Machtkampf im Wasserschloss

Machtkampf im Wasserschloss

  • Nach­dem in Geben­storf-Tur­gi der Kon­flikt zwis­chen der Kirchenpflege und der Oppo­si­tion immer wieder für Neg­a­tivschlagzeilen gesorgt hat­te, kommt es jet­zt zu ein­schnei­den­den Verän­derun­gen: Gemein­deleit­er Peter Daniels ver­lässt den Seel­sorge­ver­band.
  • Der Abgang von Peter Daniels bedeutet möglicher­weise auch das Ende für Pater Adam Ser­afin. Das Bis­tum pocht auf eine ver­tragliche Vere­in­barung, die genau das vorschreibt. Aus Sorge um eine neuer­liche langjährige Seel­sorgevakanz bit­tet Kirchenpflegepräsi­dent Daniel Ric beim Bis­tum um ein Gespräch. Der neue Bischofsvikar Valen­tine Kole­doye lässt Daniel Ric auflaufen, spricht lieber mit der Oppo­si­tion und will auch gle­ich selb­st an die Front.
 Die 72-köp­fige Ini­tia­tiv­gruppe in Geben­storf-Tur­gi hat­te in den ver­gan­genen Jahren gegen die Kirchenpflege und den Sal­va­to­ri­an­er­pa­ter Adam Ser­afin immer wieder schwere Vor­würfe for­muliert: Mob­bing, Nöti­gung, unsachgemässe Hand­habe von Geldern, Bespitzelung sind nur einige aus einem grossen Kat­a­log. Es gab offene Kon­flik­te und Kündi­gun­gen. Immer wieder waren der Bischof und der für die Seel­sorg­ere­gion St. Urs zuständi­ge Bischofsvikar angerufen wor­den, die Vor­würfe zu unter­suchen. Bei der Lan­deskirche war zudem eine Auf­sicht­sanzeige ein­gere­icht wor­den. Alles ohne Kon­se­quen­zen. Bis jet­zt.

Geht der Gemeindeleiter, muss auch der Priester gehen

Dann der Pauken­schlag: Gemein­deleit­er Peter Daniels ver­lässt den Seel­sorge­ver­band, nach­dem dieser, wie Hor­i­zonte aus ver­schiede­nen Quellen weiss, bere­its seit mehreren Monat­en mit Wis­sen des Bis­tums eine neue Stelle gesucht hat­te – auch im Aar­gau.Der Weg­gang von Peter Daniels kön­nte auch das Ende von Pater Adam Ser­afins Zeit im Wasser­schloss bedeuten. In ein­er Zusatzvere­in­barung aus dem Jahre 2017, die Hor­i­zonte vor­liegt, erk­lären die Kirchenpfle­gen von Geben­storf-Tur­gi und Bir­men­storf, aber auch Pater Adam Ser­afin, dass Let­zt­ge­nan­nter seine Stelle aufgeben wird, beziehungsweise ent­lassen wer­den muss, wenn Gemein­deleit­er Peter Daniels geht. Pater Adam, so heisst es fern­er in besagter Vere­in­barung, hätte auf­grund des Assess­ments und der kon­flik­t­trächti­gen Geschichte an sein­er vorheri­gen Arbeitsstelle im Kan­ton Fri­bourg die Stelle im Aar­gau nur auf aus­drück­lich­es Ersuchen der Kirchenpfle­gen erhal­ten.

Enttäuschung beim Kirchenpflegepräsidenten

«Das Bis­tum hat uns immer wieder einen Nach­fol­ger für den sein­erzeit beliebten Priester Celes­tine Thazhup­pil ver­sprochen, aber nie Kan­di­dat­en präsen­tiert», erin­nert sich Daniel Ric, Kirchenpflegepräsi­dent von Geben­storf-Tur­gi. Da habe man sich irgend­wann selb­st auf die Suche nach geeigneten Kan­di­dat­en gemacht und mit Pater Adam einen Kan­di­dat­en präsen­tieren kön­nen.Dass mit dem Weg­gang von Peter Daniels per Ende Sep­tem­ber nun auch noch der zweite Seel­sorg­er abge­zo­gen wer­den soll, ver­ste­ht Daniel Ric nicht. «Der Bischof soll doch an die Gläu­bi­gen denken», sagt er. «Ich ver­ste­he nicht, wie der Bischof über Monate eine neue Stelle für unseren Gemein­deleit­er sucht, uns hierüber aber wed­er informiert, geschweige denn eine Nach­fol­gelö­sung mit uns bespricht.» Mehr noch: Man nehme den Gläu­bi­gen nun auch noch den zweit­en Seel­sorg­er.«Die Ver­ant­wor­tung dafür liegt allein bei der Kirchenpflege», meint Hilde Seib­ert von der «Gruppe der 72». Die Kirechenpflege und Pater Adam hät­ten zu ver­ant­worten, dass die Kirchge­mein­den Geben­storf-Tur­gi und Bir­men­storf nun ohne Priester und Diakon dastün­den. «Über Monate hin­weg haben sie Peter Daniels schikaniert, gemobbt und aus­ge­gren­zt, bis er not­fallmäs­sig mit Herzprob­le­men ins Kan­ton­sspi­tal ein­geliefert wer­den musste.» Weit­er hät­ten die Kirchenpflege und Pater Adam ja auch die Vere­in­barung unter­schrieben, wonach Pater Adam gehen muss, wenn Peter Daniels gekündigt hat. «Die Kirchenpflege hat mit dem Feuer gespielt und schiebt nun die Schuld wie so oft anderen zu – dies­mal dem Bis­tum», meint Hilde Seib­ert.

Bistum spricht mit Opposition und macht Druck

«Auf meine Anfrage für ein klären­des Gespräch ist nie einge­gan­gen wor­den», erk­lärt Daniel Ric weit­er. Dies, obschon der neue Bischofsvikar Valen­tine Kole­doye kurz nach seinem Amt­santritt ein Tre­f­fen mit Daniel Ric in Aus­sicht gestellt hat­te.«Plöt­zlich habe ich dann nichts mehr gehört», so Daniel Ric mit Ver­weis auf ver­schiedene Mails, die Hor­i­zonte vor­liegen. «Ich habe immer wieder nachge­fragt und schliesslich Ende Juni zur Antwort erhal­ten, ein Tre­f­fen sei auf­grund des zu vollen Ter­minkalen­ders bis auf Weit­eres nicht möglich.»Pikant: Der neue Bischofsvikar liess den Kirchenpflegepräsi­den­ten abblitzen, traf sich aber let­zte Woche mit vier Delegierten der Oppo­si­tion gegen Daniel Ric und Pater Adam. Valen­tine Kole­doye erk­lärt, dass es lediglich darum gegan­gen sei, dass die «Gruppe der 72» ihre Anliegen deponieren kon­nte. Dass er dem Ersuchen um ein Gespräch Ende Juni mit Kirchenpflegepräsi­dent Daniel Ric nicht entsprochen habe, begrün­det der neue Bischofsvikar damit, dass nach der Demis­sion von Diakon Peter Daniels ein Gespräch erst sin­nvoll sei, wenn die ver­traglichen Verpflich­tun­gen von allen Ver­tragspart­nern erfüllt sind. Konkret bedeutet das: Wenn die Kündi­gung von Pater Adam Ser­afin vor­liegt.

Angst vor mehrjähriger Vakanz

«Ich habe auch an den Bischof geschrieben und auf die Sit­u­a­tion der Gläu­bi­gen aufmerk­sam gemacht», erk­lärt Daniel Ric gegenüber Hor­i­zonte. Die Antwort: Solange beim Bis­tum nicht die Kündi­gung von Pater Adam auf dem Tisch liegt, gibt es wed­er ein Gespräch noch eine Diskus­sion über die Nach­fol­gere­gung: «Die Nach­fol­gelö­sung kann erst ange­gan­gen wer­den, wenn die Kündi­gung gemäss den Bes­tim­mungen im Ver­trag, den alle Parteien unterze­ich­net haben, vor­liegt», erk­lärt Bischof­ssprech­er Han­srue­di Huber«Wir sollen Pater Adam ent­lassen ohne Aus­sicht auf einen Nach­fol­ger», erk­lärt Daniel Ric. «Auf diese Art und Weise zwingt mich der Bischof in die Ver­ant­wor­tungslosigkeit. Konkret bedeute dies, dass wir keine seel­sorg­er­lichen und sakra­men­tal­en Dien­ste mehr garantieren kön­nen.» Was Daniel Ric nicht sagt: Es kön­nte Jahre gehen, bis für den Seel­sorge­ver­band Bir­men­storf-Geben­storf-Tur­gi eine Nach­fol­gelö­sung bere­it ste­ht.Ein Seel­sorg­er, der als Quelle nicht genan­nt wer­den will, aber die Sit­u­a­tion im Wasser­schloss gut einzuschätzen ver­mag, meint: «Bes­timmt wer­den erst Kan­di­dat­en für eine Nach­folge präsen­tiert, wenn neue Leute in der Kirchenpflege sitzen. Dass das Bis­tum bis anhin nichts unter­nom­men hat, heisst nicht, dass es Daniel Ric unter­stützt. Im Gegen­teil: Daniel Ric gilt als Bis­tum­skri­tik­er.» Es sei aber auch ein Trugschluss, zu glauben, das Bis­tum schlage sich auf die Seite der Oppo­si­tion. Das Bis­tum ver­folge seine eige­nen Pläne. Eine mehrjährige Vakanz in den Wasser­schloss­ge­mein­den liege dur­chaus im Bere­ich des Möglichen.

Der Bischofsvikar als Joker

Wie Hor­i­zonte in Erfahrung brin­gen kon­nte, beab­sichtigt das Bis­tum, dass bis zu einem defin­i­tiv­en Entscheid über die per­son­elle Nach­folge von Peter Daniels und Pater Adam Ser­afin der neue Bischofsvikar Valen­tine Kole­doye die Pfar­rver­ant­wor­tung vor Ort übern­immt. «Das heisst nicht, dass ich vor Ort die Gottes­di­en­ste und Eucharistiefeiern leit­en muss», erk­lärt Valen­tine Kole­doye und begrün­det: «Bei ein­er Vakanz  ein­er Pfarrstelle ist es üblich, dass der Bischofsvikar die Vakanz regelt. Je nach Sit­u­a­tion kann er selb­st den Ein­satz von Per­son­al koor­dinieren, an Sitzun­gen teil­nehmen und sich um organ­isatorische, die Seel­sorge betr­e­f­fende Belange küm­mern.» Er sei zuver­sichtlich, dass er, bis eine defin­i­tive Nach­fol­gelö­sung gefun­den ist, die wichtig­sten pas­toralen Dien­ste gewährleis­ten könne.Daniel Ric hat indessen nicht vor, die erwäh­nte Vere­in­barung ein­fach so einzuhal­ten und Pater Adam ohne Aus­sicht auf eine konkrete Per­spek­tive zu ent­lassen. Pater Adam Ser­afin sei bei einem Grossteil der Gläu­bi­gen beliebt und wolle überdies gerne bleiben, weiss der Kirchenpflegepräsi­dent.

Wird das Wasserschloss ein zweites Röschenz?

Ein zweites Röschenz werde es aber nicht geben, ver­spricht Daniel Ric. «Wenn der Bischof Adam Ser­afin die Mis­sio entzieht, wer­den wir ihn nicht länger beschäfti­gen. Aber dann muss der Bischof dar­legen, aus welchem Grund er das tut.» Er sei ges­pan­nt, was dann vorge­bracht werde und wie der Bischof das recht­fer­ti­gen wolle, so Daniel Ric weit­er. Pater Adam habe sich strafrechtlich und kirchen­rechtlich nichts zu Schulden kom­men lassen. Im Gegen­satz dazu habe der Bischof in Riehen einen vorbe­straften Sex­u­al­straftäter gedeckt: «In jedem anderen Land der Welt hätte der Bischof auf­grund der Null­tol­er­anz-Devise deswe­gen seinen Rück­tritt geben müssen.»Für ein zweites Röschenz dürfte Daniel Ric auch die Unter­stützung fehlen. Die Delegierten der 72-köp­fi­gen pro­gres­siv­en Oppo­si­tion, erk­lären gegenüber Hor­i­zonte in einem Mail: «Lieber eine län­gere Vakanz als weit­er­hin mit Pater Adam. Eine län­gere Vakanz würde uns die Möglichkeit geben, Ver­trauen wieder aufzubauen – sehr gern zusam­men mit Bir­men­storf.»

Birmenstorf will an Vereinbarung festhalten

Aus Bir­men­storf, das unlängst ver­laut­en liess, aus dem gemein­samen Seel­sorge­ver­band aussteigen zu wollen, wollte Kirchenpflegepräsi­dentin Ruth Ripp­stein zum jet­zi­gen Zeit­punkt keine Stel­lung­nahme abgeben. Nur so viel: «Bezüglich Weg­gang von Diakon Peter Daniels hält sich die Kirchenpflege Bir­men­storf an den Ver­trag aus dem Jahre 2017 mit dem Bis­tum, Pater Adam und den bei­den Kirchge­mein­den.» Jen­er regelt, dass der Sal­va­to­ri­an­er­pa­ter zu gehen hat, wenn Peter Daniels das Wasser­schloss ver­lässt. 
Andreas C. Müller
mehr zum Autor
nach
soben