Kapellenwanderer zum vierten Mal im Regen
Das Aargauer Kapellenbuch samt Webseite, das die Römisch-Katholische Landeskirche zu ihrem 125-jährigen Jubiläum vor sechs Jahren lanciert hatte, bleibt in den Kapellenwanderungen lebendig. Nach drei Jahren Pause luden die Organisatoren am vergangenen Samstag, den 6. Mai, nach Böttstein zur 4. Aargauer Kapellenwanderung. Und die Menschen kamen… Petrus jedoch blieb fern.Er hätte Petrus sehr gern auch im Vorbereitungsteam für die diesjährige Kapellenwanderung gehabt, meinte Kurt Adler bei der Begrüssung und hatte damit sogleich die Lacher auf seiner Seite. Noch jede Aargauer Kapellenwanderung hatte sich bis jetzt zur Schirmparade gemausert. Und auch diesmal öffnete der Himmel wieder seine Schleusen.
Beeindruckende Bethäuser und herzhafte Häppchen
Die 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer liessen sich indessen nicht beirren und trotzten tapfer dem Wetter. Sie sollten es nicht bereuen, boten doch das Projektteam der Römisch-Katholischen Landeskirche um Kirchenrat Ruedi Hagmann, Kurt Adler und Historiker Linus Hüsser zusammen mit den Kapellenvereinen Böttstein und Hettenschwil ein spannendes Kulturwanderprogramm.Die Route führte diesmal von Böttstein via Hettenschwil nach Leuggern. Dort konnte die Wandertruppe, die bereits in Hettenschwil vom dort ansässigen Kapellenverein mit einem Apéro und allerlei Häppchen verwöhnt worden war, eine herzhafte Mahlzeit geniessen.
125 Kapellen für 125 Jahre Landeskirche
Er verstehe die Kapellenwanderungen als einen wichtigen Beitrag, damit das Kapellenprojekt weiterlebe, erklärte Kirchenrat Ruedi Hagmann und Präsident der verantwortlichen Kommission für das Kapellenprojekt der Römisch-Katholischen Landeskirche Aargau in der Schlosskapelle Böttstein den Anwesenden.Begonnen hatte es 2011 anlässlich des 125-jährigen Bestehens der Römisch-katholischen Landeskirche Aargau. Die Synode sprach 2011 einen namhaften Betrag, um die Geschichte von 125 Aargauer Kapellen in Wort und Bild für eine breite Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Was zunächst als Webseite und später dann als Buch Gestalt annahm, gewann mit der ersten, im Jahre 2012 durchgeführten Kapellenwanderung, Eventcharakter. Es folgten 2013 zwei weitere Kapellenwanderungen sowie 2014 ein «Tag der offenen Kapellen» anlässlich der Buchvernissage.Aufgrund der positiven Resonanz entschloss sich die Projektkommission der Römisch-Katholischen Landeskirche nach mehrjähriger Pause, die Kapellenwanderungen in diesem Jahr neu zu lancieren. Dies sehr zur Freude von Felix Vögele, der 40 Jahre als Präsident den Kapellenverein Böttstein geführt hatte. Seit Bekanntwerden der Idee mit den Kapellenwanderungen hatte er für eine solche «im Kirchspiel Leuggern» geweibelt. Am vergangenen Samstag war es endlich soweit: Felix Vögele konnte die Kapellenwanderung in Böttstein begrüssen und der versammelten Wandergemeinde über die wechselvolle Geschichte der Schlosskapelle Böttstein und ihren Aufstieg zu einer der schönsten Barockkapellen nördlich der Alpen berichten.
Faszination von Anfang an
Beeindruckt zeigten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer schliesslich auch von der kleinen Wegkapelle unweit der grossen Böttsteiner Schlossanlage. Ein Leutnant im Dienste des Königs von Neapel hatte sie 1766 gestiftet, nachdem er aus schwerer Seenot gerettet worden war. Der Sturm habe sich gelegt, als Besatzung und Passagiere sich vor einer Kopie des Gnadenbildes «Maria vom guten Rat» niedergeworfen und gebetet hatten. Selbiges Gnadenbild ziert denn auch das Innere der kleinen Wegkapelle, das der Kapellenverein Böttstein 2009 samt dem Bethaus restaurieren liess.Sie habe bis jetzt jede Kapellenwanderung mitgemacht, erklärte Anna Meier gegenüber Horizonte stolz. Mit besonderer Freude erinnere sie sich noch an den Freiämter Aufstieg zum Horben, wo man nebst der Kapelle auch das Schloss mit den Malereien von Caspar Wolf habe besichtigen können. «Kapellen sind für mich Kraftorte», so die passionierte Pilgerin aus Oeschgen. «Ich finde es faszinierend, wie zu früheren Zeiten die Menschen aus dem Glauben heraus, von Gott beschützt zu werden, oder aber aus Dankbarkeit Kapellen errichtet haben.» Überhaupt habe sie das Kapellenprojekt der Römisch-Katholischen Landeskirche Aargau von Anfang verfolgt, immer wieder die Webseite besucht und sich gefreut, wenn wieder neue Kapellen aufgeschaltet wurden. Diese haben sie dann besucht.
Mit Traktor-Eskorte nach Hettenschwil
Auf der Wanderung von Böttstein nach Hettenschwil und Leuggern übernahm Ruedi Emmenegger das Szepter. Der Präsident des Hettenschwiler Kapellenverein hatte sogar eine Traktor-Eskorte organisiert, damit auch dabei bleiben konnte, wen die Kräfte verliessen.Stolz präsentierte Ruedi Emmeger der Wandergruppe in Hettenschwil die Sebastianskapelle mit ihrem kriegerischen Altarbild, das seinesgleichen in der Region sucht. Es zeigt die Seeschlacht von Lepanto von 1571. In dieser besiegte eine christliche Flotte die Osmanen. «Ein bedeutender Wendepunkt im Kampf gegen die Islamisierung Europas», so Ruedi Emmenegger. Über der Szenerie schwebt die Gottesmutter. Maria soll den Christen zum Sieg verholfen haben.
Nächster Event im Fricktal
Der Weg zum Zielort Leuggern führte an der dortigen Lourdesgrotte vorbei. Es sei dies die bekannteste der ganzen Region, weil eine massgetreue Nachbildung der Grotte von Lourdes, so Historiker Linus Hüsser. In 10 000 Stunden Fronarbeit sei sie 1929 erstellt worden.Dass sich für einmal nicht 80 – 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, sondern nur mehr deren 50 zur Wanderung einfanden, vermochte das Erlebnis nicht zu schmälern. Zu allfälligen Gründe für den Teilnehmerrückgang vermochten die Organisatoren keine Angaben zu machen. Auch dem Wetter wollten sie nicht «die Schuld» geben. Vielmehr denken sie bereits an den nächsten Event. Dann soll die Kapellenwanderung im Fricktal Station machen.