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Eine wichtige Stimme für die Frauen in der Schweiz
Das «katholisch» raus dem Namen, zwei neue Gesichter rein ins Präsidium – es ist momentan einiges los beim Schweizerischen Katholischen Frauenbund. Wir haben bei den beiden zukünftigen Co-Präsidentinnen nachgefragt, woher die Entscheidung kommt, das «K» wegzulassen und welche Zukunftspläne sie für den Frauenbund haben.
Aus dem «Schweizerischen Katholischen Frauenbund» soll der «Frauenbund» werden. Vor zwei Jahren sagten Sie, Katharina Jost, gegenüber kath.ch: «Ich plädiere dafür, ‹katholisch› im Namen zu behalten und zu klären, wofür katholisch steht.» Sie, Pia Viel, sagten in einem Interview mit dem ehemaligen Pfarrblatt «Horizonte»: «Wir haben uns entschieden, dass ‹katholisch› zu unserer Identität gehört.»
Warum haben Sie Ihre Meinung geändert?
Katharina Jost: Diese Entscheidung ist das Ergebnis eines Prozesses, bei dem die Kantonalverbände eine Rolle spielten. An der Delegiertenversammlung im Mai wird es zur Abstimmung über die Namensänderung kommen. Ich bin seit gut 20 Jahren nah an der Frauenbundstruktur dran und kann sagen: Die «katholisch»-Diskussionen haben wir in dieser Zeit unzählige Male geführt. Ich habe immer vertreten, was im Zitat steht, weil ich finde, dass es sich um eine Art Alleinstellungsmerkmal handelt. Wir haben dafür plädiert, dass wir das Wort «katholisch» in seinem ursprünglichen Sinn gebrauchen. Also nicht im Sinn von römisch-katholisch, klerikal, missbrauchsfördernd, sondern im Sinn von umfassend, die ganze Welt im Blick habend, weltoffen, verbindend. Was mich jetzt überzeugt hat, meine Meinung zu ändern: Ich musste erkennen, dass wir den ursprünglichen Sinn von «katholisch» nicht rüberbringen können. Wenn wir «katholischer Frauenbund» heissen, leuchten alle anderen Verknüpfungen mit diesem Wort in den Köpfen der Menschen auf. Vor allem seit letztem Jahr, seit der Veröffentlichung der Studien zum Missbrauch, ist es noch schwieriger geworden, «katholisch» so zu vermitteln, wie wir es verstehen. Ich finde die Formulierung unglücklich: «Wir streichen ‹katholisch›». Das stimmt nicht. Wir behalten es, aber nicht als Aushängeschild und Marke, sondern als unsere Ausrichtung. In unserem Leitbild steht ganz klar: Wir engagieren uns für eine offene katholische Kirche. Das bedeutet, dass wir uns auch innerhalb dieser Strukturen engagieren. Aber wir wollen das auch mit Frauen zusammen tun können, die sich nicht im rechtlichen Sinne zugehörig fühlen, die die gleichen Ziele verfolgen, aber sich nicht angesprochen fühlen, wenn wir «katholisch» im Namen haben. Die Marke ist einfach nicht gut. Aber das ist nicht die Schuld des Frauenbundes.
Die Änderung hat noch einen weiteren Grund. Der Name ist schwerfällig. Wir streichen auch «schweizerisch», nicht nur «katholisch». Damit machen wir zum offiziellen Namen, was wir im Alltag schon lange benutzen. Wenn ich irgendwo als Vertreterin hingehe, sage ich nicht «Grüezi, ich bin Katharina Jost vom Schweizerischen Katholischen Frauenbund», sondern «Ich bin Katharina Jost vom Frauenbund.» Dazu kommt, dass 90 % der Ortsvereine das «katholisch» von Anfang an nicht oder inzwischen nicht mehr im Namen führen, aber trotzdem sehr wesentliche Arbeit in den katholischen Pfarreien und Kirchgemeinden leisten.
Der SKF war aus Frauensicht eine der wenigen katholischen Institutionen, auf die frau stolz sein konnte. Mit dem Wegfallen des «K» im Namen, fällt dieser Stolz weg. Was entgegnen Sie Menschen, die sagen: Ohne den SKF wird Katolischsein noch unattraktiver?
Pia Viel: Das glaube ich nicht. Das «Katholisch» gehört zu unserer Identität und das wird auch weiterhin so bleiben. Im Aargau haben wir in den letzten Jahren im Kontakt mit unseren Ortsvereinen gesehen, dass viele das «Katholisch» gar nicht erst im Namen hatten oder es aus dem Namen genommen haben. Sie wollen offen sein für alle Frauen, auch die, anderer Konfessionen und Religionen. Wir mussten erkennen, dass der Begriff mit einem schlechten Image verbunden ist, und das hält viele Frauen davon ab, in einem Ortsverein mit «katholisch» im Namen mitzuwirken. Mit dieser Erkenntnis stehe ich heute auch voll und ganz hinter dem Antrag einer Namensänderung, den der SKF an der Delegiertenversammlung stellen wird, weil ich denke, wir öffnen den Frauenbund dadurch für mehr Frauen.
Der Gedanke dahinter ist also: Wenn frau erstmal drin ist, bekommt sie dann schon mit, dass es ein katholischer Bund ist und was da Gutes läuft?
Pia Viel: Genau, wir ändern ja nichts am Leitbild oder an unserer Ausrichtung. Es ist einfach das «K», das wir weglassen.
Katharina Jost: Im Leitbild steht, dass wir für eine lebendige, glaubwürdige, katholische Kirche einstehen. Und das bleibt. Wir möchten allen Frauen eine spirituelle Heimat bieten, in ökumenischer und interreligiöser Offenheit. Wenn wir ein katholischer Frauenverein sind, dann kommt keine muslimische Frau, weil sie sich ausgeschlossen fühlt. Wir verleugnen nicht, dass wir unsere Wurzeln in der katholischen Kirche haben, dass wir finanziell von ihr mitgetragen werden, dass wir dort beheimatet sind und dass wir uns auch als Kirche verstehen. Aber eben in einem grösseren Sinne. Alle, die sich mit unseren Zielen identifizieren, sollen wissen: Das ist ein Ort, an dem ich mich engagieren kann. Ich finde es schade, dass wir es nicht geschafft haben, dem Wort «katholisch» eine andere Bedeutung zu geben. Aber wir müssen der Realität ins Auge sehen.
Welche Erfahrungen machen die Ortsvereine, die das «K» nicht (mehr) im Namen haben, denn konkret? Werden diese Vereine eher aufgesucht, weil die Frauen nicht abgeschreckt werden?
Pia Viel: Viele Ortsvereine haben sich dadurch mit den reformierten Ortsvereinen oder den Landfrauen zusammengeschlossen und können Synergien nutzen. Das ist immer wieder ein Erfolg, weil man die Vereine ohne einen Zusammenschluss vielleicht aufgelöst hätte, und dann hätte es weder einen reformierten noch einen katholischen Frauenbund im Dorf gegeben. Durch das Weglassen des «K» sind jetzt Frauen dabei, die verschiedenen Konfessionen angehören oder auch konfessionslos sind und sich im Namen des Vereines sozial und spirituell engagieren.

«Ich musste erkennen, dass wir den ursprünglichen Sinn von ‹katholisch› nicht rüberbringen können.» (Katharina Jost)
Haben die Bischöfe sich schon zur Namensänderung geäussert?
Katharina Jost: Dazu können wir momentan nichts sagen. Es wird aber eine gemeinsame Mitteilung von RKZ und SBK geben.
Seit wann sind Sie im Frauenbund? In welchen Gremien haben Sie sich engagiert? Was bedeutet Ihnen das Engagement und was ziehen Sie persönlich daraus?
Pia Viel: Ich bin mit etwa 40 Jahren dem Frauenbund in Ehrendingen, meinem Wohnort, beigetreten, weil er eine Kassiererin gesucht hat. Ich war überrascht, wie toll der Zusammenhalt und die Freude, etwas gemeinsam zu gestalten, dort waren. Nach zehn Jahren Vorstandstätigkeit habe ich für ein Engagement im Aargauischen Katholischen Frauenbund (AKF) entschieden. Für die Frauenpreiskommission darf ich seit Jahren engagierte Frauen oder Organisationen aus dem Aargau auszeichnen, welche sich für Frauen, Kinder und Familien engagieren. Nach einem Jahr Tätigkeit wurde ich dann angefragt, das Co-Präsidium des AKF gemeinsam mit Beatrice Hausherr zu übernehmen. Das war 2015. Seit ihrem Austritt 2017 bin ich allein Präsidentin. Bis 2026 werde ich dieses Amt noch weiterführen. Das Schaffen im Team, mit anderen Frauen zusammen, macht mir viel Freude. Man spürt die Frauenpower, wenn man mit anderen Frauen gemeinsam etwas erreicht. Das gibt mir viel Energie.
Katharina Jost:
Ich komme ursprünglich auch aus dem Aargau, bin in Wettingen aufgewachsen. Sowohl meine Grossmutter als auch meine Mutter waren bei der «Frauen und Müttergemeinschaft», wie es damals hiess. Ich habe den Frauenbund sozusagen mit der Muttermilch aufgenommen. Während meines Theologiestudiums war der Frauenbund nicht so ein Thema, aber als ich dann als Pfarreiseelsorgerin angefangen habe – meine erste Stelle war in Allschwil, BL –, war der Bezug zur Frauengemeinschaft der dortigen Pfarrei sehr stark. Mit ihm zusammen habe ich Kursangebote, Feiern und Ausflüge geplant und durchgeführt. Als ich in den Kanton Luzern gewechselt bin, war ich im dortigen Kantonalverband zuerst in der theologischen Erwachsenenbildungskommission und schon bald im Kantonalvorstand, in dem ich bis 2019 Mitglied war.
Für mich als Theologin, als Frau, die immer wieder durchgeschüttelt worden ist in dieser katholischen Kirche, ist der Frauenbund seit jeher ein Ort, wo ich «sein» kann. Ein Ort, an dem ich weiss: Genau wegen solcher Frauen bin ich in dieser Kirche. Der Frauenbund gibt mir Mut. Und ich finde es schön, dass wir beiden die ersten Co-Präsidentinnen in der Geschichte des SKF sein dürfen. Damit können wir ein Zeichen setzen, dass Frauen auch gemeinsam und paritätisch eine Aufgabe ausführen können.

«Ich möchte, dass sich der SFK auch weiterhin zu gesellschaftlichen und kirchlichen Themen positioniert.» (Pia Viel)
Der SKF äusserte sich unter Simone Curau-Aepli immer wieder pointiert zu gesellschaftlichen Themen. Werden Sie sich für den Frauenbund auch so exponieren wie Ihre Vorgängerin?
Pia Viel: Ja, ich möchte auch weiterhin, dass der SFK sich zu gesellschaftlichen und kirchlichen Themen positionieren kann. Dass wir als Frauenbund präsent sind. Ich möchte, dass wir die Arbeit, die Simone geleistet hat, in allen Gremien fortführen, sodass die Menschen den SKF wahrnehmen.
Katharina Jost: Das ist ja nicht der Entscheid der Präsidentin allein, da steht immer der Vorstand dahinter. Ich denke, Simones grosser Verdienst war es, den SKF zu profilieren. Mit uns hat der SKF jetzt nicht nur ein Gesicht, sondern zwei, wenn nicht sogar drei, denn ich finde es wichtig, dass die Geschäftsleitung ebenfalls mehr zum Gesicht des SKF wird. Da müssen wir lernen, damit umzugehen. Die Medien tun sich immer etwas schwer damit, wenn es plötzlich mehrere Gesichter gibt. Aber dass wir uns politisch und kirchenpolitisch pointiert äussern, das wird sicher bleiben.
Wir haben uns die Aufgaben schon ein bisschen aufgeteilt, ganz gemäss unserer Initialen: Pia ist eher für das Politische zuständig und ich, Katharina, für die Kirche und das Katholische. *lacht*
Fällt es Ihnen leicht, sich öffentlich zu positionieren?
Pia Viel: Ja. Ich mache das im Aargau ja bereits für den AKF. Die Positionierung und die Vernetzung sind mir wichtig. Die Aargauerinnen und Aargauer sollen wissen, wer der AKF ist.
Katharina Jost: Wir haben auch eine gute Kommunikationsstelle, die wird uns noch entsprechend coachen. *lacht*
In Ihrem Leitbild lesen wir den Satz: «Wir machen die Welt schöner, gerechter und lebenswerter.» Welche konkreten Projekte stehen mit Ihnen an?
Pia Viel: Wichtig sind die Kommunikation und der Austausch, nach aussen aber auch mit unseren Mitgliedern an der Basis. Die Ortsvereine setzen sich sozial ein, sind spirituelle Orte. Wir möchten sie in ihrer Arbeit unterstützen. Ausserdem wollen wir gut kommunizieren, was der SKF macht. Jede und jeder soll wissen, wie sich der SKF für die Gesellschaft und für Frauen einsetzt. Es liegt mir am Herzen, dass wir eine wichtige Stimme für die Frauen in der Schweiz bleiben und dass man den Frauenbund kennt.
Katharina Jost: Ich bin überzeugt, dass in der jetzigen politischen Weltlage solche Netzwerke wie der Frauenbund unglaublich wichtig sind. Wir sind Frauen, die sich zusammenschliessen, Frauen, die mehr als nur ihren eigenen privaten Raum, die eigene Familie im Blick haben. Es ist wichtig, das Gute und das Gerechte aufrechtzuerhalten und die Stimme zu erheben, wenn es bedroht ist.
Nach Innen ist es mir ein Anliegen, dass während unserer Zeit im Präsidium alle Ortsvereinsfrauen irgendwann wissen, dass sie Teil des SKF sind. 100 000 Frauen sind uns angeschlossen, teilweise nur, weil sie in einem Ortsverein sind. Aber es ist ihnen vielleicht gar nicht bewusst, dass sie eben auch Frauenbundfrauen sind. Ich weiss, dass diese Verbindung nicht allen klar sein wird. Aber für mich bedeutet das nicht, dass wir es uns nicht vornehmen sollten.
Pia Viel: Ja, das muss unser Ziel sein. Und ich spüre das auch immer wieder, wenn ich vom AKF aus an die Generalversammlungen gehe. Wie die Frauen vor Ort aufsaugen, wenn wir ihnen Informationen geben und sie Fragen an uns stellen können. Das informelle Gespräch bringt so viel und wird sehr geschätzt.
Was werfen Sie über Bord?
Pia Viel: Ich gehe unvoreingenommen in den Vorstand. Wir werden erst mal schaffen. Und dann, mit der Zeit, werden sich sicher Änderungen ergeben. Ich habe jetzt nicht das Ziel, direkt etwas zu ändern. Insgesamt möchte ich, wie Katharina auch sagt, die Hierarchie flach halten, agiler werden, auf Augenhöhe miteinander arbeiten, auch mit der Geschäftsstelle, denn wir sind ja ein Team, und immer wieder den Konsens suchen.
Katharina Jost: Ich bin ja schon sechs Jahre im Vorstand und bin nicht der Typ, der kommt und sagt: Das war alles nicht gut, das muss alles weg. Das finde ich sehr unsympathisch. Es ist unglaublich viel Gutes und Starkes in Simones Präsidium entstanden. Was ich vielleicht verstärken möchte, ist das, was Pia schon gesagt hat, das Agilere. Da könnte ich mir vorstellen, nichts über Bord zu werfen, aber einen Zacken zuzulegen. Andererseits sind wir eben ein Verein und der hat auch bestimmte Rahmenbedingungen, die statisch sind. Das wird sich immer ein bisschen reiben, das Agile und das Statische. Trotzdem möchte ich bei Punkten, an denen es heisst «Das haben wir immer so gemacht», auch den Mut haben, etwas zu verändern.
Pia Viel: Offen sein für Neues, neue Erfahrungen sammeln, das ist eine gute Richtung, in die wir gehen.