Revolution im Himmel


(Fort­set­zung des Textes in der let­zten Aus­gabe Licht­blick. Gesamt­text:  Web­seite)

Bib­lis­che Texte wollen enthüllen, Men­schen darauf stossen, wie Gott als höch­stes Wesen für Mächtige funk­tion­iert.

Die fan­tastis­che Erzäh­lung der Bibel schlechthin ist die Erzäh­lung vom Exo­dus, der Befreiung der Sklaven aus der Herrschaft Ägyptens und des Pharaos. – Auch das ist eine Erzäh­lung von einem Anfang. Und deren Anfang ist tat­säch­lich das Schreien von Men­schen.

In dieser fan­tastis­chen Erzäh­lung heißt es, dass eine Stimme aus einem bren­nen­den Dorn­busch zu Mose spricht (Exo­dus 3): «Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten sehr wohl bemerkt. Ich habe gehört, wie sie vor ihren Peinigern auf­schrien. Ich kenne ihre Schmerzen. Deshalb bin ich herun­tergekom­men. Ich will sie aus der Gewalt Ägyptens ret­ten, ich will sie aus diesem Staat hier hin­aus­brin­gen in ein gutes und weites Land, ein Land, das von Milch und Honig trieft.»

Und dann offen­bart sich die Stimme als NAME: «Ich bin da, weil ich da bin!» Oder so: «Ich bin der Ich-bin-da.»

In diesem Grund­text Israels steckt eine unglaubliche rev­o­lu­tionäre Kraft. Die Exo­duserzäh­lung «stiftet Unglauben», schreibt Dick Boer in seinem Buch Erlö­sung aus der Sklaverei. Sie ent­machtet vor allem auch in den Köpfen der Men­schen die Macht der Göt­ter der Herrschen­den, oder eines Gottes, der als höch­stes Wesen nur die Ver­längerung ihrer Macht in den «Him­mel» ist. Oder nur die Ver­größerung irdis­ch­er Machthaber.

JHWH, der NAME, tritt befreiend in den Kreis der Göt­ter, sagt Boer, er bricht die Macht, die sie über Men­schen ausüben – bis in alle möglichen Bere­iche. Die Bibel erzählt qua­si eine Rebel­lion und Rev­o­lu­tion „im Him­mel“. Der NAME ent­machtet die höch­sten Wesen, die Göt­ter und Götzen. Der NAME ist der große Gottesleugn­er. Er stört die Ruhe auf dem Olymp der Göt­ter und ihrer Poten­tat­en und Oli­garchen.

Die Rich­tung wird in der Bibel umgekehrt: Der Him­mel ist nicht mehr die Ver­längerung irdis­ch­er Herrschaft und etabliert­er Ord­nun­gen, um diese Herrschaft zu verewigen, son­dern umgekehrt: Die Rev­o­lu­tion im Him­mel durch den NAMEN will das «Angesicht der Erde erneuern» (Pfin­g­sten). Der NAME will die Wirk­lichkeit zu ein­er neuen Erde unter einem neuen Him­mel machen. So geht diese fan­tastis­che Erzäh­lung. Dick Boer: «Die Erzäh­lung reißt ihre Hör­er mit: Vom Him­mel auf die Erde, von der Idee in die Mate­ri­al­ität, von der Reli­gion, die das Heil im Jen­seits sucht, in die Poli­tik, die das Heil im Dies­seits find­en will.»

«Dein Wille geschehe, wie im Him­mel so auf Erden»: Mit­ten im Gebet aller Gebete, dem Vaterunser. Nicht der Wille des höch­sten Wesens, das der Gott der Machthaber ist, son­dern der Wille des NAMENS, der die Him­mel­srev­o­lu­tion angezettelt hat, geschehe.

In diese Bewe­gung hinein gibt sich die fan­tastis­che Erzäh­lung am Ende der Offen­barung des Johannes: «Ich sah einen neuen Him­mel und eine neue Erde. Der erste Him­mel, näm­lich der der Göt­ter, und die erste Erde (näm­lich die der Mächti­gen) ist ver­gan­gen… Auch Trauer, Wehgeschrei und Schin­derei wird nicht mehr sein…»

Wun­der­bare Men­schen haben aus der Kraft der fan­tastis­chen Erzäh­lun­gen der Bibel ihr Leben gestal­tet und Schritte auf eine andere Welt hin gewagt. Die Inspi­ra­tion aus der Rev­o­lu­tion im Him­mel ist not-wen­dend.


Peter Bernd

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