Jetzt fehlt nur noch die gol­de­ne Kugel auf dem Turm

Jetzt fehlt nur noch die gol­de­ne Kugel auf dem Turm

Abschluss der Fas­sa­den- und Dach­sa­nie­rung der Kir­che St. Ste­phan in Therwil

Die vor bald 400 Jah­ren mit­ten im Dreis­sigjährigen Krieg erbau­te römisch-katho­li­sche Kir­che St. Ste­phan in Ther­wil erstrahlt nach einer Sanie­rung der Fas­sa­de in neu­em Glanz. Teil­wei­se neu ist auch der Dach­stuhl. Näch­stes Jahr folgt eine Innen­sa­nie­rung, die auch das 1781 gemal­te gros­se Decken­bild umfas­sen wird.Für ein gutes hal­bes Jahr «ver­schwand» das Ther­wi­ler Wahr­zei­chen, die Kir­che St. Ste­phan, hin­ter Bau­ge­rü­sten. Seit Kur­zem ist die Ver­hül­lung weg. Das Resul­tat der Sanie­rungs­ar­bei­ten kann sich sehen las­sen. «In neu­em Glanz» prä­sen­tiert der Ther­wi­ler Kirch­ge­mein­de­prä­si­dent Rue­di Bal­tis­ber­ger bei unse­rem Besuch an einem neb­li­gen Spät­som­mer­mor­gen «sei­ne» Kir­che. Noch fehlt das Tüp­fel­chen auf dem i: Das Turm­kreuz mit der gol­de­nen Kugel. Die Mon­ta­ge ist für den 11. Okto­ber vor­ge­se­hen.

«Ope­ra­ti­on am offe­nen Herzen»

Rue­di Bal­tis­ber­ger ist des Lobes voll über die Hand­wer­ker, die an der Sanie­rung der Fas­sa­den und der Dach­kon­struk­ti­on betei­ligt waren. «Alles lief nach Plan», berich­tet er. Die Anfor­de­run­gen waren hoch, vor allem für die Zim­mer­leu­te, wel­che die teil­wei­se bröckeln­den Bal­ken im Dach­stuhl repa­rier­ten. «Sie muss­ten sehr prä­zi­se arbei­ten, damit der Gips­decke nichts pas­siert», sagt Bal­tis­ber­ger. Grund für die Sor­ge ist das im Jahr 1781 gemal­te gros­se Decken­bild.Das Bild ent­stand im Rah­men der Roko­ko-Umge­stal­tung im 18. Jahr­hun­dert. Gemalt wur­de auf eine Putz­schicht, die direkt auf der Bund­bal­ken­la­ge des Dach­stuhls auf­ge­bracht wur­de. Das bedeu­tet, dass der Sakral­raum direkt mit dem Holz­trag­werk kon­struk­tiv ver­bun­den ist. «Das ist wie eine Ope­ra­ti­on am offe­nen Her­zen!», zitiert ein Bei­trag in der Fach­zeit­schrift «bau­blatt» den stell­ver­tre­ten­den Basel­bie­ter Denk­mal­pfle­ger Wer­ner Nie­der­ber­ger zu den Arbei­ten im Dachstuhl. 
Alt und neu im Dach­stuhl: Noch immer machen 400 Jah­re ­alte Bal­ken den we­sent­lichen Teil der Dach­kon­struk­ti­on aus. | © Regu­la Vogt-Kohler

Schä­den bei Ana­ly­se entdeckt

Der Aus­lö­ser für die nun abge­schlos­se­ne erste Etap­pe der Sanie­rungs­ar­bei­ten war jedoch nicht der Dach­stuhl, son­dern der Anblick der Aus­sen­fas­sa­den. Eine Zustands­er­fas­sung habe dann aber erge­ben, dass auch die Dach­kon­struk­ti­on erheb­li­chen Sanie­rungs­be­darf auf­wei­se, erzählt Bal­tis­ber­ger. «Im Spe­zi­el­len wur­den im Dach­stuhl feh­len­de (resp. fau­len­de) Trag­ele­men­te fest­ge­stellt», heisst es in der Begrün­dung des Kre­dit­be­geh­rens zuhan­den der Kirch­ge­mein­de­ver­samm­lung. «Eine wei­te­re ver­tief­te Unter­su­chung zeig­te, dass die not­wen­di­gen Mass­nah­men am Dach­stuhl prio­ri­tär durch­zu­füh­ren sind.»Sorg­falt war nicht nur wegen der Gefahr für die Gips­decke und das dar­auf gemal­te Bild gefragt. Weil die Kir­che St. Ste­phan unter Denk­mal­schutz steht, durf­ten nur die schad­haf­ten Stel­len der Dach­kon­struk­ti­on und nicht gleich gan­ze Bal­ken ersetzt wer­den. Der Dach­stuhl des Haupt­schiffs gehört wie das Chor­ge­wöl­be und das Haupt­por­tal zu den bau­zeit­lich über­lie­fer­ten Tei­len der Bau­sub­stanz.

1618: Brief an Bischof

Die Bau­ar­bei­ten für St. Ste­phan began­nen 1627, wie eine Inschrift am Turm bezeugt. Bald kam es zu Ver­zö­ge­run­gen, weil sich die Stadt Basel als Zehnt­herr wei­ger­te, ihren Bei­trag zu bezah­len. Ab 1629 ging es dann wie­der vor­wärts, und am 19. Okto­ber 1631 fand die Kirch­wei­he statt. Trei­ben­de Kraft für den Kir­chen­bau war Pfar­rer Joseph Liech­tin, der bereits 1618 dem Bischof geschrie­ben hat­te, die alte Kir­che sei bau­fäl­lig und müs­se auch wegen Platz­man­gels durch einen Neu­bau ersetzt wer­den. St. Ste­phan in Ther­wil ist eine der weni­gen Kir­chen, die im Gebiet der heu­ti­gen Schweiz wäh­rend des Dreis­sig­jäh­ri­gen Kriegs ent­stan­den. Weni­ge Jah­re nach der Wei­he erfass­te der Stru­del des Kriegs auch das Leim­en­tal. «Nach den ver­hee­ren­den Ein­fäl­len der Schwe­den 1635 erneu­er­te man die Kan­zel­stie­ge, die Kir­chen­tü­re und häng­te die Glocken in den Turm», liest man in der Bau­ge­schich­te.

Was steckt in der Kugel?

Erst viel spä­ter, 1827, ent­stan­den der spit­ze Turm­helm mit Knauf und Dop­pel­kreuz. Dank einer Demon­ta­ge zur Repa­ra­tur und Rei­ni­gung hat­te das lan­ge Rät­sel­ra­ten über den Inhalt der gol­de­nen Kugel ein Ende. Die dar­in ent­hal­te­nen Doku­men­te bezie­hen sich auf die Kir­chen­sa­nie­run­gen 1886, 1922 und 1962 und sind eben­so wie zahl­rei­che Fotos zu den Bau­ar­bei­ten auf der Home­page der Pfar­rei St. Ste­phan Ther­wil/­Biel-Ben­ken (www.rkk-therwil.ch) zu fin­den.Die Mon­ta­ge von Kugel und Kreuz ist für den 11. Okto­ber vor­ge­se­hen. Start ist um 8.30 Uhr mit dem Ein­tref­fen des Krans. Die Kugel wird mit den alten und neu­en Doku­men­ten bestückt, dann wird die Hül­se ver­lö­tet. Falls Wind den Kran­ein­satz ver­hin­dert, ist ein zwei­ter Anlauf am 16. Okto­ber geplant.Regu­la Vogt-Kohler
Redaktion Lichtblick
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