Mehr Geld für die Inte­gra­ti­on von Flüchtlingen

  • Bei der Inte­gra­ti­on von Flücht­lin­gen hapert’s. Die Fol­ge­ko­sten bela­sten Kan­to­ne und Gemein­den. Mit sei­ner am Diens­tag über­wie­se­nen Stan­des­in­itia­ti­ve will der Aar­gau­er Gros­se Rat errei­chen, dass der Bund den Kan­to­nen und Gemein­den mehr an die Asyl­ko­sten bezahlt.
  • Auch die Staat­po­li­ti­sche Kom­mis­si­on (SPK) des Stän­de­rats hat eben­falls an ihrer Sit­zung vom 13. Febru­ar fest­ge­hal­ten, dass sich der Bund stär­ker und län­ger an den Kosten für die Inte­gra­ti­on von Flücht­lin­gen und vor­läu­fig auf­ge­nom­me­nen Per­so­nen betei­li­gen soll.
  • Cari­tas Schweiz wünscht der­wei­len, dass der Staat «Initia­ti­ven von unten» bes­ser hono­riert und unterstützt.
 Mit sei­ner am Diens­tag ver­ab­schie­de­ten Stan­des­in­itia­ti­ve rennt der Gros­se Rat des Kan­tons Aar­gau zumin­dest bei der Staats­po­li­ti­schen Kom­mis­si­on (SPK) des Stän­de­ra­tes offe­ne Türen ein. Der Kan­ton Aar­gau ver­langt, dass der Bund die Inte­gra­ti­ons­pau­scha­le erhöht und eine kosten­decken­de Pau­scha­le für unbe­glei­te­te min­der­jäh­ri­ge Asyl­su­chen­de (UMA) ein­führt. Wei­ter soll der Bund auch die gesam­ten unge­deck­ten Kosten für vor­läu­fig Auf­ge­nom­me­ne und aner­kann­te Flücht­lin­ge wäh­rend sie­ben Jah­ren bezah­len. Die Frist von sie­ben Jah­ren soll zudem erst begin­nen, wenn die Bun­des­be­hör­den über das Asyl­ge­such ent­schie­den haben. Der­zeit star­tet die Frist mit der Ein­rei­se oder mit dem Ein­rei­chen des Asyl­ge­suchs.

Mehr Geld und bes­se­re Integration

Gegen­wär­tig wür­den die Bun­des­gel­der nicht aus­rei­chen, um die effek­ti­ven Kosten im Asyl­be­reich abzu­decken, hat die Staats­po­li­ti­sche Kom­mis­si­on (SPK) des Stän­de­ra­tes im Anschluss an ihre Sit­zung vom 13. Febru­ar 2018 fest­ge­hal­ten. Sie will eben­falls, dass sich der Bund stär­ker und län­ger an den Kosten für die Inte­gra­ti­on von Flücht­lin­gen und vor­läu­fig auf­ge­nom­me­nen Per­so­nen betei­ligt.Auch das Staats­se­kre­ta­ri­at für Migra­ti­on (SEM) möch­te die Inte­gra­ti­on der Migran­ten ver­bes­sern. Es geht nicht nur ums Geld, warnt der Co-Lei­ter der Sek­ti­on Inte­gra­ti­ons­för­de­rung beim SEM, Tin­da­ro Fer­ra­ro. Wich­tig sei auch, dass das Vor­ge­hen the­ma­ti­siert wer­de.Das SEM möch­te die Inte­gra­ti­on der Migran­ten ver­bes­sern. Im Rah­men der Inte­gra­ti­ons­agen­da Schweiz prüf­ten Bund und Kan­to­ne zur­zeit, wie sich die Inte­gra­ti­on von aner­kann­ten Flücht­lin­gen und vor­läu­fig auf­ge­nom­me­nen Per­so­nen wei­ter ver­bes­sern las­se, heisst es in einem Papier, dass das SEM Mit­te Janu­ar ver­öf­fent­lich­te.

SEM rech­net mit den Landeskirchen

Auf Anfra­ge erklär­te Tin­da­ro Fer­ra­ro, Inte­gra­ti­on sei eine gesamt­ge­sell­schaft­li­che Auf­ga­be, die sowohl den Staat als auch die Zivil­ge­sell­schaft betref­fe. Dies lege auch das Gesetz fest. «Inte­gra­ti­on als allei­ni­ge Auf­ga­be des Staa­tes zu betrach­ten, macht auch kei­nen Sinn». Auch die Lan­des­kir­chen spiel­ten in eine wich­ti­ge Rol­le.Das SEM weist auf die Frei­wil­li­gen­ar­beit hin, die von kirch­lich enga­gier­ten Leu­ten gelei­stet wer­de, und ergänzt: «Ohne die­se Hil­fe geht es nicht.» Alle wich­ti­gen Akteu­re, also neben den staat­li­chen Hil­fen auch die «Initia­ti­ven von unten», soll­ten bes­ser wahr­ge­nom­men wer­den. Die Inte­gra­ti­on müs­se auf ver­schie­de­nen Schie­nen fah­ren.

«Weni­ger als dreis­sig Pro­zent sind erwerbstätig»

Die Argu­men­te der Staats­po­li­ti­schen Kom­mis­si­on und des SEM stos­sen bei den Hilfs­wer­ken auf offe­ne Ohren. Auch sie orten Nach­hol­be­darf in der Inte­gra­ti­ons­agen­da Schweiz. Nur zwan­zig bis dreis­sig Pro­zent der Flücht­lin­ge und vor­läu­fig Auf­ge­nom­me­nen im erwerbs­tä­ti­gen Alter sind erwerbs­tä­tig und kön­nen sich eine unab­hän­gi­ge Exi­stenz auf­bau­en (Hori­zon­te berich­te­te).Der Haupt­grund für die nied­ri­ge Erwerbs­quo­te der Flücht­lin­ge sei, dass bis anhin man­cher­orts Asyl­su­chen­de «kei­ne oder nur lücken­haft Inte­gra­ti­ons­mass­nah­men bean­spru­chen durf­ten», erklärt Mari­an­ne Hoch­u­li von Cari­tas Schweiz. Der Bund zah­le nichts. So lie­ge es in der Ver­ant­wor­tung der Kan­to­ne, wel­ches Ange­bot sie zur Ver­fü­gung stell­ten.Wenn die Asyl-Ent­schei­de dazu noch lan­ge dau­er­ten, heis­se dies für die mei­sten Asyl­su­chen­den, wert­vol­le Jah­re zu ver­lie­ren, den Anschluss an die Bil­dung zu ver­pas­sen und nichts Sinn­vol­les erler­nen und tun zu kön­nen. Die­sen Miss­stand erken­nen nun der Bund und die Kan­to­ne all­mäh­lich, stellt Mari­an­ne Hoch­u­li fest.

Lücken im Integrationsangebot

Eine Bestan­des­auf­nah­me vom Novem­ber 2017 benennt die «gros­sen Lücken in den Inte­gra­ti­ons-Ange­bo­ten»: Zu wenig Sprach­kur­se, Beschäf­ti­gungs- und Aus­bil­dungs­mög­lich­kei­ten, Brücken­an­ge­bo­te, Lehr­stel­len und Arbeits­plät­ze.Aus die­sem Grund sol­len Inte­gra­ti­ons­mass­nah­men nun ver­stärkt wer­den und zwar pro­zess­haft ab Ankunft in der Schweiz bis zur Auf­nah­me einer Erwerbs­ar­beit. Bund und Kan­to­ne sind über die Aus­ge­stal­tung noch am Ver­han­deln.Bil­dung und Zugang zur Arbeit spiel­ten eine sehr wich­ti­ge Rol­le, und die­se Auf­ga­ben müs­se der Staat auch finan­zie­ren, hält Mari­an­ne Hoch­u­li von Cari­tas Schweiz fest. Auch die Unter­neh­men sei­en gefragt, Aus­bil­dungs- und Arbeits­plät­ze zur Ver­fü­gung zu stel­len.

«Rol­le kirch­li­cher Hilfs­wer­ke für Inte­gra­ti­on ist zentral»

Zivil­ge­sell­schaft­li­che Orga­ni­sa­tio­nen wie Cari­tas spiel­ten in die­sem Pro­zess auf jeden Fall eine wich­ti­ge Rol­le. Cari­tas habe in der Inte­gra­ti­ons­ar­beit (Arbeits­in­te­gra­ti­on, Sprach­an­ge­bo­te, Beglei­tung und Coa­ching) eine gros­se Erfah­rung und bie­te die­se in eini­gen Kan­to­nen auch aktiv an, sei dies im Man­dats­ver­hält­nis oder in der Unter­stüt­zung und Koor­di­na­ti­on der frei­wil­li­gen Arbeit.Kirch­li­che Hilfs­wer­ke wür­den ins­be­son­de­re auch in der sozia­len Inte­gra­ti­on zen­tra­le Auf­ga­ben über­neh­men. Sie lei­ste­ten sehr wich­ti­ge Basis­ar­beit, damit Flücht­lin­ge an der Gesell­schaft par­ti­zi­pie­ren kön­nen. Dar­um bemerkt die Lei­te­rin des Bereichs Grund­la­gen bei Cari­tas Schweiz: «Es wäre wün­schens­wert, dass der Staat auch sol­che Akti­vi­tä­ten noch mehr hono­riert und unterstützt.» 
Andreas C. Müller
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