Rie­hen steht vor einer heik­len Pfarrwahl

Rie­hen steht vor einer heik­len Pfarrwahl

Kan­di­dat ist wegen eines Sexu­al­de­likts vor­be­straft, das er vor bald zehn Jah­ren began­gen hatte

Die Wahl eines Pfar­rers für die Pfar­rei St. Fran­zis­kus in Rie­hen-Bet­tin­gen gibt Anlass zu Dis­kus­sio­nen inner­halb der Pfar­rei und stellt das Bis­tum vor schwie­ri­ge Fra­gen. Der Kan­di­dat war 2012 wegen einer sexu­el­len Hand­lung mit einem Kind zu einer beding­ten Geld­stra­fe ver­ur­teilt worden.Schon vor einem Jahr, am 28. August 2017, hat­te die Rie­he­ner Pfarr­wahl­kom­mis­si­on einen heu­te 48-jäh­ri­gen Prie­ster als Kan­di­da­ten bestimmt, der mitt­ler­wei­le seit drei Jah­ren Aus­hilfs­dien­ste in der Pfar­rei lei­stet. Die Zustim­mung des Bischofs erfolg­te am 31. Juli 2018. Die Pfarr­wahl­kom­mis­si­on publi­zier­te dar­auf­hin, dass der Kan­di­dat in stil­ler Wahl gewählt ist, sofern nicht 100 Stimm­be­rech­tig­te der Pfarr­ge­mein­de St. Fran­zis­kus innert sechs Wochen eine Urnen­wahl ver­lan­gen. So sieht es die Wahl­ord­nung der Römisch-Katho­li­schen Kir­che Basel-Stadt vor.In «Kir­che heu­te» Nr. 37/2018 teil­te der Prä­si­dent des Pfar­rei­rats von St. Fran­zis­kus mit, dass eine Unter­schrif­ten­samm­lung für eine Urnen­wahl des neu­en Pfar­rers im Gang sei. Meh­re­re Pfar­rei­an­ge­hö­ri­ge sei­en der Auf­fas­sung, dass «Grün­de, wel­che die Eig­nung des Kan­di­da­ten für die Auf­ga­be als Pfar­rer frag­lich erschei­nen» lies­sen, bis­her nicht genü­gend trans­pa­rent kom­mu­ni­ziert wor­den sei­en. Dadurch ste­he auch sei­ne per­sön­li­che Unab­hän­gig­keit im Amt des Pfar­rers in Fra­ge.

Beding­te Geldstrafe

Wor­um geht es? Der jetzt in Rie­hen zur Wahl ste­hen­de Kan­di­dat war bis Juni 2010 Pfar­rer in einer Pfar­rei im Kan­ton Thur­gau. Die­se Stel­le kün­dig­te er, nach­dem gegen ihn ein Straf­ver­fah­ren eröff­net wor­den war. In die­sem Ver­fah­ren wur­den meh­re­re Fäl­le von kör­per­li­chen Berüh­run­gen mit Jugend­li­chen unter­sucht. Es ging dabei um Fuss­mas­sa­gen. Wie der Staats­an­walt des Kan­tons Thur­gau auf Anfra­ge gegen­über «Kir­che heu­te» bestä­tig­te, erkann­te die Staats­an­walt­schaft in den mei­sten Fäl­len kei­ne straf­ba­re Tat. In einem Fall stuf­te sie das Gesche­he­ne jedoch als eine sexu­el­le Hand­lung mit einem Kind ein, davon betrof­fen war ein Jugend­li­cher knapp unter­halb der Alters­gren­ze von 16 Jah­ren. Die Höchst­stra­fe für die­ses Delikt (Arti­kel 187 Zif­fer 1 des Straf­ge­setz­bu­ches) liegt bei fünf Jah­ren Gefäng­nis. Im vor­lie­gen­den Fall erliess die Staats­an­walt­schaft im Juni 2012 einen Straf­be­fehl mit einer beding­ten Geld­stra­fe von 80 Tages­sät­zen zu 50 Fran­ken, bei einer Pro­be­zeit von 3 Jah­ren. Der Beschul­dig­te akzep­tier­te die­se Stra­fe, die dadurch zum rechts­kräf­ti­gen Urteil wur­de.Wie Bis­tums­spre­cher Hans­rue­di Huber mit­teilt, wur­de der Fall danach auch in einem kir­chen­recht­li­chen Ver­fah­ren beur­teilt. Das Ergeb­nis: Die Kon­gre­ga­ti­on für die Glau­bens­leh­re beauf­trag­te den Bischof von Basel damit, dem Prie­ster einen Ver­weis zu ertei­len. Das bedeu­tet auch, dass er grund­sätz­lich wei­ter als Prie­ster ein­ge­setzt wer­den kann. Laut Huber erhielt er seit­her kei­ne Mis­sio cano­ni­ca für einen Dienst als Prie­ster mehr, über­nahm nach Ablauf der Bewäh­rungs­frist jedoch Aus­hilfs­dien­ste.

In der Pfar­rei beliebt

Die Pfarr­wahl­kom­mis­si­on von St. Fran­zis­kus möch­te den Mann nun als Pfar­rer von Rie­hen anstel­len. Der Prä­si­dent der Kom­mis­si­on, Advo­kat Ste­fan Suter, hebt gegen­über «Kir­che heu­te» her­vor, dass der Vor­ge­schla­ge­ne sei­ne Arbeit als Aus­hil­fe in Rie­hen gut mache und bei den prak­ti­zie­ren­den Katho­li­ken in der Pfar­rei sehr beliebt sei. Suter, der beruf­lich auch als Straf­ver­tei­di­ger tätig ist, stellt in Fra­ge, ob die damals im Thur­gau fest­ge­stell­ten Berüh­run­gen den Tat­be­stand der sexu­el­len Hand­lung tat­säch­lich erfüll­ten. Auf kei­nen Fall kön­ne man davon spre­chen, dass der Mann pädo­phil sei. «Wir wür­den nie einen Pädo­phi­len als Pfar­rer vor­schla­gen», sag­te Suter. «Aus mei­ner Sicht hat das Gan­ze nicht mit einem Sicher­heits­be­dürf­nis zu tun, son­dern mit Mora­lin.» Der Vor­fall selbst lie­ge zudem heu­te bald zehn Jah­re zurück.

Bischof hol­te Gut­ach­ten ein

Bischof Felix Gmür nahm sich rund elf Mona­te Zeit, bevor er sei­ne Zustim­mung erteil­te. Um das Risi­ko zu beur­tei­len, lagen ihm zunächst der Ent­scheid der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on sowie ein im Auf­trag des betrof­fe­nen Prie­sters erstell­tes psy­cho­lo­gi­sches Gut­ach­ten vor. Wie Bis­tums­spre­cher Huber mit­teilt, hol­te der Bischof von sich aus zwei wei­te­re Gut­ach­ten ein, ein foren­si­sches und ein medi­zi­nisch-recht­li­ches. Alle vier Stel­lung­nah­men sei­en zum Ergeb­nis gekom­men, dass von dem Mann nach mensch­li­chem Ermes­sen kei­ne Rück­fall­ge­fahr aus­ge­he.Nach­dem kei­ne staat­li­chen und kirch­li­chen Ein­schrän­kun­gen vor­la­gen, habe der Bischof kei­nen Grund gehabt, den Ent­scheid der Pfarr­wahl­kom­mis­si­on Rie­hen nicht zu respek­tie­ren. Nebst dem Sicher­heits­be­dürf­nis der Pfar­rei habe er auch dem gesell­schaft­lich aner­kann­ten Ziel der Reso­zia­li­sie­rung Rech­nung getra­gen. Dem Bischof sei es wich­tig, dass die Über­tra­gung einer Pfarr­stel­le in einer Form erfol­ge, bei der eine Urnen­wahl mög­lich sei, sag­te Hans­rue­di Huber wei­ter. In Rie­hen sei die­se Bedin­gung erfüllt.Nun liegt es in der Hand der Stimm­be­rech­tig­ten der Pfarr­ge­mein­de St. Fran­zis­kus Rie­hen-Bet­tin­gen, wie sie die Eig­nung des Kan­di­da­ten beur­tei­len und ob sie eine Urnen­wahl des neu­en Pfar­rers wün­schen. Der Kan­di­dat selbst hat im Pfarr­blatt «Kir­che heu­te» für einen «spä­te­ren Zeit­punkt» einen Aus­spra­che­abend für Ange­hö­ri­ge der Pfar­rei ange­kün­digt, bei dem «all­fäl­li­ge Unklar­hei­ten bespro­chen» wer­den könn­ten. Auch lädt er dazu ein, ihn schon jetzt direkt zu kon­sul­tie­ren.Die Frist für die Ein­rei­chung der nöti­gen 100 Unter­schrif­ten läuft bis am 27. Sep­tem­ber. Wird der Kan­di­dat in stil­ler Wahl gewählt, soll er sein Amt als Pfar­rer am 1. Novem­ber antre­ten.Chri­sti­an von Arx 
Redaktion Lichtblick
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