Kirch­li­che Auf­ga­ben gesamt­schwei­ze­risch angehen

Am 26. und 27. Juni 2015 tagen in Muri die Mit­glie­der der Römisch-Katho­li­schen Zen­tral­kon­fe­renz RKZ. Hori­zon­te fragt nach der Bedeu­tung und den Auf­ga­ben der RKZ in der heu­ti­gen Zeit.Herr Kosch, Ende Juni tagt die RKZ in Muri Dani­el Kosch: Im Aar­gau waren wir schon öfter. Die Lan­des­kir­che ist sehr gast­freund­lich. Den Anlass für die Zusam­men­kunft in Muri bot die dort ansäs­si­ge Bene­dict-Foun­da­ti­on, die der RKZ ihre Arbeit vor­stel­len will.Kaum jemand an der kirch­li­chen Basis weiss eigent­lich genau, was die RKZ tut. Ich habe auch nicht den Anspruch, dass alle Leu­te an der Basis mit­ver­fol­gen, was wir tun. Die­se Men­schen enga­gie­ren sich in der Pfar­rei und lesen das Pfarr­blatt. Das ist wich­ti­ger. Syn­oden­mit­glie­der, Deka­ne und ande­re kir­chen­po­li­tisch Beschäf­ti­ge soll­ten aber schon wis­sen, dass es uns gibt und was wir tun.Vor ein paar Mona­ten hat die RKZ ihren Auf­tritt im Web über­ar­bei­tet und posi­tio­niert sich dort als «gestal­ten­de Kraft», als «Garan­tin für Mehr­wert» und «kom­pe­ten­ten Gesprächs­part­ner» im Dia­log mit den Bischö­fen und der Poli­tik. Was heisst das konkret? Wir enga­gie­ren uns bei der Ver­bes­se­rung von kirch­li­chen Struk­tu­ren und hel­fen, Insti­tu­tio­nen zu schaf­fen, die Aus­strah­lungs­kraft haben. So bei­spiels­wei­se beim Zusam­men­schluss im kirch­li­chen Aus­bil­dungs­be­reich oder beim Auf­bau des neu­en Katho­li­schen Medi­en­zen­trums. Wei­ter haben wir uns ein­ge­setzt, als in meh­re­ren Kan­to­nen über die Abschaf­fung der Kir­chen­steu­er für juri­sti­sche Per­so­nen abge­stimmt wur­de. Ein wei­te­res Bei­spiel ist unse­re Sen­si­bi­li­sie­rungs­ar­beit nach dem Bun­des­ge­richts­ur­teil zum par­ti­el­len Kir­chen­aus­tritt.Was den Dia­log betrifft, dürf­te wohl auch der Gra­ben zwi­schen Bis­tums­lei­tun­gen und Kir­chen­ba­sis eini­ges abverlangen. Ja, bei­spiels­wei­se bei schwie­ri­gen Per­so­nal­ent­schei­den wie im Fall Rös­chenz. Wir haben ver­sucht, die Leh­ren dar­aus zu zie­hen und sie zu kom­mu­ni­zie­ren. Wer öffent­lich-recht­lich ange­stellt ist, hat auch bei einem kirch­li­chen Amts­ent­he­bungs­ver­fah­ren Anspruch auf das recht­li­che Gehör. Hand­kehrum kann es nicht sein, dass Leu­te ohne Auf­trag vom Bischof als Seel­sor­ger amten. Offen­sicht­lich hat man für den Fall Bürglen dazu­ge­lernt.Dazu­ge­lernt? Auch der Fall Bürglen hat dem Image der Katho­li­schen Kir­che gescha­det. Zurück bleibt sogar an der Kir­chen­ba­sis mehr als nur ein fader Nachgeschmack. Das Ver­hält­nis der Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten zur Gesell­schaft, aber auch der Kir­chen zum Staat ist ein inten­si­ves Dis­kus­si­ons­the­ma. Lei­der fin­det die Dis­kus­si­on nicht unter ein­fa­chen Vor­zei­chen statt. Reli­gi­on wird als Bedro­hung wahr­ge­nom­men. Hin­zu kom­men inter­ne Kon­flik­te, wo libe­ra­le und kon­ser­va­ti­ve Auf­fas­sun­gen auf­ein­an­der pral­len, bei­spiels­wei­se beim The­ma Ehe und Fami­lie. Das kön­nen die RKZ oder die Lan­des­kir­chen nicht direkt beein­flus­sen.Wie erfolg­reich ist denn die RKZ? Der Dia­log mit der Bischofs­kon­fe­renz konn­te deut­lich ver­bes­sert wer­den. Die Mit­glie­der der RKZ fäl­len ihre Beschlüs­se fast immer im Kon­sens und sind auch in nicht ganz ein­fa­chen Zei­ten bereit, ihre Bei­trä­ge zu erhö­hen, um die schwei­ze­ri­sche Ebe­ne zu stär­ken Das ist nicht zu unter­schät­zen. Dar­über hin­aus kommt es natür­lich dar­auf an, wie sehr wir es schaf­fen, die Kir­che dazu zu befä­hi­gen, adäquat mit Her­aus­for­de­run­gen umzu­ge­hen.Was kön­nen Sie da tun? Wir kön­nen auf­zei­gen, dass die Kir­chen in unse­rer Gesell­schaft eine kon­struk­ti­ve und inte­gra­ti­ve Kraft sind. Ein gros­ses Pro­blem ist ja, dass immer weni­ger Leu­te über­haupt noch wis­sen, was Kir­che über­haupt ist und tut.Und wie kann das geän­dert werden? Pri­mär ist wich­tig, was vor Ort in den Gemein­den pas­siert. Damit die Men­schen, die sich dort enga­gie­ren, über das nöti­ge Rüst­zeug ver­fü­gen, brau­chen sie gute Aus- und Wei­ter­bil­dun­gen. Da kommt unter ande­rem die RKZ ins Spiel.Über Finan­zie­run­gen, für die die Kan­to­nal­kir­chen immer mehr Geld auf­wer­fen müs­sen, um das Fasten­op­fer zu ent­la­sten. Funk­tio­niert das? 1971, im Grün­dungs­jahr der RKZ, stell­ten wir etwas mehr als 300 000 Fran­ken für pasto­ra­le Auf­ga­ben zur Ver­fü­gung. Im Jah­re 2018 wird die RKZ etwa 8 Mil­lio­nen Fran­ken auf­brin­gen, der Pasto­ral­bei­trag fürs Inland von Fasten­op­fer redu­ziert sich bis dann auf 400 000 Fran­ken.Und dies trotz sin­ken­der Mit­glie­der­zah­len der Landeskirchen? In den letz­ten 40 Jah­res ist es gelun­gen, die Bei­trä­ge in guten Zei­ten zu erhö­hen und in schwie­ri­gen Zei­ten zu hal­ten. Das Bewusst­sein, dass vie­le kirch­li­che Auf­ga­ben nicht mehr ein­fach lokal oder kan­to­nal gelöst wer­den kön­nen, nimmt lang­sam zu und damit auch die Bereit­schaft zur Zusam­men­ar­beit.Was, wenn die Lan­des­kir­chen nicht mehr zah­len können? Pro­ble­ma­tisch ist es vor allem in jenen Kan­to­nen, wo von den Kirch­ge­mein­den wenig Geld auf die kan­to­na­le Ebe­ne fliesst. In man­chen inner­schwei­zer Kan­to­nen gehen nur etwa 7 Pro­zent aus den Kir­chen­steu­er­ein­nah­men an die Lan­des­kir­che, im Aar­gau sind es etwa 13 Pro­zent. In Zürich ver­fügt die kan­to­na­le Ebe­ne über 19 Pro­zent der Erträ­ge. In Zukunft müs­sen die Kir­chen wohl eher mit sin­ken­den Ein­nah­men rech­nen. Ent­spre­chend müs­sen wir uns genau­er über­le­gen, wo wir uns noch enga­gie­ren.Wo sehen Sie nebst der Finan­zie­rung wei­te­re Her­aus­for­de­run­gen für die RKZ? Bei der Posi­tio­nie­rung in wich­ti­gen gesell­schaft­li­chen Fra­gen. Aktu­ell sind bei­spiels­wei­se die The­men PID und Pal­lia­ti­ve Care. Hier haben wir das Pro­blem, dass das Gesund­heits­we­sen mehr und mehr für sich selbst in Anspruch nimmt, «spi­ri­tu­al Care» zu lei­sten. Mög­lich, dass es im Gesund­heits­we­sen nun genau gleich läuft wie in den Schu­len und Psy­cho­lo­gen die Auf­ge­ben der Seel­sor­ger über­neh­men. Die Kate­che­se wur­de in meh­re­ren Kan­to­nen durch einen reli­gi­ös-neu­tra­len Reli­gi­ons­kun­de-Unter­richt aus der Schu­le gedrängt.»Bleibt noch das Ver­hält­nis zur Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz, das neu defi­niert wer­den soll. Ziel ist eine Zusam­men­ar­beit auf Augen­hö­he, nach­dem die Schwei­ze­ri­sche Bischofs­kon­fe­renz mit ihrem «Vademecum»vorab für sich defi­niert hat, wie sie sich die Zusam­men­ar­beit mit staats­kir­chen­recht­li­chen Kör­per­schaf­ten vor­stellt. Eine Zusam­men­ar­beit basie­rend auf einer ver­bind­li­chen Ver­ein­ba­rung ist nur schon des­halb wich­tig, weil man sich nicht über Finan­zie­rungs­fra­gen ver­stän­di­gen kann, ohne dass auch ein inhalt­li­cher Dia­log stattfindet. 
Andreas C. Müller
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