
Bild: © LudÂmiÂla Leuenberger
«Jeder Mensch hat etwas EinÂzigÂarÂtiÂges zum AusÂdruck zu bringen»
Der Choreograf und Tänzer Luvyen Mederos Gutiérrez hat eine Methode entwickelt, mit der sich alle Menschen mitteilen können
Als Luvyen in die Schweiz gekommen ist, hat er selbst erfahren, was es heisst, ausgeschlossen zu sein. Mit seiner Methode Choreo-Persona ermöglicht er allen Menschen, sich sich auszudrücken. Aktuell arbeitet er mit den Bewohnenden des Lindli-Huus in Schaffhausen, wo Menschen mit einer Körperbehinderung leben. Und in Baden findet ein Workshop im Kurtheater statt.
LuvyÂen MedeÂros GutÂiérrez verÂwanÂdelt Ideen in BeweÂgung. Der TänÂzer aus Kuba macht das schon lanÂge und kann das auch gut. Doch das ist nicht sein Ziel. Sein Ziel ist, dass alle MenÂschen, die an seiÂnen WorkÂshops teilÂnehÂmen, ihre BotÂschaft in BeweÂgung verÂwanÂdeln könÂnen. Denn manchÂmal könÂnen DinÂge nicht gesagt werÂden, oder es finÂden sich schlicht keiÂne WorÂte, um etwas auszurücken.

TanzÂverÂein für soziaÂle Teilhabe
LuvyÂen ist TänÂzer und ChoÂreoÂgraf. Im NovemÂber 2023 ist er zu seiÂner SchweiÂzer Frau nach Baden gezoÂgen. Drei MonaÂte nach seiÂner Ankunft konnÂte er in SchaffÂhauÂsen im LindÂli-Huus, einem WohnÂheim für MenÂschen mit KörÂperÂbeÂhinÂdeÂrung, ein PrakÂtiÂkum machen. Damals habe er kaum ein Wort Deutsch gesproÂchen. Die SprachÂbarÂrieÂre habe ihn darÂan gehinÂdert, sich mitÂzuÂteiÂlen, und damit sei es ihm ähnÂlich geganÂgen, wie vieÂlen BewohÂnenÂden des LindÂli-Huus. «SoziaÂle TeilÂhaÂbe ist mir wichÂtig, weil auch ich an der GesellÂschaft teilÂhaÂben möchÂte», sagt der TänÂzer aus Kuba. DarÂum hat er den TanzÂverÂein für soziaÂle TeilÂhaÂbe gegrünÂdet und setzt sich in verÂschieÂdeÂnen ProÂjekÂten dafür ein, dass sich alle MenÂschen in die GesellÂschaft einÂbrinÂgen könÂnen. KinÂder, alte MenÂschen, MenÂschen mit MigraÂtiÂonsÂhinÂterÂgrund, MenÂschen mit Behinderung.

Jeder Mensch kann Choreograf/in sein
An einem von drei WorkÂshops im KurÂtheaÂter Baden im FebruÂar dieÂses JahÂres haben rund 20 PerÂsoÂnen teilÂgeÂnomÂmen. ZugeÂschalÂtet waren auch zwei BewohÂnenÂde aus dem LindÂli-Huus. LuvyÂen legt den TeilÂnehÂmenÂden seiÂne MethoÂde in groÂben Zügen dar. Er hatÂte sie in seiÂner HeiÂmat entÂwickelt und nennt sie heuÂte ChoÂreo-PerÂsoÂna. Der Name bedeuÂtet, dass jeder MenÂschen ChoÂreoÂgraÂfin oder ChoÂreoÂgraf sein kann. «Jeder Mensch hat etwas EinÂzigÂarÂtiÂges zum AusÂdruck zu brinÂgen», sagt LuvyÂen, «nieÂmand andeÂrer kann deiÂne GeschichÂte so authenÂtisch erzähÂlen, wie du selbst.»
ChoÂÂreo-PerÂÂsoÂÂna erleben
ProÂjekÂte in Baden und Schaffhausen
ChoÂÂreo-PerÂÂsoÂÂna im KurÂtheaÂter baden. Hier finÂden Sie die Informationen.
Auch an den SchaffÂhauÂser KulÂturÂtaÂgen im Juni könÂnen Sie ChoÂÂreo-PerÂÂsoÂÂna erleben.
Regeln sprenÂgen
Damit sprengt LuvyÂen die Regeln des TanÂzes, bei der es vorÂgeÂgeÂbeÂne RolÂlen gibt: ein TänÂzer, eine ChoÂreoÂgraÂfin, das PubliÂkum. In LuvyÂens MethoÂde überÂnehÂmen alle jede RolÂle, werÂden alle ermächÂtigt, selbst ihre BotÂschaft auf ihre WeiÂse ins Spiel zu brinÂgen. DarÂum ist der Tanz für LuvyÂen auch poliÂtisch. Davon zeuÂgen die PlaÂkaÂte, die er am WorkÂshop in die RunÂde legt: «BeweÂgung kann ein Akt des poliÂtiÂschen WiderÂstands sein», zitiert LuvyÂen Susan L. Foster, «The mind is a musÂcle» lauÂtet ein berühmÂtes Zitat der ameÂriÂkaÂniÂschen TänÂzeÂrin und ChoÂreÂgraÂfin Yvonne RaiÂner. Wenn LuvyÂen von InkluÂsiÂon spricht, meint er nicht ausÂschliessÂlich die TeilÂhaÂbe von MenÂschen, die aus verÂschieÂdeÂnen GrünÂden vom TanÂzen ausÂgeÂschlosÂsen sind. Mit InkluÂsiÂon meint er auch, dass TanÂzen nicht ausÂschliessÂlich auf BühÂnen stattÂfinÂden soll, vorÂgeÂzeigt von MenÂschen mit jahÂreÂlang durchÂtraiÂnierÂten KörÂpern, sagt LuvyÂen. Tanz sei nichts EliÂtäÂres, sonÂdern etwas grundÂleÂgend Menschliches.

Geübt hat LuvyÂen seiÂne MethoÂde in Kuba. An einem StrandÂort in der Nähe von HavanÂna, wo die SituaÂtiÂon sozioÂkulÂtuÂrell und ökoÂloÂgisch anspruchsÂvoll geweÂsen sei, haben die BewohÂnenÂden zusamÂmenÂgeÂfunÂden, in dem sie gemeinÂsam ein TanzÂfeÂstiÂval orgaÂniÂsierÂten. Die TänÂze dazu choÂreoÂgraÂfierÂten sie gleich selbst. Als posiÂtiÂver NebenÂefÂfekt säuÂberÂten die TeilÂnehÂmenÂden den verÂschmutzÂten Strand.
LuvyÂen kann sich gut vorÂstelÂlen auch im kirchÂliÂchen RahÂmen ein ProÂjekt zu machen. Er hat den kubaÂniÂschen KathoÂliÂzisÂmus kenÂnenÂgeÂlernt, in dem vieÂle afriÂkaÂniÂsche TraÂdiÂtioÂnen mitÂschwinÂgen und die HeiÂliÂge BarÂbaÂra auch ChanÂgo, der Gott des DonÂners ist. Für LuvyÂen hat ReliÂgiÂon eine mateÂriÂelÂle und eine immaÂteÂriÂelÂle DimenÂsiÂon. «Der Tanz befinÂdet sich dazwiÂschen, dort wo auch die HoffÂnung ist.»