Kir­che ist kei­ne Privatveranstaltung

Aus der gesam­ten Schweiz tra­fen sich die Ver­tre­ter der katho­li­schen staats­kir­chen­recht­li­chen Kör­per­schaf­ten am 26. und 27. Juni 2015 in Muri zur Ple­nar­ver­samm­lung der Römisch-Katho­li­schen Zen­tral­kon­fe­renz RKZ. Vor dem geschäft­li­chen Teil am Sams­tag debat­tier­ten am Frei­tag­abend Bischof Felix Gmür, die Aar­gau­er Stän­de­rä­tin Pas­ca­le Bru­de­rer und Luc Hum­bel, Kir­chen­rats­prä­si­dent der Römisch-Katho­li­schen Lan­des­kir­che Aar­gau, über Frau­en­or­di­na­ti­on, Asyl­po­li­tik und das Ver­hält­nis von Kir­che und Staat.«Ich glau­be auch, dass Frau­en und Män­ner unter­schied­lich sind. Aber war­um soll­te des­halb eine Frau nicht als Prie­ste­rin wir­ken dür­fen?», frag­te Stän­de­rä­tin Pas­ca­le Bru­de­rer an die Adres­se von Bischof Felix Gmür. Die­ser hat­te vor den anwe­sen­den Mit­glie­dern der Römisch-Katho­li­schen Zen­tral­kon­fe­renz RKZ in Muri auf die Fra­ge hin, war­um die Frau­en­or­di­na­ti­on für die katho­li­sche Kir­che ein Pro­blem dar­stel­le, auf den Unter­schied zwi­schen den Geschlech­tern ver­wie­sen: «Frau­en haben viel­leicht eine ande­re Auf­ga­be, den Glau­ben wei­ter­zu­ge­ben.»Erklä­rungs­not bei der Asyl­po­li­tik So sehr der Bas­ler Bischof beim The­ma Frau­en­or­di­na­ti­on in Erklä­rungs­not geriet, so sehr rang Stän­de­rä­tin Pas­ca­le Bru­de­rer bei der Asyl­po­li­tik um Ant­wor­ten. Den im Saal anwe­sen­den Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­tern der kan­to­nal­kirch­li­chen Kör­per­schaf­ten bot sich ein span­nen­der Dis­kurs. «War­um hat der Staat Angst, uns als Kir­che dabei zu unter­stüt­zen, wenn wir Flücht­lin­gen hel­fen?», woll­te Luc Hum­bel von der Aar­gau­er Bun­des­po­li­ti­ke­rin wis­sen. «Das kann ich nicht beant­wor­ten», räum­te Pas­ca­le Bru­de­rer ein. «Wir haben wirk­lich Pro­ble­me bei der Bereit­stel­lung von Plät­zen.» Sobald Men­schen in ihrem Ort, in ihrem Quar­tier mit der Auf­nah­me von Flücht­lin­gen kon­fron­tiert wür­den, gebe es Wider­stän­de. Die Stän­de­rä­tin ver­sprach, sich dafür ein­zu­set­zen, Brücken zu bau­en, um Äng­ste abzu­bau­en, mein­te aber auch, dass die Kir­chen dahin­ge­hend vor Ort auf­grund ihrer Nähe zu den Men­schen Bedeu­ten­des lei­sten könn­ten.Zufrie­de­ne Gäste Beim anschlies­sen­den Apé­ro im Gar­ten vor der Klo­ster­an­la­ge zeig­ten sich die Gäste zufrie­den. Im Urteil der Zuhö­re­rin­nen und Zuhö­rer hat­te die SP-Stän­de­rä­tin vie­le Sym­pa­thie­punk­te gesam­melt. «Sie kam sehr gut rüber, war gut infor­miert», fass­te Tho­mas Frank, Gene­ral­se­kre­tär der staats­kir­chen­recht­li­chen Kör­per­schaft St. Gal­len sei­nen Ein­druck zusam­men. «Lebens­nah und ein­fach sym­pa­thisch», mein­te auch Karl Huwy­ler von der Ver­ei­ni­gung der katho­li­schen Kirch­ge­mein­den des Kan­tons Zug VKKZ und ergänz­te mit Lob für den Auf­tritt von Bischof Felix Gmür: «Eine sozi­al enga­gier­te Poli­ti­ke­rin und ein durch­aus nicht welt­frem­der Bischof – Das war schon fast ein­ver­nehm­lich.»Bene­dik­ti­ner als Gast­ge­ber Unter den Anwe­sen­den fan­den sich nebst Ver­tre­tern der katho­li­schen kan­to­nal­kirch­li­chen Ver­tre­tun­gen wei­te­re illu­stre Gäste: Bei­spiels­wei­se der Aar­gau­er Gross­rats­prä­si­dent Mar­kus Dieth oder der christ­ka­tho­li­sche Kir­chen­rats­prä­si­dent Ernst Blust. Als Gast­ge­ber hob sich der Bene­dik­ti­ner­abt von Muri-Gries, Ben­no Mal­fèr, in sei­nem schwar­zen Orden­sor­nat ab. In sei­nem Gruss­wort an die Anwe­sen­den erin­ner­te der Abt an die beson­de­re Geschich­te des Klo­sters Muri, das nach sei­ner Auf­he­bung im Jah­re 1847 sei­nen Fort­be­stand im öster­rei­chi­schen Gries bei Bozen sichern konn­te.Im Grun­de kein Gegen­satz Die Dis­kus­si­on von Stän­de­rä­tin Pas­ca­le Bru­de­rer und dem Bischof Felix Gmür, mode­riert vom Aar­gau­er Kir­chen­rats­prä­si­den­ten und RKZ-Vize­prä­si­den­ten Luc Hum­bel, lie­fer­te unter som­mer­li­chem Abend­him­mel im Frei­en will­kom­me­nen Gesprächs­stoff. Die Stän­de­rä­tin hat­te dem Bischof und den Kir­chen wie­der­holt für ihr gesell­schaft­li­ches Enga­ge­ment Respekt gezollt. Kon­kret nann­te die Sozi­al­de­mo­kra­tin die per­sön­li­chen Mails, die der Bas­ler Bischof im Vor­feld der letz­ten Asyl­ge­setz­re­vi­si­on an ver­schie­de­ne Bun­des­po­li­ti­ker ver­sandt hat­te. Auch erin­ner­te sie an das Enga­ge­ment der Kir­chen zugun­sten von Men­schen mit einer Behin­de­rung. Einen eigent­li­chen Gegen­satz zwi­schen den Posi­tio­nen des Bischofs und den ihren als sozi­al­de­mo­kra­ti­sche Stän­de­rä­tin woll­te Pas­ca­le Bru­de­rer nicht her­aus­strei­chen: «Auch die Kir­che bringt sich ein mit dem Ziel, etwas für die Gesell­schaft, für die Men­schen zu tun.» Gera­de wenn in der Wan­del­hal­le im Bun­des­haus auf jedem Schritt­me­ter Inter­es­sen­ver­tre­ter lob­by­ier­ten und die Wer­te des Men­schen hier­bei zu kurz kämen, gewän­nen die Kir­chen eine wich­ti­ge Bedeu­tung, indem sie uns dar­an erin­ner­ten.Begeg­nung auf Augen­hö­he Bischof Felix Gmür nahm den Ball gern auf, fokus­sier­te in sei­nen Aus­füh­run­gen aber auch die Struk­tur der Kir­che in der Schweiz und ihre Rol­le gegen­über dem Staat: «Die römisch-katho­li­sche Kir­che, die von aus­sen oft als ein mono­li­thi­scher Block wahr­ge­nom­men wird, ist ein fei­nes Geflecht von Men­schen, Ver­ant­wort­lich­kei­ten, Hier­ar­chien, Orga­ni­sa­tio­nen und Insti­tu­tio­nen.» Jeder Christ sei sowohl sei­ner Kir­che wie auch dem Staat ver­pflich­tet. Auch der Bischof hal­te Treue zur Eid­ge­nos­sen­schaft, gelo­be die För­de­rung eines guten Ein­ver­neh­mens zwi­schen Kir­che und Staat. Im Gegen­zug aner­ken­ne der Staat die Eigen­stän­dig­keit der Kir­che. «Die­se ist kei­ne Insti­tu­ti­on des Staa­tes. Kir­che und Staat ver­ste­hen sich als Part­ner.»Zusam­men­ar­beit auf neu­er Grund­la­ge Aller­dings sei­en weder das Bis­tum noch die Pfar­rei­en öffent­lich-recht­li­che Kör­per­schaf­ten und könn­ten des­halb nur mit Behelfs­struk­tu­ren als staat­li­che Rechts­sub­jek­te agie­ren, führ­te Felix Gmür unter Ver­weis auf das in der Schweiz gewach­se­ne, dua­le System der Kir­che wei­ter aus. «Meist sind das die Kirch­ge­mein­den und die kan­to­na­len Kör­per­schaf­ten.» Mit die­sen Aus­füh­run­gen blick­te der Bas­ler Bischof bereits auf den geschäft­li­chen Teil der RKZ-Ple­nar­ver­samm­lung am Sams­tag. Die Römi­sche-Katho­li­sche Zen­tral­kon­fe­renz RKZ will nach dem Rück­zug des Fasten­op­fers aus der Mit­fi­nan­zie­rung kirch­li­cher Auf­ga­ben im Inland die Zusam­men­ar­beit mit der Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz SBK auf eine neue Grund­la­ge stel­len. «Ziel ist eine Zusam­men­ar­beit auf Augen­hö­he, hat­te RKZ-Gene­ral­se­kre­tär Dani­el Kosch gegen­über Hori­zon­te im Vor­feld erklärt. «Eine Zusam­men­ar­beit basie­rend auf einer ver­bind­li­chen Ver­ein­ba­rung ist nur schon des­halb wich­tig, weil man sich nicht über Finan­zie­rungs­fra­gen ver­stän­di­gen kann, ohne dass auch ein inhalt­li­cher Dia­log statt­fin­det.»Gefahr, dass Kir­che an den Rand gedrängt wird Dass sich inner­halb der katho­li­schen Kir­che ver­schie­de­ne Stim­men Gehör ver­schaf­fen, hat­te auch Stän­de­rä­tin Pas­ca­le Bru­de­rer in ihren Aus­füh­run­gen erwähnt und in die­sem Zusam­men­hang die Viel­falt inner­halb der katho­li­schen Kir­che gewür­digt. Die­se grün­de auf einem gemein­sa­men Nen­ner, auf dem Glau­ben, der den Men­schen ein Zuhau­se und Ori­en­tie­rung schen­ke, aber auch auf Wer­ten und auf dem Ein­satz für die Men­schen­wür­de. Bischof Felix Gmür erin­ner­te bei sei­nen Aus­füh­run­gen zur Part­ner­schaft zwi­schen Kir­che und Staat aller­dings auch dar­an, dass in jüng­ster Zeit sei­tens ver­schie­de­ner gesell­schaft­li­cher Kräf­te eine Ten­denz zu erken­nen sei, wel­che die Kir­chen aus dem öffent­li­chen Leben zu drän­gen suche. «Man den­ke nur an den unge­hin­der­ten Zugang von Seel­sor­gen­den zu Namen von Spi­tal­pa­ti­en­ten oder an das Her­aus­fal­len des kon­fes­sio­nel­len Reli­gi­ons­un­ter­richts aus der ordent­li­chen Stun­den­ta­fel.»Anwalt der Schwa­chen In sei­ner Kri­tik an die Adres­se gesell­schaft­li­cher Krei­se, wel­che danach trach­te­ten, die Kir­chen aus dem öffent­li­chen Leben zu ver­ban­nen, fand der Bas­ler Bischof deut­li­che Wor­te. Kir­che sei kei­ne pri­va­te Ver­an­stal­tung, sie gehö­re in die Öffent­lich­keit. In die­sem Zusam­men­hang kon­ter­te der Bischof auch Vor­wür­fe, wonach sich die Kir­che zu sehr in die Poli­tik ein­mi­sche. «Kir­che muss in die­ser Gesell­schaft poli­tisch Stel­lung neh­men, weil die Sor­ge um das Wohl von Mensch und Welt, der Schutz unse­rer Lebens­be­din­gun­gen, zu ihrem reli­giö­sen Auf­trag gehört.» Den Schutz des Lebens defi­nier­te der Bas­ler Bischof als Kern­an­lie­gen der christ­li­chen Kir­chen. Aus die­sem Grun­de habe die Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz gegen die Prä­im­plan­ta­ti­ons­dia­gno­stik Posi­ti­on bezo­gen und äus­se­re sich in der Debat­te um die Bei­hil­fe zum Sui­zid. «Weil sie sieht, dass so die Schwäch­sten, Arm­se­lig­sten, Schmerz­ver­zerr­ten, Müden nicht gestützt, geliebt, beglei­tet und umsorgt wer­den, son­dern kur­zer­hand eliminiert.» 
Andreas C. Müller
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