Salim hat sei­ne Träu­me nicht verloren

Salim hat sei­ne Träu­me nicht verloren

Salim hat sei­ne Träu­me nicht verloren

Zehn Jah­re Krieg in Syri­en: Cari­tas berich­tet über ihr Engagement

Salim ist so alt wie der Krieg in sei­nem Hei­mat­land Syri­en. Und wie vie­le Kin­der ist er schwer gezeich­net davon. Bei einem Minen­un­fall hat er bei­de Bei­ne ver­lo­ren. Er ist auf einen Roll­stuhl ange­wie­sen, und sei­ne Fami­lie muss täg­lich ums das Über­le­ben kämp­fen. Trotz­dem ist Salim vol­ler Ener­gie und hofft auf die Zukunft – für sich und sein Land.Jar­ba liegt in einer Regi­on in der Nähe von Damas­kus, die frü­her als Korn­kam­mer und Obst­gar­ten der syri­schen Haupt­stadt galt. Doch davon ist heu­te kaum mehr etwas zu sehen. Die Regi­on Ost-Ghou­ta stand im Krieg mona­te­lang unter Dau­er­be­schuss, als die syri­sche Armee ver­such­te, die Wider­stands­kämp­fer zu ver­trei­ben. Spi­tä­ler und Schu­len wur­den bom­bar­diert. Es gab Tau­sen­de von zivi­len Opfern. Heu­te liegt Jar­ba in Rui­nen – wie so vie­le Orte in Syri­en.

Ein fol­gen­schwe­rer Minenunfall

Salim und sei­ne Fami­lie ver­su­chen hier, ihr Leben auf den Trüm­mern wie­der­auf­zu­bau­en. Minen stel­len eine gros­se Gefahr dar, vor allem auch für Kin­der. Vor gut zwei Jah­ren riss eine sol­che Mine Salim bei­de Bei­ne ab und töte­te sei­ne zwei Brü­der. «Ich höre jetzt noch, wie die Kin­der mich ver­zwei­felt her­bei­ge­ru­fen haben», erin­nert sich Salims Mut­ter. «Ich wer­de den Tag nie ver­ges­sen.» Als hät­te sie nicht schon genug Leid erlit­ten, ver­schwand zu jener Zeit auch ihr Mann, von dem sie nie wie­der etwas hör­te. All dies geschah, als die Fami­lie nach den Kämp­fen wie­der nach Jar­ba zurück­kehr­te, nach­dem sie sie­ben Jah­re lang an ver­schie­de­nen Orten rund um Damas­kus gelebt hat­te.Von einem Tag auf den andern allein mit Salim und der älte­ren Toch­ter unter­nahm Lei­la alles, um ihren Sohn behan­deln zu las­sen. «Er ist noch zu jung für Pro­the­sen. Im Moment hat er lie­ber sei­nen Roll­stuhl. Er hat eine unglaub­li­che Ener­gie und ver­brei­tet über­all Freu­de», lächelt Lei­la trotz allem.

Schul­zim­mer ohne Türen und Fenster

Salim hat vie­le Freun­de, die ihn beschüt­zen. Früh­mor­gens ver­lässt er mit sei­ner Mut­ter und sei­ner Schwe­ster das Haus. Sofort eilen sei­ne Freun­de her­bei und schie­ben sei­nen Roll­stuhl durch die Stras­sen bis zur Schu­le. «Sie haben sogar das Klas­sen­zim­mer ins Erd­ge­schoss ver­legt für mich», freut sich der Jun­ge. «Aber es gibt trotz­dem ein paar Stu­fen bis zu mei­nem Pult. Jetzt im Win­ter frie­re ich sehr», fügt er in gutem Eng­lisch, sei­nem Lieb­lings­fach, hin­zu. Kein Wun­der – in einer Schu­le ohne Türen und Fen­ster, mit von Schüs­sen durch­lö­cher­ten Mau­ern. Unter die­sen Bedin­gun­gen zu ler­nen ist nicht ein­fach. Es man­gelt auch an Leh­rern und die Klas­sen sind rie­sig. Salim zeich­net ger­ne Bäu­me und die Natur – er ist sehr geschickt und bastelt oft Objek­te aus Holz oder Metall. «Ich möch­te Inge­nieur wer­den. Das ist zwar schwie­rig, aber ich spü­re, dass ich die Kraft dazu habe. Ich möch­te mei­ne Träu­me ver­wirk­li­chen, auch wenn ich im Roll­stuhl sit­ze», sagt Salim.

Wie Cari­tas die Schul­bil­dung stärkt

In Syri­en gehen mehr als zwei Mil­lio­nen Kin­der nicht in die Schu­le und 1,3 Mil­lio­nen müs­sen sie mög­li­cher­wei­se ohne Abschluss ver­las­sen. Vie­le muss­ten die Schu­le wegen des Krie­ges abbre­chen oder eine Zeit lang unter­bre­chen. Gemäss den Ver­ein­ten Natio­nen sind sechs Mil­lio­nen jun­ge Men­schen für die Schul­bil­dung in ihrem Land auf Unter­stüt­zung ange­wie­sen. Allein in Ost-Ghou­ta sind es eine Mil­li­on Kin­der. Zudem fehlt es in Syri­en heu­te an rund 140 000 Lehr­per­so­nen.Um zu ver­hin­dern, dass Kin­der wie Salim wegen des Krie­ges zu einer ver­lo­re­nen Gene­ra­ti­on gehö­ren, will Cari­tas Schweiz jun­gen Men­schen Hoff­nung und Zukunfts­aus­sich­ten schaf­fen. In Jar­ba hat Cari­tas zwei Schu­len wie­der auf­ge­baut. Bald kön­nen hier 800 Kin­der den Unter­richt unter guten Bedin­gun­gen besu­chen. Cari­tas steht den Lehr­per­so­nen in der Schu­le mit päd­ago­gi­scher Unter­stüt­zung bei und stellt Schul­ma­te­ri­al zur Ver­fü­gung. Die Kin­der sol­len sich sicher füh­len und ler­nen kön­nen. Zwei­mal in der Woche sind Cari­tas-Teams in der Schu­le und orga­ni­sie­ren Akti­vi­tä­ten mit den Kin­dern.Die­ses Pro­jekt ist Teil des Enga­ge­ments, das Cari­tas Schweiz seit bald zehn Jah­ren für die Opfer der Syri­en­kri­se lei­stet. Die Prä­senz vor Ort und die Zusam­men­ar­beit mit loka­len Part­ner­or­ga­ni­sa­tio­nen wie der Cari­tas in Syri­en, Liba­non und Jor­da­ni­en ermög­lich­ten über all die Jah­re eine umfas­sen­de, schnel­le und auf die drin­gend­sten Bedürf­nis­se aus­ge­rich­te­te huma­ni­tä­re Hil­fe. Zudem konn­te Cari­tas Schweiz ein eng­ma­schi­ges Netz­werk auf­bau­en, über das sie die Betrof­fe­nen direkt erreicht.Der Zugang zu Bil­dung ist nicht nur in Syri­en, son­dern auch im Liba­non ein wich­ti­ger Aspekt. Zusam­men mit den Behör­den ent­wickelt Cari­tas Schweiz hier ein Modell zur Leh­rer­fort­bil­dung, um Lehr­per­so­nen lan­des­weit für den Unter­richt von syri­schen Flücht­lin­gen vor­zu­be­rei­ten. Die­se syste­mi­sche Hil­fe­lei­stung sichert jun­gen syri­schen Flücht­lings­kin­dern wie auch ein­hei­mi­schen Kin­dern aus benach­tei­lig­ten Fami­li­en den Zu­gang zum öffent­li­chen Schul­we­sen. Wie für den Jun­gen Salim in Jar­ba gilt auch für die­se Kin­der: Sind die Zukunfts­per­spek­ti­ven auch noch so unge­wiss, eine gute Schul­bil­dung stärkt und gibt Hoff­nung.Fab­ri­ce Boulé, Cari­tas Schweiz, in Zusam­men­ar­beit mit der syri­schen Jour­na­li­stin Zei­na Shahla  
Redaktion Lichtblick
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