Leben­di­ges Nach­bar­schafts­haus in Suhr

  • Genau zum Nach­bar­schafts­tag 2017 star­te­te die Zwi­schen­nut­zung des ehe­ma­li­gen Pfarr­hau­ses in Suhr als Nach­bar­schafts­haus. Die Zwi­schen­nut­zung ist mitt­ler­wei­le bis Herbst verlängert.
  • Das Pro­jekt Nach­bar­schafts­haus läuft im Rah­men der Quar­tier­ent­wick­lung Suhr und zeigt, wie sich das Zusam­men­le­ben von Men­schen ver­än­dern kann.
  • Kurz vor dem 1‑Jahr-Jubi­lä­um sprach Hori­zon­te mit der Pro­jekt­lei­te­rin Anne­ma­rie Humm über das Projekt.
Frau Humm, die Zeit für die Zwi­schen­nut­zung des ehe­ma­li­gen Pfarr­hau­ses als Nach­bar­schafts­haus wur­de bis in den Herbst 2018 ver­län­gert. Was mei­nen Sie dazu? Anne­ma­rie Humm: Dar­über sind wir froh. Wir hören immer wie­der von lee­ren Objek­ten und wir haben ver­schie­de­ne Ideen im Hin­ter­kopf. Doch die Gefahr ist, dass wir kein Haus mehr fin­den, in dem alle Platz haben.Wie sind die Reak­tio­nen der Men­schen im Quar­tier, wenn es dar­um geht, dass irgend­wann Schluss ist mit dem Nach­bar­schafts­haus in die­ser Form? Da ist gros­ses Bedau­ern. Vor allem auch um den Gar­ten. Die Frei­flä­che, die von Fami­li­en und Kin­dern ger­ne genutzt wur­de. Es ist nicht so, dass Angst da wäre, nichts Neu­es zu fin­den, doch um die Frei­flä­che gibt es gros­ses Bedau­ern.Wo wer­den die­se Ange­bo­te unter­kom­men, wenn die Zwi­schen­nut­zung been­det ist? Ein­zel­ne Ange­bo­te, wie das Repair­Ca­fe, wer­den sicher wei­ter­ge­führt. Doch die Fra­ge ist auch, wo. Viel­leicht wird das nicht mehr im Quar­tier sein kön­nen.Wie vie­le Men­schen nut­zen denn das Nach­bar­schafts­haus? In einer Woche im Durch­schnitt zir­ka 30 bis 50 Leu­te. Und zwar aus allen Gene­ra­tio­nen. Es ist ein gros­ses Haus und es ist auch gefragt für Fami­li­en­fe­ste. Wir sind immer gut aus­ge­bucht und gra­de an Weih­nach­ten müs­sen wir sogar man­chen absa­gen. Es gibt den Bedarf nach einem Ort, wo man mit rund 30 Per­so­nen ein Fest fei­ern kann. Man wohnt nicht mehr so gross­zü­gig und da ist das Nach­bar­schafts­haus ide­al.Gibt es eine Kern­grupp, die immer da ist? Wer ist das? Wir haben gleich zu Beginn des Pro­jek­tes eine Betriebs­grup­pe gegrün­det. Das sind Dele­gier­te aus den unter­schied­li­chen Ange­bo­ten. Wir tref­fen uns regel­mäs­sig. Den All­tag im Haus orga­ni­sie­ren sie dann selb­stän­dig und über­le­gen Ideen auch für ande­re Ver­an­stal­tung. Am Neigh­bours­day haben wir zum Bei­spiel unser 1‑jähriges Jubi­lä­um und da wird jetzt schon ange­dacht, was mög­lich ist.Das Nach­bar­schafts­haus ist ja ein Pro­jekt im Rah­men der Quar­tier­ent­wick­lung Suhr und wird ver­ant­wor­tet von der Orts­ge­mein­de Suhr und der Hoch­schu­le für Sozia­le Arbeit der FHNW. Gab es eigent­lich Vor­bil­der? Nein, in der Schweiz kei­ne kon­kre­ten. Und was wir in Suhr machen, ist schon etwas Spe­zi­el­les, weil es eine gemein­wohl­ori­en­tier­te Zwi­schen­nut­zung ist. Wir haben uns das mit der Hoch­schu­le für Sozia­le Arbeit FHNW vor­her über­legt: Wer das Nach­bar­schafts­haus nutzt, muss auch etwas an die Nach­bar­schaft geben. Eine kosten­lo­se Bera­tung, eine Abend­bar, einen Spiel­nach­mit­tag im Frei­en oder ein Musik­kon­zert. So wächst die Nach­bar­schaft kon­ti­nu­ier­lich.Hat das Nach­bar­schafts­haus sel­ber inzwi­schen Vor­bild­cha­rak­ter? Ja, durch­aus. Es gibt Anfra­gen aus der Regi­on, zum Bei­spiel von Quar­tier­ver­ei­nen. Und Oli­via Con­rad, die ihre Master­ar­beit über das Nach­bar­schafts­haus geschrie­ben hat, arbei­tet ja jetzt auf der neu­ge­schaf­fe­nen Dia­ko­nie-Fach­stel­le der römisch-katho­li­schen Lan­des­kir­che Aar­gau. Sie kann so wei­ter­tra­gen, was sie hier erlebt hat und die Kir­chen vor Ort dar­in bera­ten, was sie mit leer­ste­hen­den Gebäu­den machen könn­te.Was sind denn die kon­kre­ten Aus­wir­kun­gen des Pro­jekts auf das Leben im Quar­tier? Ich den­ke, dass sich Men­schen plötz­lich in einem neu­en Kon­text begeg­net sind und dar­aus ganz neue Ange­bo­te ent­stan­den sind. Aus dem Gar­ten, in dem sich Fami­li­en begeg­ne­ten, ent­stan­den bei­spiels­wei­se ein Kin­der­floh­markt, eine Klei­der­bör­se und die Buch­bar – ein Bücher­tausch­pro­jekt. Jeder und Jede kann dabei sei­ne Fähig­kei­ten ein­brin­gen. Eine ist gut im Lay­ou­ten von Fly­ern, einer gut im Backen. Die Men­schen haben gemerkt, dass sie kei­ne Ein­zel­kämp­fer sind und gemein­sam etwas auf die Bei­ne stel­len kön­nen.Was war die über­ra­schend­ste Her­aus­for­de­rung beim Pro­jekt? Eine Über­ra­schung war sicher­lich, dass das Haus so schnell voll war. Wir muss­ten die Orga­ni­sa­ti­on und Ver­mie­tungs­pra­xis rasch klä­ren. Das hat uns natür­lich Wun­der genom­men, ob man da per­so­nel­le Res­sour­cen braucht oder das allein mit den Frei­wil­li­gen geht und wenn ja, wel­che Unter­stüt­zung die dann brau­chen. Und womit wir auch nicht gerech­net habe, ist, dass wir jetzt ein neu­es Team für ein Ange­bot, die Nach­Bar, brau­chen, weil die betref­fen­den Men­schen umzie­hen. Wir hat­ten ja nicht damit gerech­net, dass wir so lan­ge hier blei­ben kön­nen. Zusätz­li­che InformationenJubi­lä­ums­fest Am Frei­tag, 25. Mai fei­ert das Pro­jekt Nach­bar­schafts­haus ein­jäh­ri­ges Jubi­lä­um. Es ist ein öffent­li­ches Fest für die Men­schen aus dem Dorf. Als beson­de­res Bon­bon gibt es um 21.30 Uhr eine Lesung der Autorin Ina Hal­ler, die sel­ber im Quar­tier wohnt und ver­schie­de­ne Aar­gau-Kri­mis geschrie­ben hat. www.quartierentwicklungsuhr.chNach­bar­schafts­tag Der Nach­bar­schafts­tag wird welt­weit gefei­ert. Hier fin­den Sie Infor­ma­tio­nen dazu.
Anne Burgmer
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