Rund­um betreut nach Lour­des und wie­der zurück

  • Schon seit über 130 Jah­ren pil­gern Schwei­ze­rin­nen und Schwei­zer im Rah­men der Inter­diö­ze­sa­nen Lour­des­wall­fahrt an den bekann­ten Pil­ger­ort in den fran­zö­si­schen Pyre­nä­en. Auch die­ses Jahr sind seit dem 13. April wie­der 1570 Pil­ger unter­wegs, dar­un­ter 195 Per­so­nen mit ein­ge­schränk­ter Mobi­li­tät, die voll­um­fäng­lich betreut wer­den müs­sen. Letz­te­re wer­den sogar zuhau­se abge­holt und genies­sen in Lour­des im «Accueil» eine fach­ge­rech­te Betreu­ung durch Fach­per­so­nal und frei­wil­li­ge Hel­fe­rin­nen und Helfer.
  • Mit fünf Char­ter­flug­zeu­gen, drei Rei­se­cars und einem Extra­zug rei­sen die Pil­ger jeweils an. Die­ses Jahr muss­te der Extra­zug wegen des Streiks in Frank­reich ad hoc durch acht zusätz­li­che Bus­se ersetzt werden.
  • Hori­zon­te besuch­te am 13. April Cesi­ra Bru­na Wehr­li Cor­ra­di­ni im Pfle­ge­zen­trum Lue­gen­acher in Rothrist und beglei­te­te sie zum Flug­ha­fen. Es war­te­te ein span­nen­der Ein­blick in die per­fekt orga­ni­sier­te Per­so­nen­lo­gi­stik des Lourdespilgervereins.
 Rothrist, 13. April, 9.30 Uhr: Cesi­ra Bru­na Wehr­li Cor­ra­di­ni sitzt unauf­ge­regt in ihrem Stuhl im vier­ten Stock in einem Zim­mer des Pfle­ge­zen­trums Lue­gen­acher. Die 75-Jäh­ri­ge ist parat für die Inter­diö­ze­sa­ne Lour­des­pil­ger­fahrt und soll um 10.15 Uhr abge­holt wer­den. Sogar den Pin mit dem Wall­fahrts­lo­go hat sie schon an ihrer Blu­se befe­stigt. Ner­vös sei sie gestern gewe­sen, erklärt die gebür­ti­ge Bas­le­rin. Mit dem Packen sei es nicht so vor­wärts gegan­gen wie erhofft. Aber nun sei alles gut.

Lour­des­was­ser gegen die Schmer­zen im Arm

Seit 2004 fährt Cesi­ra Bru­na Wehr­li Cor­ra­di­ni jedes Jahr nach Lour­des. Im Zim­mer hat sie noch fast lee­re Pla­stik­ka­ni­ster und Fla­schen mit Lour­des­was­ser. Der Vor­rat hat ein Jahr gereicht. «Ich habe eine Pro­the­se in der Schul­ter», erklärt sie. «Wenn der Arm schmerzt, rei­be ich Lour­des­was­ser ein.»Im Zim­mer der lang­jäh­ri­gen Berufs­ta­xi­fah­re­rin hängt ein Kreuz über dem Bett, neben dem Fern­se­her ste­hen elek­tri­sche Grab­ker­zen bei Por­träts von ver­stor­be­nen Fami­li­en­mit­glie­dern und Bild­chen von Pad­re Pio. Der Vater sei «ehe­ma­li­ger Ita­lie­ner» gewe­sen, meint Cesi­ra Bru­na Wehr­li Cor­ra­di­ni schmun­zelnd. «Er hat immer gesagt, er sei Schwei­zer». Ihren Mann hat die 75-Jäh­ri­ge bereits ver­lo­ren, doch sie erhält bei den Vor­be­rei­tun­gen fürs all­jähr­li­che Lour­des­aben­teu­er umfas­sen­de Unter­stüt­zung von Sei­ten der Betreue­rin­nen des Pfle­ge­zen­trums. Und abge­holt wird sie von einem Bus des Lour­des­pil­ger­ver­eins. Für betag­te und kran­ke Men­schen orga­ni­siert die Inter­diö­ze­sa­ne Lour­des­pil­ger­fahrt jeweils einen betreu­ten Abhol­ser­vice zum Flug­ha­fen.Als es gegen zehn Uhr geht, kommt eine Pfle­ge­fach­kraft mit dem Roll­stuhl: «So, Frau Wehr­li, jetzt brin­gen wir Sie mal nach unten, Sie wer­den ja bald abgeholt.»Vor dem Zim­mer steht ein Kof­fer – wie der Roll­stuhl eti­ket­tiert für die gros­se Rei­se. Der Roll­stuhl ist für Cesi­ra Bru­na Wehr­li Cor­ra­di­ni eine wich­ti­ge Ent­la­stung. Der Kreis­lauf macht seit eini­ger Zeit nicht mehr so mit, in der Alters­woh­nung sei sie im ver­gan­ge­nen Jahr mehr­mals gestürzt, erklärt sie. Aus die­sem Grund habe sie auf Anfang die­ses Jah­res ins Pfle­ge­zen­trum gewech­selt. «Ich könn­te schon mit dem Rol­la­tor, aber ich bin ein klein wenig faul gewor­den, meint sie schel­misch.

Betreu­ung rund um die Uhr gewährleistet

Das Per­so­nal ver­ab­schie­det sich im Café beim Ein­gang herz­lich von der Bewoh­ne­rin. Man hängt ihr noch die Hand­ta­sche mit allen wich­ti­gen Doku­men­ten um. «Ich blei­be am besten grad dort», neckt die älte­re Dame ihre Betreue­rin­nen. «Da wür­de uns aber etwas feh­len», ent­geg­net eine. «Ja, eine, die immer eine dum­me Schnu­ure hat», meint Cesi­ra Bru­na Wehr­li Cor­ra­di­ni und lacht.Als es gegen 10.15 Uhr zugeht, wird die älte­re Dame lang­sam unru­hig. «Der Bus müss­te jetzt eigent­lich kom­men», meint Cesi­ra Bru­na Wehr­li Cor­ra­di­ni und blickt immer wie­der auf die Uhr. Dann kon­trol­liert sie ihre Tasche, ob auch alle wich­ti­gen Doku­men­te wirk­lich ein­ge­packt sind. Vor 14 Jah­ren hat sie das Wall­fahrts­fie­ber nach Lour­des gepackt. Zu Beginn sei sie noch mit Bekann­ten im Auto ange­reist.Mitt­ler­wei­le genies­se sie den Rund­um­ser­vice. Im «Accueil», wo Kran­ke und Men­schen mit ein­ge­schränk­ter Mobi­li­tät in Lour­des unter­kom­men, erhal­ten sie von pro­fes­sio­nel­lem Per­so­nal die­sel­be Unter­stüt­zung, wie sie es zuhau­se gewohnt sind. Für das inten­si­ve Wall­fahrts­pro­gramm – bestehend aus Pro­zes­sio­nen, Got­tes­dien­sten, Gebe­ten und ver­schie­de­nen ande­ren Unter­neh­mun­gen darf die Pil­ge­rin aus Rothrist auf die Unter­süt­zung der frei­wil­li­gen Hel­fe­rin­nen und Hel­fer zäh­len, die zusam­men mit den Pil­gern anrei­sen. «Die beglei­ten mich auch, wenn ich in einem der Sou­ve­nir­shops mal Ker­zen kau­fen möch­te», freut sich Cesi­ra Bru­na Wehr­li Cor­ra­di­ni.

Auch Jun­ge neh­men Feri­en, um in Lour­des zu helfen

10.20 Uhr: End­lich, der Bus kommt. Chauf­feur Fred­dy Gos­so betritt das Pfle­ge­zen­trum, begrüsst die war­ten­de Pil­ge­rin und ent­schul­digt sich für die Ver­spä­tung. Man habe jedoch genü­gend Zeit. Eine letz­te Pil­ge­rin müs­se noch in Rei­den abge­holt wer­den: Frau Olga Gru­ben­mann, 79 Jah­re alt. Es ist ihre erste Wall­fahrt nach Lour­des.Die Fahrt zum Flug­ha­fen ver­läuft ohne Zwi­schen­fäl­le, der Ver­kehr geht flüs­sig durch das Nadel­öhr am Gubrist. Um halb zwölf fährt der Bus vor der Check in-Hal­le für den Abflug vor. Bei den Aus­stei­ge­ge­le­gen­hei­ten für die Bus­se war­ten bereits Hel­fer mit gel­ben Westen, wel­che die Rei­sen­den in Emp­fang neh­men. Mit Holz­lat­ten wer­den die Kof­fer seit­lich der Grif­fe der Roll­stüh­le fixiert und kön­nen so ganz prak­tisch mit den ein­zel­nen Per­so­nen mit­ge­führt wer­den.Ins­ge­samt 1570 Pil­ge­rin­nen und Pil­ger  star­ten nach Lour­des. Fast auf jeden Pas­sa­gier mit ein­ge­schränk­ter Mobi­li­tät kommt eine Begleit­per­son. Ins­ge­samt 417 Frei­wil­li­ge rei­sen nach Lour­des, ein Gross­teil von Ihnen bereits vor der Anrei­se der Pil­ge­rin­nen und Pil­ger. Unter den Hel­fe­rin­nen und Hel­fern fin­det man Per­so­nen jeden Alters, auch eini­ge jun­ge Men­schen wie bei­spiels­wei­se Car­men Bit­ter­li aus Sach­seln. Über ihren Vater sei sie auf die­ses frei­wil­li­ge Enga­ge­ment auf­merk­sam gewor­den, erklärt die 19-Jäh­ri­ge. Die­ses Jahr hilft sie zum erstem Mal selbst mit und hat für die Rei­se nach Lour­des eine Woche Feri­en genom­men. Just zum 20. Mal fliegt Rose­ma­rie Renggli bereits als Betreue­rin mit nach Lour­des. Gebe­te zur Hei­li­gen Ber­na­dette hat­ten ihr vor zwan­zig Jah­ren durch die Schwan­ger­schaft mit ihrer jüng­sten Toch­ter gehol­fen. Die­se trägt den Namen Ber­na­dette.

Der Flug­ha­fen unter­stützt die Pil­ger bei der Abfertigung

In der Abflug­hal­le koor­di­niert Pius Arnold den Ein­satz sei­ner Hel­fe­rin­nen und Hel­fer. Alles wirkt rou­ti­niert und ent­spannt. Zum War­ten sind eigens bestimm­te Area­le in der Flug­ha­fen­hal­le abge­sperrt wor­den. Dort kön­nen die in ihrer Mobi­li­tät ein­ge­schränk­ten Per­so­nen ver­wei­len, wäh­rend sich Hel­fe­rin­nen und Hel­fer ums Ein­checken und die Auf­ga­be des Gepäcks küm­mern.Für die Abfer­ti­gung der Pil­ge­rin­nen und Pil­ger arbei­tet der Lour­des­ver­ein eng mit der Flug­ha­fen Zürich AG zusam­men. Die Beför­de­rung von der­art vie­len Per­so­nen mit ein­ge­schränk­ter Mobi­li­tät bedeu­tet eine gros­se Her­aus­for­de­rung, bei der es in der Ver­gan­gen­heit immer wie­der zu Ver­zö­ge­run­gen gekom­men war, so Iri­na Kauf­mann, die von Sei­ten der Zürich Flug­ha­fen AG vor Ort Pius Arnold zur Sei­te steht. «Um das zu ver­bes­sern, haben wir mit einem Auf­trag an die Fir­ma Care­port zusätz­li­che pro­fes­sio­nel­le Hel­fer mobi­li­siert, wel­che die Lour­des­pil­ger und deren Betreue­rin­nen und Betreu­er durch den Check-in und die Sicher­heits­kon­trol­len brin­gen.

Men­schen in finan­zi­el­len Eng­päs­sen pro­fi­tie­ren von Spenden

Der­weil freu­en sich die Pil­ge­rin­nen und Pil­ger auf den Flug. Vie­le könn­ten sich die Rei­se und die Rund­um­ver­sor­gung gar nicht lei­sten. Die loka­len Lour­des­pil­ger­ver­ei­ne sowie auch der Ver­ein Inter­diö­ze­sa­ne Lour­des­wall­fahrt hilft in sol­chen Fäl­len unbü­ro­kra­tisch mit Spen­den aus. Auch Cesi­ra Bru­na Wehr­li Cor­ra­di­ni pro­fi­tiert. Rund 1000 Fran­ken kostet ihre Rei­se. Ein super­gün­sti­ges Ange­bot, das nur dank dem Ein­satz der vie­len Frei­wil­li­gen mög­lich ist. Zusätz­lich erhält die Aar­gaue­rin 400 Fran­ken Zustupf vom Lour­des­pil­ger­ver­ein.Um 12.15 Uhr kommt das Per­so­nal der Fir­ma Care­port – gut erkenn­bar an spe­zi­el­len Westen. Über einen spe­zi­el­len Zugang wer­den die in ihrer Mobi­li­tät ein­ge­schränk­ten Per­so­nen direkt zu den Sicher­heits­kon­trol­len gebracht. Das Aben­teu­er kann begin­nen. Inter­diö­ze­sa­ne LourdeswallfahrtVom 13. ‑19. April 2018 rei­sen gegen 2’000 Per­so­nen im Rah­men der Inter­diö­ze­sa­nen Lour­des­wall­fahrt in die Pyre­nä­en. Unter ihnen befin­den sich 417 frei­wil­li­ge Hel­fe­rin­nen und Hel­fer. Die gros­se Wall­fahrt fin­det jedes Jahr steht und wird jeweils auch von Mit­glie­dern der Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz beglei­tet. Für den Trans­port wer­den fünf Flug­zeu­ge, drei Rei­se­cars und ein Extra­zug bereit­ge­stellt. Letz­te­rer muss­te wegen eines Streiks in Frank­reich kurz­fri­stig mit acht zusätz­li­chen Bus­sen ersetzt wer­den.www.lourdes.ch             
Andreas C. Müller
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