, The­ologe und Sozialar­beit­er in der Pfar­rei Heilig Kreuz Bin­nin­gen-Bottmin­gen und Beruf­ss­chullehrer und Fach­hochschul­dozent

Redaktion Lichtblick
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