Kate­che­se ist «lebens­lan­ges Glaubenlernen»

  • Am Frei­tag, 13. Dezem­ber, konn­ten zwölf Frau­en der öku­me­ni­schen Kate­che­se-Aus­bil­dung «Modu­lA­ar» ihre Fach­aus­wei­se in Emp­fang nehmen.
  • Mit Lebens­er­fah­rung und Aktua­li­täts­be­zug ver­su­chen die Kate­che­tin­nen heu­te die Kin­der und Jugend­li­chen für Reli­gi­on zu begei­stern. Eine Her­aus­for­de­rung in Anbe­tracht der Tat­sa­che, dass der Reli­gi­ons­un­ter­richt immer stär­ker aus den Schu­len in die Frei­zeit gedrängt wird.
 Jedes Jahr im Dezem­ber erhal­ten refor­mier­te und katho­li­sche Kate­che­tin­nen ihren Fach­aus­weis nach bestan­de­ner Abschluss­prü­fung. Die­ses Jahr geht für acht katho­li­sche und vier refor­mier­te Frau­en die rund vier­jäh­ri­ge Aus­bil­dungs­zeit zu Ende. Die Fei­er fand im Bei­sein von gut 90 Ange­hö­ri­gen und Inter­es­sier­ten im Aar­au­er Bul­lin­ger­haus statt.Sowohl Licht­blicke als auch «Nacht­schich­ten» beglei­te­ten die Absol­ven­tin­nen durch die Aus­bil­dung, wie an der Fei­er betont wur­de. Auch die Fami­lie habe teils Abstri­che machen müs­sen. Gera­de sol­che «Durst­strecken» wol­le man im Rah­men der Abschluss­fei­er wür­di­gen, erklär­te Doro­thee Fischer als Ver­tre­te­rin des Kir­chen­ra­tes der Römisch-Katho­li­schen Lan­des­kir­che Aar­gau.

Der Fach­aus­weis: «Bestä­ti­gung für den rich­ti­gen Weg»

«Das Diplom ist eine Bestä­ti­gung, dass ich den rich­ti­gen Weg gegan­gen bin», erklärt Mavis Cla­ris­se, eine der Absol­ven­tin­nen. «Wenn ich es nicht geschafft hät­te, wür­de ich zwei­feln, ob ich das Rich­ti­ge tue», meint die Kate­che­tin aus Dätt­wil bei Baden, die im Pasto­ral­raum Aare-Rhein in den Gemein­den Döt­tin­gen, Kling­nau, Leib­stadt und Leug­gern in einem 60-Pro­zent-Pen­sum unter­rich­tet.Die modu­la­re Aus­bil­dung ver­mit­telt neben dem Erwerb theo­lo­gi­scher und bibli­scher Grund­la­gen auch Kom­pe­ten­zen im Pla­nen, Durch­füh­ren und Reflek­tie­ren von Reli­gi­ons­un­ter­richt. Die Fächer­pa­let­te ist viel­fäl­tig und beinhal­tet zudem Sakra­men­ten-Hin­füh­rung (zu Erst­kom­mu­ni­on, Abend­mahl und Fir­mung), Lit­ur­gie­ge­stal­tung und Erwach­sen­ar­beit.

Kate­che­se ist «Reli­gi­on buch­sta­bie­ren und Glau­ben feiern»

In jedem Fall geht für die Kate­che­tin­nen mit dem Erhalt des Fach­aus­wei­ses eine inten­si­ve Lern­zeit zu Ende. Die Zeit for­de­re jeweils ein beacht­li­ches Mass an Enga­ge­ment neben beruf­li­cher Tätig­keit, eben­so Acht­sam­keit im Umgang mit per­sön­li­chen Res­sour­cen und Lern­freu­de. Und laut Clau­dia Rüeg­seg­ger, Aus­bil­dungs­lei­te­rin im öku­me­ni­schen Bil­dungs­gang «Modu­lA­ar» ist der Weg mit der Diplo­mie­rung lan­ge noch nicht abge­schlos­sen. Kate­che­se ver­ste­he sich als lebens­lan­ges Glau­ben ler­nen, als ein «Reli­gi­on buch­sta­bie­ren und Glau­ben fei­ern», als ein Unter­wegs sein auf den Spu­ren Jesu in der Welt von heu­te an den Lern­or­ten Schu­le und Kirch­ge­mein­de.Was gefällt den Frau­en an der anspruchs­vol­len Auf­ga­be, Kin­dern Glau­bens­in­hal­te zu ver­mit­teln? «Mir macht es Freu­de, Kin­dern ohne schu­li­schen Druck etwas zu ver­mit­teln», erklärt Nadi­ne Brauch­li Weiss aus Gipf-Oberf­rick. Und dass sie auch kon­fes­si­ons­lo­se Kin­der errei­che, ergänzt die frisch Diplo­mier­te. Ihr Unter­richt sei zwar kon­fes­sio­nell, doch es kämen auch jene, die weder katho­lisch noch refor­miert sei­en. «Wenn der Unter­richt einen guten Ruf hat, schicken auch kir­chen­fer­ne Eltern ihre Kin­der ger­ne».

Stu­die­ren­de: Sta­gnie­ren­de, leicht rück­läu­fi­ge Zahlen

Für die mei­sten vor Ort macht die Arbeit mit Kin­dern und Jugend­li­chen die Haupt­mo­ti­va­ti­on für ihrem Beruf aus. Ande­re wie­der­um beto­nen, wie sehr sie es schät­zen, einen Beruf aus­üben zu dür­fen, in wel­chem der Glau­be eine zen­tra­le Rol­le spie­le.Rund 50 Per­so­nen ste­hen aktu­ell an ver­schie­de­nen Orten der rund vier Jah­re dau­ern­den Kate­che­se-Aus­bil­dung, erklärt Clau­dia Rüeg­seg­ger. Die Zahl der Absol­ven­tin­nen sta­gniert seit ein paar Jah­ren, nimmt laut ihrer Ein­schät­zung bei den Refor­mier­ten sogar leicht ab. «Das hat unter ande­rem damit zu tun, dass der Reli­gi­ons­un­ter­richt an den Schu­len immer mehr an den Rand gedrängt und in die Frei­zeit ver­legt wer­den muss». Regu­la Weg­mann als Ver­tre­te­rin des Kir­chen­ra­tes der Refor­mier­ten Lan­des­kir­che for­der­te denn auch in ihrem Gruss­wort an die Absol­ven­tin­nen: «Wir müs­sen wei­ter dafür kämp­fen, dass der Reli­gi­ons­un­ter­richt nicht aus der Schu­le gedrängt wird».

Guter Unter­richt braucht Lebenserfahrung 

Spricht man mit den Absol­ven­tin­nen, so ist das durch­aus ein The­ma. «Die Jugend­li­chen kom­men mitt­ler­wei­le in ihrer Frei­zeit an einem Mitt­woch- oder Frei­tag­abend. bezie­hungs­wei­se an einem Sams­tag­vor­mit­tag», so Mavis Cla­ris­se. «Sie kom­men, weil dies Vor­aus­set­zung für die Fir­mung ist. Ich ver­su­che daher umso mehr, einen abwechs­lungs­rei­chen Unter­richt zu gestal­ten.»Viel­mehr beschäf­tigt die Absol­ven­tin­nen aller­dings, wie Kin­der und Jugend­li­che für Reli­gi­on zu begei­stern sind. Auf die Fra­ge, wie es gelingt, meint bei­spiels­wei­se Ire­na Bobas-Iva­no­vic gegen­über Hori­zon­te: «Indem ich ihnen ein Vor­bild bin und die Ver­bin­dung zwi­schen bibli­schem Text und All­tag vor­le­ben kann». Mit Lebens­er­fah­rung kön­ne man Kin­der packen, ist die frisch diplo­mier­te Kate­che­tin aus Ari­stau über­zeugt.

«Kate­che­tisch Täti­ge müs­sen ihre Kom­pe­ten­zen erweitern»

«Alles in allem sei die Aus­bil­dung als Gan­zes extrem berei­chernd gewe­sen, auch für die per­sön­li­che Ent­wick­lung», meint Nadi­ne Brauch­li Weiss. Das Wich­tig­ste, das sie gelernt habe, bringt es Mavis Cla­ris­se auf den Punkt, sei, dass Weni­ger mehr ist. «Das haben ganz vie­le Leh­rer gesagt. Lie­ber bei etwas blei­ben und das mög­lichst gut wei­ter­ge­ben.»Für Clau­dia Rüeg­seg­ger ist klar, dass sich Reli­gi­ons­un­ter­richt und die Aus­bil­dung hier­für heut­zu­ta­ge inner­halb eines ganz ande­ren gesell­schaft­li­chen Kon­tex­tes bewegt. Kin­der und Jugend­li­che sind nicht mehr selbst­ver­ständ­lich kirch­lich sozia­li­siert und betei­li­gen sich auch nicht mehr auto­ma­tisch aktiv am Glau­bens­le­ben. Dem muss auch die Kate­che­se-Aus­bil­dung Rech­nung tra­gen. Es sei dar­um umso wich­ti­ger, so Clau­dia Rüeg­seg­ger, «dass kate­che­tisch Täti­ge ihre Kom­pe­ten­zen erwei­tern, um mit Ver­än­de­run­gen pro­fes­sio­nell umge­hen zu kön­nen». Sie müss­ten sich reflek­tiert, pro­zess­ori­en­tiert, team­fä­hig und authen­tisch den neu­en Her­aus­for­de­run­gen stel­len. Nur so könn­ten sie lösungs­ori­en­tiert auf die Bedürf­nis­se der ihnen anver­trau­ten Men­schen ein­ge­hen und den Wan­del in Gesell­schaft und Kir­che mitgestalten». 
Andreas C. Müller
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