Mehr als eine Wanderung

Rita Casel­la ist eine von zwölf Pil­ge­rin­nen und Pil­gern, die sich Ende Sep­tem­ber 2013 zur letz­ten Etap­pe einer von Bil­dung Mobil orga­ni­sier­ten Pil­ger­rei­se auf dem Jakobs­weg auf­mach­ten. Nur die wenig­sten Teil­neh­men­den hat­ten wie Rita Casel­la alle drei Etap­pen und damit den gesam­ten «Cami­no fran­cés», wie die klas­si­sche, durch Spa­ni­en füh­ren­de Jakobs­pil­ger­strecke genannt wird, durch­lau­fen. Für alle, die es auf sich genom­men haben, aller­dings ein beson­de­res Erleb­nis, wie das Inter­view zeigt. 

Frau Casel­la, wie haben Sie das Pil­gern erlebt?
Rita Casel­la: Ich fand es fas­zi­nie­rend, wie man gewis­se Pro­ble­me, die sich durch Gesprä­che nicht lösen las­sen, durch das stän­di­ge Lau­fen ein­fach los­las­sen kann. Weil man statt All­tags­sor­gen nur das Nötig­ste dabei hat, wird man auch ganz offen für ver­schie­den­ste Erfahrungen.

Wel­che Erfah­rung war für Sie beson­ders prä­gend?
Auf der ersten Pil­ger­rei­se hat­te ich ein beson­ders schö­nes Erleb­nis. Ich ging ein Stück allei­ne und begeg­ne­te bei einem Anstieg einem alten Mann auf einem Trak­tor. Als ich ihm wink­te, schenk­te er mir sein strah­lend­stes Lachen und in die­sem Moment waren plötz­lich alle mei­ne Gedan­ken bei mei­nem ver­stor­be­nen Vater. Als ich danach allei­ne den Berg hin­auf ging, konn­te ich rich­tig­ge­hend mit mei­nem Vater kom­mu­ni­zie­ren. Die­ser Moment mach­te mich sehr glück­lich und erfüll­te mich mit einer gros­sen Ruhe. Sol­che Schlüs­sel­er­leb­nis­se nimmt man nach Hau­se mit und ver­gisst sie nicht mehr. Das ist unbezahlbar.

Was hat Sie auf den Jakobs­weg geführt?
Nach dem Tod mei­nes Vaters vor 15 Jah­ren habe ich auf einer Rei­se nach Spa­ni­en ein Buch über die­sen Weg ent­deckt. Seit da hat mich die Idee, so lan­ge unter­wegs zu sein, nicht mehr los­ge­las­sen. Als ich ein erstes Mal allei­ne auf dem Schwei­zer Jakobs­weg ging, ver­irr­te ich mich auf einem Abschnitt total. Dies lag jedoch nicht an der Weg­mar­kie­rung. Die Situa­ti­on pass­te viel­mehr zu mei­nen durch­ge­mach­ten Lebens­si­tua­tio­nen. Mein Weg ver­lief auch nicht immer grad­li­nig. Als ich dann in Ein­sie­deln ankam und alle Glocken läu­te­ten, wuss­te ich, dass ich den Jakobs­weg ein­mal allei­ne gehen will.

Wes­halb haben Sie sich für die Grup­pen­rei­se ent­schie­den?
Die erste Etap­pe mit der Grup­pe ergab sich eher zufäl­lig. Ich kam mir dabei zwar nicht so nahe wie auf der ersten Schwei­zer Pil­ger­strecke, doch weil mich die tie­fen Gesprä­che und Erfah­run­gen in der Grup­pe sehr erfüll­ten, ging ich ein zwei­tes und drit­tes Mal mit und bin heu­te sehr froh dar­über. Bern­hard hat uns mit sei­nen täg­li­chen Mor­gen­ge­dan­ken einen Faden auf den Weg mit­ge­ge­ben, den ich allei­ne wohl so nicht gefun­den hät­te. Die Rei­se war für mich auch eine Art Vor­be­rei­tung. Nun habe ich den Mut, den gan­zen Jakobs­weg von zu Hau­se aus oder einen ande­ren Weg ein­mal ganz allei­ne zu gehen. Doch wie und wo das geschieht, steht noch in den Ster­nen.    Mela­nie Keim

 

Am Diens­tag, 31. Dezem­ber 2013 gibt es im neu­en Aar­gau­er Pfarr­blatt Hori­zon­te einen wei­ter­füh­ren­den Arti­kel über die Pil­ger­rei­se auf dem Jakobsweg.

 

Neu­e­We­ge
Vom 28.09. ‑11.10.2014 wird Bern­hard Lind­ner mit einer klei­nen Grup­pe eine erste Etap­pe des Jakobs­we­ges «Cami­no de la Costa» in Spa­ni­en gehen. Die­se Rou­te ist etwas län­ger und rau­her als die klas­si­che Rou­te, dafür wird sie weni­ger häu­fig began­gen und besticht durch ein­drück­li­che Land­schaf­ten. Für Inter­es­sier­te fin­det am 23. Janaur ein Infor­ma­ti­ons­abend im Pfarr­haus Oesch­gen statt. Eine Anmel­dung ist nicht nötig. www.bildung-mobil.ch

Redaktion Lichtblick
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