Mili­tär­wall­fahrt in Zei­ten von Krieg

Mili­tär­wall­fahrt in Zei­ten von Krieg

  • Nach drei Jah­ren Unter­bruch pil­ger­ten die­ses Jahr wie­der Tau­sen­de von Sol­da­ten aus aller ​Welt nach Lourdes.
  • Ange­sichts des Ukrai­ne­krie­ges war das Wall­fahrts­the­ma «Mei­nen Frie­den gebe ich Euch» brandaktuell. 
  • In der Schwei­zer Pil­ger­or­ga­ni­sa­ti­on sind Aar­gau­er sehr aktiv.

Jedes Jahr pil­gern meh­re­re Mil­lio­nen Men­schen nach Lour­des, wo 1858 der 14-jäh­ri­gen Ber­na­dette Sou­brious in der Grot­te von Mass­a­biel­le wie­der­holt die Jung­frau und Got­tes­mut­ter Maria erschie­nen sein soll. Tau­sen­de Kran­ke und Ver­letz­te erhof­fen sich Hei­lung vom Was­ser aus der Quel­le in der Grot­te. Bis heu­te hat die römisch-katho­li­sche Kir­che sieb­zig Hei­lun­gen als Wun­der aner­kannt. Ein­mal im Jahr prä­gen wäh­rend drei­er Tage Män­ner und Frau­en in Uni­form aus ganz Euro­pa, Ame­ri­ka, Afri­ka und Asi­en das Stras­sen­bild von Lour­des – es ist die Zeit der Inter­na­tio­na­len Militärwallfahrt.

Frie­den und Versöhnung

Ent­stan­den ist die Wahl­fahrt für Armee­an­ge­hö­ri­ge aus einer Pil­ger­rei­se von fran­zö­si­schen Sol­da­ten zum Mari­en­hei­lig­tum 1944, also noch wäh­rend des zwei­ten Welt­krie­ges. Nach dem Krieg kamen auch Sol­da­ten aus ande­ren euro­päi­schen Län­dern dazu, und 1953 tra­fen sich 15000 ehe­ma­li­ge Front­kämp­fer aus den einst ver­fein­de­ten Län­dern, um für Frie­den und Ver­söh­nung zu beten. 

1958 jähr­ten sich die Erschei­nun­gen Mari­ens in Lour­des zum hun­dert­sten Mal. Seit dann gibt es die jähr­li­che «Pèle­ri­na­ge Mili­taire Inter­na­tio­nal» (PMI), deren Orga­ni­sa­ti­on unter der Lei­tung des jewei­li­gen fran­zö­si­schen Mili­tär­bi­schofs steht. 15 000 bis 20 000 Sol­da­ten und Sol­da­tin­nen aus bis zu 50 Län­dern rei­sen jeweils für drei Tage nach Lour­des, fei­ern Got­tes­dien­ste und erle­ben Begeg­nun­gen über Armeen hinweg.

80 Per­so­nen rei­sten mit

Urs Buser, pen­sio­nier­ter Dia­kon von Stein und ehe­ma­li­ger Armee­seel­sor­ger, nahm bis­her an nicht weni­ger als 34 Lour­des­wall­fahr­ten teil und ist heu­te noch im Vor­stand der Schwei­zer Ver­ei­ni­gung PMI Lour­des aktiv. Auch der Prä­si­dent der Ver­ei­ni­gung, Oberst Mar­kus J. Schmid, wohnt im Aar­gau, und der Lei­ter der dies­jäh­ri­gen Schwei­zer Dele­ga­ti­on in Lour­des, Armee­seel­sor­ger Andre­as Stüd­li, war Pfar­rer im Pasto­ral­raum Zurzach-Studenland. 

Nach zwei Jah­ren, in denen die Mili­tär­wahl­fahrt wegen der Coro­na­pan­de­mie nicht statt­fin­den konn­te, rei­sten in die­sem Jahr rund 80 Per­so­nen aus der Schweiz, dar­un­ter ein Mili­tär­spiel-Detache­ment, mit dem Flug­zeug nach Lour­des. In frü­he­ren Jah­ren waren es bis zu 250 Uni­for­mier­te und Ange­hö­ri­ge. Schmid und Buser ver­heh­len nicht, dass der Alters-​durch­schnitt der Schwei­zer Pil­ger in Uni­form in den letz­ten Jah­ren gestie­gen ist. Nach­wuchs­sor­gen auch hier.

Zurück in den Krieg

Erst­mals seit den Bal­kan­krie­gen von 1991 bis 2001 fand die dies­jäh­ri­ge Mili­tär­wall­fahrt die­ses Jahr wäh­rend eines bewaff­ne­ten Kon­flikts in Euro­pa statt. «Wer kennt bes­ser als die Sol­da­ten das Unglück des Krie­ges und den Preis für Frie­den?» Die­se Fra­ge im Pil­ger­heft der Schwei­zer Teil­neh­mer und Teil­neh­me­rin­nen erlang­te durch den rus­si­schen Angriffs­krieg gegen die Ukrai­ne eine ganz beson­de­re Dimen­si­on. Die Ukrai­ne war mit einem klei­nen Detache­ment und einer Fah­nen­de­le­ga­ti­on in Lour­des prä­sent, die über­all mit Applaus begrüsst wur­den. «Wenn du die­sen Kame­ra­den begeg­nest und du weisst, die müs­sen nach­her zurück in den Krieg, das gibt dir schon zu den­ken», sagt Mar­kus J. Schmid. Für ihn bedeu­tet Lour­des vor allem, «Gemein­schaft zu erle­ben mit Men­schen, die das glei­che Anlie­gen teilen».

«Das wah­re Wunder»

An den Mili­tär­wahl­fahr­ten neh­men immer auch Hun­der­te von kriegs­ver­sehr­ten und kran­ken Sol­da­ten teil, in der Hoff­nung auf wun­der­sa­me Hei­lung durch das Was­ser in der Grot­te von Mass­a­biel­le. So wer­den jedes Jahr 200 kran­ke und kör­per­lich behin­der­te Armee­an­ge­hö­ri­ge mit Begleit­per­so­nen kosten­los aus den USA ein­ge­flo­gen, finan­ziert von den Knights of Colum­bus (Kolum­bus­rit­ter), einer der gröss­ten katho­li­schen Lai­en­or­ga­ni­sa­tio­nen welt­weit. Für Dia­kon Urs Buser sind die­se kran­ken und behin­der­ten Pil­ger das wah­re Wun­der von Lour­des: «Es ist unglaub­lich, wel­che Kraft und Zuver­sicht die­se Men­schen ausstrahlen.»

Christian Breitschmid
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