In Jahrhunderten gewachsen und bewährt
Für Verständnis für die spezielle Situation der Kirche Schweiz hat der Präsident der Schweizer Bischofskonferenz, Bischof Markus Büchel, bei der Begegnung mit Papst Franziskus geworben. Die Schweiz verfüge über verschiedene Kulturen und Sprachen und die Kirche trage diesem Umstand Rechnung.Unter Achtung der Verschiedenheiten suche und wahre die Kirche die Einheit, sagte Markus Büchel in seiner Ansprache bei der Begegnung mit dem Papst beim «Ad-Limina-Besuch» der Schweizer Bischöfe in Rom vergangene Woche. «Ad-limina-Besuch» wird eine kirchenrechtliche Verpflichtung der römisch-katholischen Bischöfe genannt. Diese besagt, dass die Bischöfe dem Papst in der Regel alle fünf Jahre einen persönlichen Besuch abzustatten und dabei einen Bericht über den Zustand der jeweiligen Diözese zu geben haben.
Fingerspitzengefühl
Bischof Markus Büchel wies auf die spezielle Situation im Verhältnis von Kirche und Staat hin. In vielen Kantonen organisiert sich die Kirche in einem «dualen System». Die Pfarreien und Diözesen seien im Zusammenspiel mit katholischen Körperschaften öffentlichen Rechts. «Diese Form der Kooperation zwischen Staat und Kirche ist in der Geschichte durch die Jahrhunderte gewachsen und entspricht der demokratischen und föderalistischen Staats- und Gesellschaftsauffassung der Schweiz», betonte der Präsident der Schweizerischen Bischofskonferenz. Das Miteinander der hierarchisch verfassten Kirche und der staatskirchenrechtlichen Körperschaften verlange in vielen Bereichen» Fingerspitzengefühl und grosse Dialogbereitschaft». Das Zusammenwirken sei dort eine Hilfe, wo die Laien im Dienst der Kirche eine ihren Kompetenzen und Fähigkeiten angemessene Aufgabe übernehmen. Sie entlasteten die Ordinariate und Pfarreien von vielen Verwaltungsfragen und von der Sorge um das Materielle. Voraussetzung sei aber immer die gegenseitige Anerkennung der Kompetenzen.
Kleines Europa
Da die Kirchenhoheit in der Schweiz bei den Kantonen liege, könnten die Organisationssysteme sehr verschieden sein. «Wenn wir die 26 Kantone der Schweiz mit ihren eigenen Hoheiten betrachten, sind wir tatsächlich ein kleines Europa», meinte der Bischof. Bis heute sei es immer wieder gelungen, trotz Verschiedenheit die gemeinsame Sendung zu sehen, an der Verbesserung der Strukturen zu arbeiten und als katholische Kirche auch eine gute Ökumene mit den Christen der anderen Konfessionen zu pflegen. Dies gelte nicht nur für das Nebeneinander und ökumenische Miteinander in den Pfarreien und Gemeinden, sondern auch für die «grosse Durchmischung der Konfessionen bis in die Ehen und Familien hinein».
Offen sein für die Anderen
Bei allen Herausforderungen dürfe nicht übersehen werden, dass gerade «unser demokratisches und neutrales Staatssystem auch Räume öffnet, die den Menschen der ganzen Welt dienen». Der Bischof von St. Gallen wies darauf hin, dass verschiedene renommierte internationale Organisationen in der Schweiz ihren Sitz haben.
Einladung zum Besuch in der Schweiz
Bischof Markus Büchel dankte Papst Franziskus für seinen Einsatz. Sein Beispiel habe bereits vieles bewegt, sagte er. Der Mut und auch die Klarheit, die der Papst an den Tag lege, fordere dazu heraus, im kirchlichen, politischen und wirtschaftlichen Handeln den Menschen und vor allem die Benachteiligten in die Mitte zu stellen und sich für Menschen in Not aktiv einzusetzen. Mit dem Weg der Familiensynode habe der Papst den Fokus auf ein Thema gelegt, das für die Kirche wie für die Gesellschaft zentral sei. In der Schweiz habe die Befragung zur Familie bis in die Pfarreien hinein viel bewirkt. Der Bischof verband die Grüsse an den Papst mit einer Einladung. Er betonte, dass sein Besuch in der Schweiz «alle ehren und freuen würde». kipa
Sonderfall Schweiz
Mit dem Miteinander der kirchenrechtlichen und der staatskirchenrechtlichen Strukturen entsteht eine sogenannte «Doppelstruktur» oder eben ein «duales System». Diese Form ist eine Schweizer Besonderheit und einzigartig in der katholischen Kirche. Die beiden Strukturen stehen in einer gewissen Spannung zueinander: Eine gute Zusammenarbeit zwischen den kirchenrechtlichen und den staatskirchenrechtlichen Organen auf allen Ebenen ist von zentraler Bedeutung für das kirchliche Leben in der Schweiz. Auf gesamtschweizerischer Ebene pflegen die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) und die Römisch-Katholische Zentralkonferenz (RKZ) einen regen Dialog über gemeinsame Anliegen. Kirchenrechtlichen Organe sind: Gesamtkirche, Schweizer Bischofskonferenz (SBK), Bistum, Generalvikariat (Bistumsregion), Dekanat, Pastoralraum / Seelsorgeeinheit, Pfarrei. Teil der staatskirchenrechtlichen Struktur sind: Römisch-Katholische Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ), Zusammenschluss der kantonalkirchlichen Organisationen des Bistums, Kantonalkirchliche Organisationen (Landeskirche, Synode, Kirchenrat), Kirchgemeinde.