Mit der Dat­tel beginnt das Festessen

  • Heu­er fal­len die christ­li­che und die isla­mi­sche Fasten­zeit zusammen.
  • Dar­um hat der Ver­band Aar­gau­er Mus­li­me in Wet­tin­gen alle zum gemein­sa­men Fasten­bre­chen eingeladen.
  • Rund 90 Gäste sind der Ein­la­dung gefolgt.

Pünkt­lich um 18.46 Uhr, als die Son­ne am 20. März in Wet­tin­gen unter­geht, ruft Malik Red­zic zum Gebet, mit dem das täg­li­che Fasten­bre­chen beginnt. Seit dem Abend des 10. März befin­den sich Mus­li­min­nen und Mus­li­me im Fasten­mo­nat Rama­dan, der in die­sem Jahr in die öster­li­che Fasten­zeit fällt. Der Ver­band Aar­gau­er Mus­li­me (VAM) hat dies zum Anlass genom­men, an die­sem Abend zu einem öffent­li­chen Fasten­bre­chen im Pfar­rei­heim St. Seba­sti­an ein­zu­la­den. Im Namen des Ver­ban­des begrüsst Malik Allawa­la die rund 90 Gäste.

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Fami­lie und Freunde

Im Saal ste­hen lan­ge Tische, sorg­fäl­tig gedeckt. Auf den Sup­pen­löf­feln lie­gen Dat­teln. Sie sind das Erste, was die mus­li­mi­schen Gäste nun seit mehr als zwölf Stun­den essen. Dann folgt das Gebet. Frau­en und Män­ner beten getrennt auf far­bi­gen Mat­ten. Die Kin­der ver­su­chen es den Erwach­se­nen nach­zu­ma­chen oder tol­len her­um. Nie­mand lässt sich des­we­gen aus der Ruhe brin­gen. In den näch­sten Stun­den bis zum Son­nen­auf­gang wird geges­sen, getrun­ken und geschla­fen. Tra­di­tio­nell bre­chen Mus­li­min­nen und Mus­li­me das Fasten im Kreis der Fami­lie, oft auch in Gesell­schaft von Freun­din­nen und Freun­den. Oder wie an die­sem Abend öffent­lich, zusam­men mit Chri­stin­nen und Chri­sten. Die Gesprä­che an den Tischen wer­den in vie­len Spra­chen geführt. Tür­kisch, Eng­lisch, Ara­bisch, Deutsch, Alba­nisch sind zu hören.

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Ver­zich­ten und geniessen

Moni­ka Liauw, die den Aar­gau­er Inter­re­li­giö­sen Arbeits­kreis lei­tet, ist auch unter den Gästen, sie ver­zich­tet nicht gänz­lich aufs Essen. Fasten bedeu­te für sie, auf schlech­te Ange­wohn­hei­ten zu ver­zich­ten – Süs­ses essen zum Bei­spiel. Das Stück Kuchen vom reich­hal­ti­gen Des­sert­buf­fet auf ihrem Tel­ler sei eine Aus­nah­me, sagt Moni­ka Liauw. Ihre Tisch­nach­ba­rin, Ley­la Gök­d­emir, fastet nach den Regeln des Korans. Sie tue dies gern, weil sie es aus Über­zeu­gung und für Allah mache. Aus­ser­dem müs­se sie wäh­rend des gan­zen Rama­dans nicht kochen. In der Moschee in Döt­tin­gen berei­te ein Koch jeden Abend das Nacht­es­sen für ein gemein­sa­mes Fasten­bre­chen vor. Ein­ge­la­den sei­en neben den Gemein­de­mit­glie­dern auch Asylsuchende.

Reli­gi­on und Politik

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Unter den gela­de­nen Gästen im Pfar­rei­heim ist der Prä­si­dent der Israe­li­ti­schen Kul­tus­ge­mein­de Baden, Rapha­el Weisz. Auch Önder Günes, der Prä­si­dent der FIDS – der Föde­ra­ti­on Isla­mi­scher Dach­or­ga­ni­sa­tio­nen Schweiz ist gekom­men. Ste­fan und Chri­sti­ne Moll, Pfar­r­ehe­paar der Evan­ge­lisch-metho­di­sti­schen Kir­che in Baden, neh­men eben­falls am Fasten­bre­chen teil. Mit Nora Lang­moen, Kuj­tim Ahme­ti und Gross­rat Rolf Schmid sind auch Gäste aus der Poli­tik anwe­send. Dia­kon Mar­kus Heil, Gemein­de­lei­ter von Wet­tin­gen und Würen­los ani­miert die Gäste in sei­nem Gruss­wort, ein­an­der zu erzäh­len, was sie beim Fasten erle­ben. Er ver­zich­te aktu­ell auf Wein, Kaf­fee und Scho­ko­la­de, was ihm eini­ge Kopf­schmer­zen besche­re. Mar­kus Heil bedau­ert, dass vie­le Men­schen mehr Ener­gie dar­auf ver­wen­de­ten, Aus­re­den zu fin­den, um nicht fasten zu müs­sen, statt es ein­fach zu ver­su­chen. Wer es nicht ver­su­che, habe kei­ne Chan­ce zu erken­nen, wie schön und wesent­lich ver­zich­ten sein könne.

«Islam bedeu­tet Frieden»

Pfar­rer Ste­fan Moll zeig­te sich in sei­nem Gruss­wort davon berührt, dass Mus­li­min­nen und Mus­li­me wäh­rend des Fasten­mo­nats Ver­söh­nung such­ten. Das zei­ge sich auch in der Gast­freund­schaft ihm gegen­über. Jedes Jahr erhal­te er von Malik Allawa­la eine Weih­nachts­kar­te. Er freue sich sehr über die Kar­te, weil sie ein Zei­chen des Respekts gegen­über sei­nem Glau­ben sei. Auch ihm bedeu­te der isla­mi­sche Glau­be viel, sag­te der evan­ge­lisch-metho­di­sti­sche Pfar­rer, denn Islam bedeu­te Frie­den, den die Welt im Moment beson­ders brauche.

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Frie­den war auch das The­ma, im Gedicht von Yase­min Duran und in der Anspra­che von VAM-Prä­si­dent, Halit Duran. Um Frie­den zu bekom­men, müss­ten sich Men­schen begeg­nen, gegen­sei­tig Ver­ständ­nis wecken und Zei­chen setz­ten. Schliess­lich hät­ten alle Men­schen den glei­chen Ursprung und das glei­che Ziel: in Frie­den zu leben.

Eva Meienberg
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