Kon­fron­ta­ti­on mit den reli­giö­sen Wurzeln

An Pfing­sten öff­net das Lass­alle-Haus in Edli­bach ZG nach einer ein­jäh­ri­gen Reno­va­ti­on sei­ne Türen. Seit bald einem Jahr arbei­tet Elke Casa­cu­ber­ta (49) aus Muri als Bil­dungs­ma­na­ge­rin für das Bil­dungs­zen­trum der Jesuiten. Frau Casa­cu­ber­ta, wie kommt eine lang­jäh­ri­ge Fach­lei­te­rin der Migros Klub­schu­le dazu, Bil­dungs­ma­na­ge­rin bei den Jesui­ten im Lass­alle-Haus zu wer­den? Elke Casa­cu­ber­ta: Schon seit Län­ge­rem beglei­te­te mich der Wunsch, etwas Neu­es zu machen. Es soll­te aber wei­ter­hin mit Bil­dung zu tun haben. Sie ist mei­ne gros­se Lei­den­schaft. Ich wünsch­te mir eine Insti­tu­ti­on, wo der Mensch noch mehr im Vor­der­grund steht, weni­ger die Diplo­me. Nach­dem ich gleich von zwei Sei­ten auf die aus­ge­schrie­be­ne Stel­le als Bil­dungs­ma­na­ge­rin im Lass­alle-Haus ange­spro­chen wur­de, war das für mich ein Zei­chen. Ich setz­te mich mit die­ser Insti­tu­ti­on aus­ein­an­der und bewarb mich um die Stel­le.Was reiz­te Sie denn zu die­sem Schritt, weg von der gröss­ten Bil­dungs­in­sti­tu­ti­on der Schweiz hin zum Bil­dungs­haus der Jesui­ten? Zu Beginn wuss­te ich noch wenig über den Jesui­ten­or­den. Je mehr ich mich mit ihm beschäf­tig­te, umso mehr inter­es­sier­te er mich. Ich fühl­te mich zum Bei­spiel vom Anspruch der Jesui­ten, den armen See­len zu hel­fen, ange­spro­chen. Das passt zu mei­ner sozia­len Ader. Ich woll­te die­se Leu­te im Lass­alle-Haus näher ken­nen ler­nen. Als span­nend erle­be ich auch die Aus­strah­lungs­kraft über die Lan­des­gren­zen hin­aus. Für mich öff­nen sich hier neue Türen und Dimen­sio­nen.Sie arbei­ten seit dem 1. Juli 2015 als neue Bil­dungs­ma­na­ge­rin im Lass­alle-Haus. Wie haben Sie den Wech­sel erlebt? Von Beginn an fiel mir auf, dass hier alles etwas ruhi­ger zu- und her­geht. Die­ses Ein­tau­chen in die­se ruhi­ge Atmo­sphä­re schät­ze ich sehr. Zu Beginn von Sit­zun­gen bei­spiels­wei­se ver­har­ren wir stets zwei bis drei Minu­ten in der Stil­le. Dann tau­schen wir uns kurz aus, bevor wir mit der Sit­zung star­ten. Ich wur­de Schritt für Schritt in mei­ne Arbeit ein­ge­führt. Seit zwei Mona­ten lei­te ich zudem den Bil­dungs­be­reich als Nach­fol­ge­rin des Jesui­ten Bru­no Brant­schen, der sich mehr inhalt­lich im Lass­alle-Haus enga­gie­ren möch­te.Haben Sie auch schon sel­ber einen Kurs im Lass­alle-Haus besucht? Ja, erst kürz­lich nahm ich am Ein­füh­rungs­kurs in die Zen-Medi­ta­ti­on teil. Das war für mich ein ein­drück­li­ches Erleb­nis. Zum einen, weil es mein erster Medi­ta­ti­ons­kurs war; zum andern, weil ich mit dem zwei­tä­gi­gen Schwei­ge­ri­tu­al Neu­land betrat. Bis­her stell­te ich mir län­ge­res Schwei­gen als schwie­rig vor. Doch es ent­pupp­te sich als ein sehr schö­nes Erleb­nis. Am Anfang war das lan­ge Medi­tie­ren für mich eben­falls unge­wohnt. Nach 25 Minu­ten wur­de ich krib­be­lig und unru­hig. Gegen Ende des Kur­ses aber genoss ich die­se inne­re Ruhe, die sich in mir breit mach­te.Was sind Ihre Auf­ga­ben als Bil­dungs­ma­na­ge­rin bei den Jesui­ten? Ich bin für die Orga­ni­sa­ti­on und Pla­nung der Kur­se und vier Lehr­gän­ge ver­ant­wort­lich. Drei die­ser spi­ri­tu­el­len Lehr­gän­ge fin­den in Zusam­men­ar­beit mit Uni­ver­si­tä­ten statt. Wei­ter kon­zi­pie­re ich Kurs­an­ge­bo­te neu. So bie­ten wir ab Herbst den Kurs „Aus­zeit zur rech­ten Zeit“ an. Zusam­men mit den Kurs­lei­tern erstel­le ich die Kon­zep­te für die Kur­se und Lehr­gän­ge. Ich orga­ni­sie­re die inter­nen Abläu­fe und Struk­tu­ren. In der Bil­dungs­kom­mis­si­on der Jesui­ten neh­men wir die Grob­pla­nung der Kur­se vor. Ich küm­me­re mich anschlies­send um die Details.Was sind die Beson­der­hei­ten des Lass­alle-Hau­ses? Das Lass­alle-Haus ist ein Zen­trum für Spi­ri­tua­li­tät, Dia­log und Ver­ant­wor­tung. Sie bil­den die Basis für die vier spi­ri­tu­el­len Übungs­we­ge Zen, Exer­zi­ti­en, Kon­tem­pla­ti­on und Yoga. Dass die mei­sten Kur­se haupt­säch­lich im Schwei­gen statt­fin­den, ist eine wei­te­re Beson­der­heit, die uns wohl von ande­ren Insti­tu­tio­nen unter­schei­det.Wel­chen Stel­len­wert haben Reli­gi­on und Glau­ben in Ihrem Leben? Ich wur­de von mei­nen Eltern katho­lisch erzo­gen. Die Schü­ler­mes­se am Mitt­woch­mor­gen um sie­ben Uhr und die Sonn­tags­mes­se waren Pflicht. Ich war Mit­glied im Kir­chen­chor. Auch wenn ich mich im Teen­ager­al­ter aus die­sem reli­giö­sen Kor­sett löste, war und ist der Glau­be ein fester Bestand­teil in mei­nem Leben. Ich bete jeden Tag und habe mei­ne bei­den Söh­ne (18 und 20) im katho­li­schen Glau­ben erzo­gen.Wie hat sich Ihre Bezie­hung zum Glau­ben durch die Arbeit im Lass­alle-Haus ver­än­dert? Im Lass­alle-Haus wer­de ich wie­der mehr mit dem Glau­ben und mei­nen reli­giö­sen Wur­zeln kon­fron­tiert. Die Kir­che ist nach wie vor ein wich­ti­ger Ort, ein spi­ri­tu­el­ler Rück­zugs­ort für mich. Eine schö­ne Erfah­rung war für mich zum Bei­spiel ein Sonn­tags­got­tes­dienst in der roten Kapel­le im Lass­alle-Haus, der sehr schlicht und per­sön­lich gestal­tet war. Vie­le Gedan­ken zu mei­nem Glau­ben gin­gen mir da durch den Kopf.Das Lass­alle-Haus ist ein Haus mit einem gros­sen Namen, der auch ein­schüch­tern und eine Hemm­schwel­le für man­che Leu­te bedeu­ten kann. Sehen Sie das auch so? Das kann ich gut nach­voll­zie­hen. Als ich neu ins Lass­alle-Haus kam, war für mich eben­falls vie­les neu und unbe­kannt. Zum Bei­spiel die schwarz geklei­de­ten Men­schen, die schwei­gend durch Haus und Gar­ten schrei­ten. Um mit unse­ren Kurs­aus­schrei­bun­gen neue Per­so­nen auf das Lass­alle-Haus auf­merk­sam zu machen, arbei­te ich unter ande­rem an der Mit­for­mu­lie­rung der Aus­schrei­bungs­tex­te. Das Lass­alle-Haus in Kürze Als katho­li­sche Insti­tu­ti­on, die Chri­sten­tum, Bud­dhis­mus und ande­re Reli­gio­nen unter einem Dach ver­eint und lebt, über­neh­men die Jesui­ten im Lass­alle-Haus in der Schweiz bewusst eine Pio­nier­rol­le. Der Jesu­it und Zen-Mei­ster Niklaus Brant­schen posi­tio­nier­te zusam­men mit Pia Gyger die Bil­dungs­stät­te Bad Schön­brunn 1993 zu Ehren von Hugo Eno­mi­ya Lass­alle als Lass­alle-Haus und setz­te neue Schwer­punk­te in den Berei­chen Spi­ri­tua­li­tät, Dia­log und Ver­ant­wor­tung. Das heu­ti­ge Pro­gramm greift die­se drei Schwer­punk­te in gegen 22 000 Kurs­ta­gen auf. Als Zen­trum für Spi­ri­tua­li­tät ver­mit­telt es die tra­di­ti­ons­rei­chen Wege der Mystik: Zen, Exer­zi­ti­en, Kon­tem­pla­ti­on, Yoga, Sufis­mus, Kab­ba­la. Neu star­tet das Lass­alle-Haus im Sep­tem­ber den Lehr­gang «Spir­tu­al Care». Die­ser rich­tet sich an Per­so­nen aus Beru­fen wie Medi­zin, Pfle­ge, Seel­sor­ge, Psy­cho­the­ra­pie oder sozia­le Arbeit. Das Mit­ein­an­der ver­schie­de­ner Kul­tu­ren und Reli­gio­nen wider­spie­gelt sich auch in der Archi­tek­tur des Gebäu­des, das der Zür­cher Archi­tekt André M. Stu­der 1968 anstel­le des alten Kur­hau­ses nach der har­mo­ni­ka­len Bau­wei­se in das Quell­ge­biet hin­ein kom­po­nier­te.www.lassalle-haus.org 
Andreas C. Müller
mehr zum Autor
nach
soben