Jeden Mon­tag eine Überraschung

Mon­tags tref­fen sich in Suhr jugend­li­che Flücht­lin­ge zum Fuss­ball­trai­ning. Bereits haben die ersten den Sprung in die loka­len Ver­ei­ne geschafft.Es reg­net in Strö­men. Gleich­wohl haben sich auf dem Fuss­ball­platz in Suhr eine Grup­pe Afgha­nen und drei Eri­tre­er zum wöchent­li­chen Trai­ning ein­ge­fun­den. Die Afgha­nen sind UMAs, gehö­ren zu den über 100 «Unbe­glei­te­ten Min­der­jäh­ri­gen Asly­su­chen­den», die beim Kan­tons­spi­tal Aar­au im «alten Schwe­stern­haus» unter­ge­bracht sind. Ali Rezai ist seit 8 Mona­ten in der Schweiz. Der 17-Jäh­ri­ge spricht schon gut Deutsch, besucht auch regel­mäs­sig Sprach­un­ter­richt.

Reso­nanz aus dem gan­zen Kanton 

Seit August 2015 bie­tet der Betriebs­wirt­schaf­ter und Kli­nik­ma­na­ger am Kan­tons­spi­tal Aar­au Felix Häu­ser zusam­men mit drei jun­gen Schwei­zern in Suhr ein Fuss­ball­trai­ning für UMAs an. Den Grund­stein hier­für leg­te vor knapp einem Jahr der dama­li­ge Sozi­al­ar­bei­ter von Suhr und Buchs, Jan Götschi, sowie Felix Häu­sers Lebens­part­ne­rin. Die­se enga­gier­te in der Inte­gra­ti­ons­kom­mis­si­on von Suhr aktiv. Die Über­ra­schung: Es kamen nicht nur UMAs, son­dern plötz­lich auch ver­schie­de­ne Asyl­su­chen­de aus ver­schie­de­nen Aar­gau­er Regio­nen von Zofin­gen bis Muri. In den Som­mer­mo­na­ten sei­en es bis zu 40 Leu­te gewe­sen, so dass man auf zwei Fel­dern gespielt habe. «Wir haben nicht nach­voll­zie­hen kön­nen, woher die Leu­te kom­men», so Felix Häu­ser. Das sei letzt­lich auch egal. Haupt­sa­che, die Leu­te kämen und hät­ten Spass. «Sogar bei minus sechs Grad und Schnee haben wir hier acht gegen acht gespielt», erin­nert sich Felix Häu­ser.

Ita­lie­nisch in Eritrea

Ziel sei es von Anfang an gewe­sen, dass die Flücht­lin­ge zusam­men mit Ein­hei­mi­schen kicken. «So pro­fi­tie­ren bei­de Sei­ten», erklärt Felix Häu­ser. «Die Flücht­lin­ge ler­nen Deutsch, und wir erfah­ren etwas über ihre Kul­tur, und ler­nen, Syrer, Afgha­nen und Eri­tre­er von­ein­an­der zu unter­schei­den.» Und augen­zwin­kernd fügt der Betriebs­wirt­schaf­ter an: «Oder hät­ten sie gewusst, dass in Eri­trea auch Ita­lie­nisch gespro­chen wird?»Beein­druckend sei, wie unter­schied­lich die Ent­wick­lung bei den jun­gen Leu­ten ver­lau­fe, erklärt Felix Häu­ser. Von Leu­ten, die regel­mäs­sig ins Trai­ning kämen, könn­ten eini­ge mitt­ler­wei­le anspre­chend Deutsch, ande­re über­haupt nicht. Über­haupt sei jedes Trai­ning immer wie­der eine Über­ra­schung, erklärt auch Jonas Bur­ch. «Du kommst hier­her und weißt nicht, was dich erwar­tet», so der 28-jäh­ri­ge Ex-Jour­na­list, der sich mit ehren­amt­li­chem Deutsch­un­ter­richt für UMAs für sein Leh­rer­stu­di­um vor­be­rei­tet. Die jun­gen Leu­te sei­en alle sehr freund­lich und moti­viert, aber mit der Spra­che hape­re es bei vie­len. Inso­fern schei­ter­ten auch Ver­su­che, mit den jun­gen Leu­ten über das Trai­ning hin­aus etwas Sozia­les zu unter­neh­men. «Gril­len oder einen Aus­flug bei­spiels­wei­se», erklärt Jonas Bur­ch.

Orts­an­säs­si­ge mit Berührungsängsten

Das mit der «Durch­mi­schung» habe bis anhin nicht geklappt, räumt Jonas Bur­ch ein. Gleich­wohl hät­ten die Initi­an­ten des Fuss­ball­trai­nings viel Soli­da­ri­tät erfah­ren. Nach einem Auf­ruf bei Face­book sei­en sie förm­lich mit Fuss­ball­schu­hen, Tri­kots und Fuss­bäl­len über­schüt­tet wor­den. Beson­ders freut Jonas Bur­ch, dass man bereits eini­ge talen­tier­te Jugend­li­che an regio­na­le Fuss­ball­ver­ei­ne abge­ben kön­nen. So auch den Eri­tre­er Yared. Der 19-Jäh­ri­ge lebt bereits seit sechs Jah­ren in der Schweiz, wohnt in Suhr und trai­niert mitt­ler­wei­le zwei­mal wöchent­lich mit dem FC Buchs. Auch 5. Liga-Matches spielt er.

Kon­stanz als Ziel

Eine gros­se Her­aus­for­de­rung sei es, Kon­stanz in die Trai­nings zu brin­gen, räumt Jonas Bur­ch ein. Mal kämen nur zehn, manch­mal bis zu 40 Leu­te. Aber nie­mals regel­mäs­sig die­sel­ben. Jonas Bur­ch ver­mu­tet, dass es mitt­ler­wei­le so vie­le Ange­bo­te für Flücht­lin­ge gibt, dass die Gefahr bestehe, dass ein Ange­bot den ande­ren unwil­lent­lich die Leu­te abgräbt. «Irgend­wie fehlt es an Koor­di­na­ti­on», so der ange­hen­de Leh­rer. «Zum Glück plant das Depar­te­ment für Gesund­heit und Sozia­les nun eine Koor­di­na­ti­ons­stel­le», wie Peter Mich­alik von der Pfar­rei Suhr-Grä­ni­chen erklärt. In Zusam­men­ar­beit mit der refor­mier­ten Kirch­ge­mein­de Suhr unter­stützt die Pfar­rei ver­schie­de­ne Initia­ti­ven, die den vor­wie­gend jun­gen Flücht­lin­gen in Suhr bei der Inte­gra­ti­on hel­fen sollen. 
Andreas C. Müller
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