Leben­dig, lustig, laut – Legis­la­tur­ziel Abschlussfest

  • Für die aus­klin­gen­de Legis­la­tur­pe­ri­ode hat­te sich der Kir­chen­rat der Römisch-Katho­li­schen Lan­des­kir­che im Aar­gau 2015 das Schwer­punkt­the­ma «fremd-sein» gegeben.
  • Am Sams­tag fei­er­ten rund 200 Gäste ein viel­fäl­ti­ges und inter­na­tio­na­les Abschluss­fest in der Pfar­rei Peter und Paul in Aar­au. Bei aller Fei­er­stim­mung gab es aber auch kri­ti­sche Stimmen.
Auf ein abschlies­sen­des Wort zum Fest ange­spro­chen, erwi­der­te Luc Hum­bel, Kir­chen­rats­prä­si­dent der Römisch-Katho­li­schen Lan­des­kir­che im Aar­gau, lächelnd: «Berei­chernd!». Myros­la­va Rap, ver­ant­wort­lich für den Bereich Inte­gra­ti­on und inter­re­li­giö­ses Han­deln bei Bil­dung und Prop­stei, zeig­te sich eben­falls sehr zufrie­den mit dem Abschluss­an­lass.

Aar­au als idea­ler Stand­ort für das Fest

Vor­an­ge­gan­gen waren über drei Stun­den Fest: leben­dig, lustig, laut. Es gab fast unüber­schau­bar vie­le Ange­bo­te: Musik, Tanz, Impro­vi­sa­ti­ons­thea­ter, Ein­blicke in das Pro­jekt «fremd-sein» in Form eines Kof­fer­mark­tes, eines Films zur Akti­on Inegüx­le und natür­lich inter­na­tio­na­le Spei­sen sowie Spiel­mög­lich­kei­ten im Hof zwi­schen Kir­che und Pfarr­haus. Die häu­fig­ste Reak­ti­on auf Nach­fra­gen zum Fest lau­te­te denn auch wenig über­ra­schend: viel­fäl­tig.«Allein das Essen, wel­ches die ver­schie­de­nen anders­spra­chi­gen Mis­sio­nen für das Buf­fet gezau­bert haben. Dazu noch die Begeg­nun­gen mit den unter­schied­li­chen Men­schen. Das war wun­der­bar», schwärm­te Gabrie­le Tiet­ze-Roos von der Bis­tums­re­gio­nal­lei­tung. Hans Nig­ge­li, Fach­stel­len­lei­ter Spital‑, Kli­nik- und Heim­seel­sor­ge, zeig­te sich über­zeugt, dass Aar­au mit den vie­len anders­spra­chi­gen Mis­sio­nen der idea­le Ort für die Abschluss­ver­an­stal­tung sei. Ein Gast freu­te sich, dass er – von aus­wärts kom­mend – einen ehe­ma­li­gen Arbeits­kol­le­gen im Got­tes­dienst wie­der­ge­trof­fen habe; beim Frie­dens­gruss.

Die Aus­ein­an­der­set­zung endet nicht

In sei­ner Eröff­nungs­re­de erin­ner­te Luc Hum­bel dar­an, in wel­chem Kon­text sich der Kir­chen­rat den Legis­la­tur­schwer­punkt gege­ben hat­te: «Zu Beginn die­ser Legis­la­tur im Jah­re 2015 wur­den in der Schweiz 40‘000 Asyl­ge­su­che gestellt. Als sich der Kir­chen­rat also […] mit der Suche nach einem Sinn geben­den und gesell­schaft­lich rele­van­ten Legis­la­tur­the­ma beschäf­tig­te, war die Migra­ti­ons­the­ma­tik sehr aktu­ell. Es war – nicht nur bei der Bevöl­ke­rung – eine Über­for­de­rung und es waren Äng­ste spür­bar». Mit dem Regie­rungs­rat sei­en soge­nann­te Not­fall­sze­na­ri­en zur Unter­brin­gung von Geflüch­te­ten in Pfar­rei­zen­tren dis­ku­tiert wor­den und im Herbst habe es die bis­her gröss­te Demon­stra­ti­on im Aar­gau zum The­ma Tole­ranz und Anstand gege­ben.Doch, so der Kir­chen­rats­prä­si­dent wei­ter: «Es war uns aber wich­tig, das Legis­la­tur­the­ma nicht auf die Migra­ti­on zu beschrän­ken [und fixier­ten das The­ma schliess­lich mit fremd-sein.] Fremd-sein begeg­net uns nicht nur im Flücht­lings­be­reich. Auch inner­kirch­lich». Die Aus­ein­an­der­set­zung mit den eige­nen Äng­sten und dem Umgang mit Frem­den sei «eine Dau­er­auf­ga­be für uns, für die Kir­che, für die gan­ze Gesell­schaft», beton­te Luc Hum­bel.

Ver­traut wer­den braucht Zeit und Unterstützung

Dass das inner­kirch­lich Frem­de durch­aus auch Unver­ständ­nis her­vor­ruft, zeig­te sich an der Früh­lings­syn­ode mit Blick auf den Jah­res­be­richt 2017 der Lan­des­kir­che, der mit Fotos aus den ver­schie­de­nen anders­spra­chi­gen Mis­sio­nen bebil­dert war. Das sei sehr fremd und ganz anders, als das gewohn­te Katho­lisch­sein, äus­ser­te damals ein Syn­oda­ler im Gross­rats­saal. Auch am Fest wies ein Besu­cher auf das teil­wei­se Befremd­li­che der ande­ren Arten von «katho­lisch» im Got­tes­dienst hin. Es brau­che Zeit, damit und auch mit Frem­den ver­traut zu wer­den.Eine span­nen­de Mög­lich­keit, sich ver­traut zu machen, bot – hier exem­pla­risch vor­ge­stellt – das Pro­jekt UMA, ein Teil­pro­jekt des Ver­eins Netz­werk Asyl Aar­gau. Jun­ge Geflüch­te­te stell­ten sich als «living libra­ry» (leben­di­ge Büche­rei) zur Ver­fü­gung und erzähl­ten von ihrer Geschich­te. Zum Bei­spiel die 22-jäh­ri­ge Liza, die vor fast drei Jah­ren über die Tür­kei und Grie­chen­land aus dem Irak in die Schweiz kam. Deutsch erlern­te sie – weil sie kei­nen Platz in einem Deutsch­kurs bekom­men habe – zunächst mit Hil­fe von You­tube-Vide­os. Sie hat einen Sta­tus-F-Aus­weis. Das heisst, sie ist vor­läu­fig auf­ge­nom­men, ihr Sta­tus wird nach Prü­fung alle zwölf Mona­te ver­län­gert – oder auch nicht. Für näch­stes Jahr hat sie eine Lehr­stel­le, sie freut sich dar­auf und macht sich allein Gedan­ken um ihre Mut­ter, die viel allei­ne in der Unter­kunft in Leug­gern ist.

Kri­ti­sche Töne zum Kon­zept Legislaturschwerpunkt

Es gab auch kri­ti­sche Stim­men; nicht zum Fest oder zum The­ma, son­dern zum Kon­zept des Legis­la­tur­schwer­punk­tes. Inhalt­lich habe er an der Idee des Legis­la­tur­zie­les nichts aus­zu­set­zen, fän­de das toll, so ein Besu­cher, doch er emp­fin­de die For­mu­lie­rung, die «Römisch-Katho­li­sche Kir­che im Aar­gau» gebe sich ein Legis­la­tur­ziel als ver­ein­nah­mend. Es sei­en vor allem der Kir­chen­rat, sei­ne Mit­glie­der und Mit­ar­bei­ten­de der Fach­stel­len, die sich des jewei­li­gen The­mas annäh­men.In eine ähn­li­che Rich­tung frag­te Kaplan Adri­an Bolz­ern. «Ich bin mir nicht sicher, wie weit die­ses Legis­la­tur­the­ma von oben in den Pfarr­ge­mein­den ange­kom­men ist wäh­rend der drei Jah­re. Dabei wäre es doch schön, wenn ein The­ma über so einen lan­gen Zeit­raum an der Basis breit abge­stützt wäre», gibt Adri­an Bolz­ern zu beden­ken. Viel­leicht wird das zu dis­ku­tie­ren sein, denn die letz­te Syn­oden­sit­zung die­ser Legis­la­tur steht am 14. Novem­ber 2018 an – im Jahr 2019 star­tet die neue Legislaturperiode.
Anne Burgmer
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