Im Sarg zurück zur Erde – oder als Asche in einer Urne?

Im Sarg zurück zur Erde – oder als Asche in einer Urne?

Dom­herr René Hügin legt allen ans Herz, mit den Ange­hö­ri­gen über die eige­ne Bestat­tung zu reden

Erd­be­stat­tung oder Kre­ma­ti­on – ist das eine rich­ti­ger als das ande­re? Der Mensch ist frei, sagt der Mut­ten­zer Pfar­rer und Dom­herr René Hügin. Aber er rät allen, die Fra­ge mit den Ange­hö­ri­gen zu besprechen. Herr Pfar­rer Hügin, wie ist heu­te unge­fähr das zah­len­mäs­si­ge Ver­hält­nis von Beer­di­gun­gen und Urnen­bei­set­zun­gen in Ihrer Pfarrei? Pfar­rer René Hügin: Im Gros­sen und Gan­zen wird die Urnen­bei­set­zung vor­ge­zo­gen. Immer häu­fi­ger gewünscht wird die Bei­set­zung der Urne im Gemein­schafts­grab oder das Ver­streu­en der Asche im Wald oder auf dem Rhein. Letz­te­res hat mir ein Fähr­mann bestä­tigt.Stel­len Sie Unter­schie­de zwi­schen Katho­li­ken und anders Gläu­bi­gen fest? Die Beer­di­gung im Sarg ist beson­ders bei den Süd­län­dern tief ver­an­kert. Und ich sehe, dass sie durch­aus auch bei Refor­mier­ten oder Ange­hö­ri­gen von Frei­kir­chen gewünscht wird. Es ist eher eine Gene­ra­tio­nen­fra­ge: Die Jun­gen sind klar für die Kre­ma­ti­on. Bei man­chen Älte­ren ist das Ver­bren­nen nega­tiv behaf­tet.Was raten Sie Ange­hö­ri­gen nach einem Todes­fall: Wie sol­len sie sich entscheiden? Die Art der Bestat­tung muss bei einem Todes­fall rela­tiv rasch ent­schie­den wer­den. Des­halb lege ich allen ans Herz, die­se Fra­ge zu Leb­zei­ten mit den Ange­hö­ri­gen zu bespre­chen. Ich habe Mühe damit, wenn die­ser Ent­scheid ein­sam und ohne Rück­sicht­nah­me auf die Hin­ter­blie­be­nen getrof­fen wird. Denn sie sind es, die den Tod nach­her ver­ar­bei­ten müs­sen. Manch­mal stel­le ich fest, dass die vom Ver­stor­be­nen fest­ge­leg­te Art der Bestat­tung nicht über­ein­stimmt mit den Bedürf­nis­sen der Hin­ter­blie­be­nen und ihnen den Abschied unnö­tig schwer macht.Wel­che Hal­tung nimmt die katho­li­sche Kir­che offi­zi­ell dazu ein? (Denkt lan­ge nach:) Kann man von einer offi­zi­el­len Hal­tung zu die­ser Fra­ge spre­chen? Viel­leicht sagt sie, dass, wo es mög­lich ist, eher eine Erd­be­stat­tung statt­fin­den soll­te – aber der Mensch ist frei.Han­delt man weni­ger christ­lich oder weni­ger katho­lisch, wenn man sich für eine Kre­ma­ti­on entscheidet? Nein! Eine sol­che Aus­sa­ge wäre dumm. Das haben wir ja gar nicht zu ent­schei­den. Das liegt in der Macht eines ande­ren.Was ist denn für Sie das Wich­ti­ge an einem kirch­li­chen Begräbnis? Die Art der Bestat­tung ist nicht vor­dring­lich. Wich­tig ist dies: Ich mache den Schritt ins Jen­seits mit mei­ner gan­zen Per­sön­lich­keit, mit allem was ich erlebt habe. Das Ver­gäng­li­che geht ins Unver­gäng­li­che. Ich bin kein «Grab­mensch». Das Wesent­li­che ist für mich das Ein­ge­bun­den­sein in die Lie­be Got­tes. Eines der schön­sten Zei­chen des Begräb­nis­ri­tu­als am Grab sind die Wor­te: «Im Was­ser und im hei­li­gen Geist wur­dest du getauft. Der Herr voll­ende an dir, was er in der Tau­fe begon­nen hat.» Er voll­endet, wir dür­fen gesche­hen las­sen – ein gros­ses Geschenk.Beer­di­gung oder Urnen­bei­set­zung: Haben Sie die Fra­ge für Sie selbst schon entschieden? Mein Grab ist für mich reser­viert – ein Prie­ster­grab in Ettin­gen, wo ich auf­ge­wach­sen bin. Ich will nicht ver­brannt wer­den, ich möch­te zurück in die Erde, so wie ich bin, mit mei­ner Äus­ser­lich­keit. «Von der Erde bist du genom­men, in die Erde kehrst du zurück»: Schon als Mini­strant haben mich die­se Wor­te fas­zi­niert. Das ist aber mei­ne ganz per­sön­li­che Ein­stel­lung. Mei­ne älte­re Schwe­ster zum Bei­spiel hat klar fest­ge­legt, an wel­chem Ort, der ihr lieb ist, der­einst ihre Asche ver­streut wer­den soll. Dar­in zeigt sich eine Viel­falt, das ist für mich abso­lut kein Pro­blem.Haben Sie schon fest­ge­stellt, dass sich die Art der Bestat­tung auf das Emp­fin­den der hin­ter­blie­be­nen Ange­hö­ri­gen auswirkt? Man spürt manch­mal, dass es bei den Part­nern oder den Kin­dern der Ver­stor­be­nen Spu­ren hin­ter­lässt, wenn die Art der Bestat­tung nicht zu deren Leb­zei­ten abge­spro­chen war. Wir sind beru­fen zum Leben, und wir sind beru­fen zum Ster­ben. Wie im Leben sol­len wir auch über den Tod mit­ein­an­der reden. Denn ein Todes­fall unse­rer Näch­sten geht ganz tief, er berührt unse­re inner­ste Schicht.Was ist ganz all­ge­mein wich­tig für das Toten­ge­den­ken, für die Bezie­hung zu den Verstorbenen? Aller­hei­li­gen und Aller­see­len bedeu­ten für mich, dass die Hin­ter­blie­be­nen in den ver­schie­de­nen Got­tes­dienst­for­men die Glau­bens­ge­mein­schaft als öster­li­che Gemein­schaft erfah­ren kön­nen – mit dem Kar­frei­tag und in der öster­li­chen Per­spek­ti­ve. Wir sind mit unse­ren Ver­stor­be­nen auf dem Weg, und wir neh­men sie mit in unse­re Fei­ern. Die fei­ern­de Gemein­schaft hat ein tra­gen­des Ele­ment: Ich muss allein tra­gen, will mich aber auch getra­gen wis­sen.Inter­view: Chri­sti­an von Arx 
Redaktion Lichtblick
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