Im Osten nichts Neu­es: Stel­lungs­krieg Wasserschloss

  • Seit Kir­chen­pfle­ge­prä­si­dent Dani­el Ric ver­gan­ge­nen Novem­ber die Kirch­ge­mein­de­ver­samm­lung vor­zei­tig ver­liess (Hori­zon­te berich­te­te), eska­liert der Kon­flikt in Gebens­torf-Tur­gi. In der Kri­tik ste­hen Kir­chen­pfle­ge­prä­si­dent Dani­el Ric und der als Seel­sor­ger ange­stell­te Sal­va­to­ria­ner­pa­ter Adam Serafin.
  • Eine mitt­ler­wei­le gut 60-köp­fi­ge Initia­tiv­grup­pe hat es sich zum Ziel gesetzt, die Kir­chen­pfle­ge abzu­lö­sen, damit eine neue Kirch­ge­mein­de­lei­tung auch den in der Kri­tik ste­hen­den Sal­va­to­ria­ner­pa­ter ent­las­sen kann.
  • Die Initia­tiv­grup­pe hoff­te lan­ge dar­auf, dass das Bis­tum die Situa­ti­on in ihrem Sin­ne berei­ni­ge. Die­ses jedoch ver­weist dar­auf, dass es alles Erfor­der­li­che zur Kon­flikt­lö­sung getan habe.

Kom­men­tar
von Andre­as C. Mül­ler

Die Gegen­sät­ze in Gebens­torf und Tur­gi sind nach etli­chen Mona­ten der­art unüber­brück­bar, dass wohl kaum noch eine ein­ver­nehm­li­che Lösung gefun­den wer­den kann. Zahl­rei­che Ver­mitt­lungs­ver­su­che sind geschei­tert. Selbst Bir­menstorf hat die Nase voll und will sich aus dem bestehen­den Seel­sor­ge­ver­band zurück­zie­hen. Die Vor­wür­fe von Sei­ten der pro­gres­si­ven Oppo­si­ti­on sind hap­pig – im Grun­de unhalt­ba­re Zustän­de. Aber als Jour­na­list muss man abstra­hie­ren kön­nen und wis­sen: Das ist nur die eine Sei­te der Wahr­heit. Hört man sich vor Ort um, fin­den sich durch­aus Leu­te, die sich aner­ken­nend über die Arbeit von Dani­el Ric und Pater Adam Ser­a­fin aus­spre­chen. Und auch an den von mir stich­pro­ben­ar­tig besuch­ten Got­tes­dien­sten, die Pater Adam Ser­a­fin abhält, gibt es nichts auszusetzen.

Umso unglück­li­cher, wie ins­be­son­de­re Dani­el Ric mir gegen­über auf­trat, als ich anfrag­te, er möge doch zu den im Raum ste­hen­den Vor­wür­fen Stel­lung neh­men. Über­zeugt, ich hät­te genaue­stens über die Fas­nachts­de­mon­stra­ti­on gegen ihn, Pater Adam und des­sen Anhän­ger Bescheid gewusst, for­der­te er, ich sol­le ihm die Ver­ant­wort­li­chen nen­nen. Anson­sten wür­de er mei­ne Fra­gen nicht beant­wor­ten. Die­ses Spiel­chen lässt ver­mu­ten, dass die von der Initia­tiv­grup­pe vor­ge­brach­te Kri­tik bestimmt nicht aus der Luft gegrif­fen ist.

So oder so: Dani­el Ric pola­ri­siert als Kir­chen­pfle­ge­prä­si­dent zu sehr. Für Füh­rungs­per­sön­lich­kei­ten mit all­zu schar­fen Ecken und Kan­ten in Exe­ku­tiv­äm­tern ist die Schweiz nicht gemacht. Das zeigt sich immer wie­der anhand pro­mi­nen­ter Bei­spie­le – oder wie war das noch mit Bun­des­rat Blo­cher? Dani­el Ric muss Platz machen für eine inte­grie­ren­de Per­sön­lich­keit, wel­che die tief gespal­te­ne Kirch­ge­mein­de wie­der einen kann. Ein­zig dies dürf­te Bewe­gung in die ver­fah­re­ne Situa­ti­on brin­gen. Denn: Die Oppo­si­ti­on gegen Dani­el Ric wird nicht ver­stum­men. Der Kon­flikt wird blei­ben und mög­li­cher­wei­se wei­ter eska­lie­ren. Und so lan­ge das pas­siert, nimmt der ohne­hin ram­po­nier­te Ruf der Kir­che nur wei­ter unnö­tig Schaden.

Seit bald zwei Jah­ren steht in Gebens­torf und Tur­gi eine Front. Pro­gres­si­ve und Kon­ser­va­ti­ve lie­gen im Stel­lungs­krieg. Immer wie­der gibt es Gefech­te, aber nie­mand erringt einen ent­schei­den­den Durch­bruch. Letz­ter  Höhe­punkt: Ver­klei­de­te – ganz offen­sicht­lich pro­gres­si­ve Gemein­de­mit­glie­der – demon­strier­ten vor Beginn eines Sams­tags­got­tes­dien­stes (gehal­ten von Pater Adam Ser­a­fin) pro­vo­ka­tiv gegen die «Insek­ten­pla­ge in unse­rer Kir­che», wie es in einem erklä­ren­den Mail heisst, das die Hori­zon­te-Redak­ti­on erhal­ten hat.

Gläu­bi­ge woll­ten Dani­el Ric und Pater Adam «abpas­sen»

Ein­zel­ne Gläu­bi­ge sei­en, wie Dorf­arzt Bern­hard Hol­lin­ger erklärt, in ihrer Ver­zweif­lung bereits kurz davor gewe­sen, etwas ganz Dum­mes zu machen. «Zwei Pati­en­ten haben sich geäus­sert, dass sie Pater Adam und/oder Herrn Ric abpas­sen möch­ten. Ich habe sie beschwich­tigt und ihnen davon abge­ra­ten.» Abge­passt wor­den sind die bei­den dann tat­säch­lich – und zwar gleich von einer gan­zen Grup­pe zur Fas­nachts­zeit. Demon­striert wur­de gegen sek­tie­re­ri­sche Zustän­de und Ohnmacht.

Dani­el Ric: «Demo ist Kinds­miss­brauch und Rassismus!»

Kir­chen­pfle­ge­prä­si­dent Dani­el Ric zeig­te sich empört ange­sichts der Akti­on. Gegen­über Hori­zon­te berich­tet er in einem Mail, dass Pfar­rei­an­ge­hö­ri­ge ihn gefragt hät­ten, gegen wen die­se Akti­on gerich­tet war und was sie soll­te. «Eine Dame schil­der­te mir, dass sie mit den Kin­dern gere­det hat, die dabei waren. Als ein Kind die Mas­ke abzie­hen woll­te, kam ein erwach­se­ner Mann mit einer Bür­ste auf sie los, damit sie nicht mehr wei­ter­re­den konn­te. Ich schä­me mich als Kir­chen­pfle­ge­prä­si­dent mas­siv dafür, dass nach all den Vor­fäl­len von Kinds­miss­brauch eini­ge Men­schen nichts gelernt haben und Kin­der wei­ter­hin scham­los instru­men­ta­li­sie­ren und für ihre Zwecke miss­brau­chen.»

Des Wei­te­ren sieht Dani­el Ric die Ras­sis­mus-Straf­norm ver­letzt. In einem Mail an Hori­zon­te schreibt er: «Dass bei­spiels­wei­se dun­kel­häu­ti­ge Men­schen, die am Sams­tag­abend in der Mes­se waren, mit einer Bür­ste abge­bür­stet wur­den, und man sug­ge­riert, sie wären Insek­ten, ist bei­spiel­los und muss für den Orga­ni­sa­tor der Akti­on Fol­gen haben.»

Auch die Poli­zei ist bereits involviert

Auch die Bade­ner Poli­zei hat sich bereits mit der ver­gif­te­ten Stim­mung in Gebens­torf und Tur­gi beschäf­ti­gen müs­sen. Her­mann Bla­ser, stell­ver­tre­ten­der Kom­man­dant öffent­li­che Sicher­heit der Stadt Baden erklärt gegen­über Hori­zon­te, dass man noch nicht aktiv gewor­den sei. «Wir sind von Herrn Ric kon­tak­tiert wor­den und haben Rechts­aus­kunft erteilt. Aktiv wer­den wür­den wir erst auf eine Anzei­ge hin.» Eine sol­che sei aber bis jetzt noch nicht eingegangen.

Die Kon­se­quen­zen für sich bereits gezo­gen hat Ende Febru­ar Mar­git Klusch. Die Lei­te­rin Kin­der­chor und Erwach­se­nen­chor hat gekün­digt. «Wo sol­che Zustän­de herr­schen, da will ich nicht dazu­ge­hö­ren, da will ich mich nicht mehr enga­gie­ren», erklärt die Kir­chen­mu­si­ke­rin. Denn das habe mit «Christ sein» über­haupt nichts zu tun.

«Man will mich ein­schüch­tern und weg­ha­ben» 

Wegen nicht wahr­ge­nom­me­ner Infor­ma­ti­ons­pflicht gegen­über der Kir­chen­pfle­ge hat­te ihr gegen­über deren Prä­si­dent, Dani­el Ric, eine Ver­war­nung aus­ge­spro­chen. In die­ser heisst es: «Lei­der müs­sen wir immer wie­der fest­stel­len, dass von dei­ner Sei­te her kei­ne Infor­ma­tio­nen an die Kir­chen­pfle­ge sowie an den Prie­ster mit Pfarr­ver­ant­wor­tung fliessen.»

Mar­git Klusch ver­wahrt sich gegen die Vor­wür­fe und meint: «Pater Adam Ser­a­fin hat die Jah­res­pla­nung 2020 im Dezem­ber 2019 bekom­men.» Er habe die Ter­mi­ne dar­auf ohne Rück­spra­che geän­dert und sei­ne Fas­sung mit dem Ver­merk «End­fas­sung» zurück­ge­sen­det. Für sie ist klar: Weil sie Miss­stän­de offen anspricht, wol­le man sie ein­schüch­tern und weghaben.

Dani­el Ric: Kei­ne Stel­lung­nah­me zu den Vorwürfen

Mar­git Klusch glaubt auch, dass Kir­chen­pfle­ge­prä­si­dent Dani­el Ric, der mit Pater Adam aus sei­ner Zeit als Leh­rer an der Frei­en Katho­li­schen Schu­le in Zürich bekannt ist, zu die­sem hal­te und kei­nen Auf­wand scheue, jeden mund­tot zu machen, der etwas gegen den Sal­va­to­ria­ner­pa­ter sage. Ent­spre­chend habe die Kir­chen­pfle­ge ihr dann auch die Auf­lö­sung des Arbeits­ver­hält­nis­ses ange­droht, «falls sich Frau Klusch wei­ter­hin destruk­tiv ver­hält» und auf ihre Kün­di­gung post­wen­dend mit Frei­stel­lung reagiert.

Vie­le befürch­ten nun, nach der Kün­di­gung von Mar­git Klusch, das Aus­ein­an­der­bre­chen des Kir­chen­chors. «Eigent­lich soll­te die­ses Jahr das 70-jäh­ri­ge Bestehen des Chors gefei­ert wer­den», bedau­ert Kirch­ge­mein­de­mit­glied Beat Bühl­mann. Er ist über­zeugt: «Dani­el Ric nimmt das bewusst in Kauf.»

Der in der Kri­tik ste­hen­de Kir­chen­pfle­ge­prä­si­dent ziert sich, zu den Vor­wür­fen Stel­lung zu neh­men. Am Ran­de eines Got­tes­dien­stes legt er gegen­über Hori­zon­te zwar sei­ne Sicht der Din­ge münd­lich dar, wünscht aber nicht, dass in irgend­ei­ner Wei­se sei­ne Aus­sa­gen in einem Arti­kel erscheinen.

«Wenn man krank wird, hat man gesündigt!»

Neben dem Kirch­ge­mein­de­prä­si­den­ten Dani­el Ric ist für vie­le auch Pater Adam, der als mit­ar­bei­ten­der Prie­ster amtet, ein rotes Tuch. In sei­nen Pre­dig­ten schockt er laut Aus­sa­gen ver­schie­de­ner Gemein­de­mit­glie­der immer wie­der mit dis­kri­mi­nie­ren­den Äusserungen.

So soll der Sal­va­to­ria­ner­pa­ter in einer Pre­digt zum Tag der Kran­ken gesagt haben: «Wenn man krank wird, hat man gesün­digt.» Gegen­über Erst­kom­mu­ni­on­kin­dern soll er die Aus­sa­ge gemacht haben, dass nur Katho­li­ken in den Him­mel kämen. «Das sind zum Teil Ansich­ten, die ich von mei­ner Mut­ter ken­ne, die in einem Klo­ster in Spa­ni­en auf­ge­wach­sen ist», erklärt eine Gläu­bi­ge, die nicht nament­lich genannt wer­den will. «Da schluckt man schon mal leer, wenn man das hört», sagt sie.

Wird der Gemein­de­lei­ter gemobbt?

Nicht nur mit sei­nen Aus­sa­gen stösst Pater Adam Ser­a­fin die auf­ge­schlos­se­nen Chri­sten in Gebens­torf und Tur­gi vor den Kopf. «Aus­ser an den Got­tes­dien­sten bekom­men wir Pater Adam kaum zu sehen. Eigent­lich wis­sen wir nicht, was er macht und wo er wohnt. Sein Auto trägt ein Frei­bur­ger Kenn­zei­chen», weiss Hil­de Sei­bert von der gut 60-köp­fi­gen Initia­tiv­grup­pe, die es sich zum Ziel gemacht hat, die Ent­las­sung von Pater Adam Ser­a­fin zu erwir­ken. «Wir haben unhalt­ba­re Zustän­de hier», erklärt sie gegen­über Hori­zon­te, und äus­sert in die­sem Zusam­men­hang auch den Vor­wurf, Pater Adam Ser­a­fin drän­ge den all­seits belieb­ten Gemein­de­lei­ter Peter Dani­els an den Rand.

«Pater Adam lässt ihn in sei­nen Eucha­ri­stie­fei­ern nicht pre­di­gen», erklärt die diplo­mier­te Erwach­se­nen­bild­ne­rin und erfolg­rei­che Lei­te­rin der über­re­gio­nal bekann­ten öku­me­ni­schen Erwach­se­nen­bil­dungs­rei­he «Podi­um Was­ser­schloss», an der schon natio­nal bekann­te Per­sön­lich­kei­ten wie Gui­sep Nay, Oswald Grü­bel, Ueli Mäder oder Ger­hard Pfi­ster debat­tier­ten. Wie­der­holt sei es Peter Dani­els des­we­gen schon sehr schlecht gegan­gen – bis hin zu aku­ten Herz­pro­ble­men. Auf Nach­fra­ge bei Gemein­de­lei­ter Peter Dani­els will sich die­ser gegen­über Hori­zon­te dazu nicht äussern.

«Zusam­men­ar­beit behin­dert und Firm­rei­se verschlafen»

In der Zwi­schen­zeit hat Hil­de Sei­bert Pater Adam Ser­a­fin schrift­lich mit­ge­teilt, dass sie mit ihm nicht mehr in der Erwach­se­nen­bil­dungs­grup­pe, wel­che die erwähn­ten über­re­gio­nal bekann­ten Podi­ums­ver­an­stal­tun­gen durch­führt, zusam­men­ar­bei­ten möch­te. «Er war stets unvor­be­rei­tet, gab kei­ne inhalt­li­chen Inputs und wei­ger­te sich, Ver­ant­wor­tung auch nur für einen ein­zi­gen Abend der Podi­ums­ver­an­stal­tun­gen zu übernehmen.»

Die Kla­gen über Pater Adam umfas­sen aber auch die Jugend­ar­beit und den Reli­gi­ons­un­ter­richt. «Der Mann ist unzu­ver­läs­sig», so der Vor­wurf ver­schie­de­ner Per­so­nen. «Zum Krip­pen­spiel am Hei­lig­abend waren cir­ca 120 Erwach­se­ne und Kin­der gekom­men», erin­nert sich Hil­de­gard Deck, Sakri­stanin und Mit­glied des Pfar­rei­rats. «Adam kam zu spät. Um die Anwe­sen­den nicht war­ten zu las­sen, haben die Orga­ni­sa­to­ren mit ein wenig Ver­spä­tung ohne ihn begon­nen.» Statt Dank dafür hät­ten sie aber nur Vor­wür­fe von Pater Adam Ser­a­fin bekom­men wegen «Kom­pe­tenz­über­schrei­tung».

Und wie Hori­zon­te in Erfah­rung brin­gen konn­te, soll Pater Adam Ser­a­fin sich ver­gan­ge­nen Okto­ber auch zu einer Firm­rei­se nach Rom ver­spä­tet haben. In der Fol­ge reich­te es nicht auf den Flug ab Basel. Pater Adam soll dann einen neu­en Flug ab Zürich gebucht haben.

Cha­os im Religionsunterricht?

Inak­zep­ta­bel ist für vie­le auch der von Pater Adam geführ­te Reli­gi­ons­un­ter­richt. Wie Hori­zon­te zuge­tra­gen wur­de, haben bereits ver­schie­dent­lich Eltern ihre Kin­der aus dem Unter­richt genom­men – aus unter­schied­li­chen Grün­den. Ein Vater fasst gegen­über Hori­zon­te zusam­men: Die Unter­richts­zei­ten wür­den nicht ein­ge­hal­ten, der Inhalt sei für die Kin­der nicht ver­ständ­lich, die Unter­richts­at­mo­sphä­re chao­tisch und laut. Zudem beschäf­ti­ge sich die Lehr­per­son wäh­rend des Unter­richts mit dem Mobiltelefon.

Eine Mut­ter erzählt: «Mei­ne Toch­ter Maël­le hat­te im Rah­men des Reli­gi­ons­un­ter­richts im Früh­ling 2018 einen Ver­söh­nungs­weg zu machen. Von Sei­ten der Kate­che­tin, Frau G., hiess es dann, die­ser fin­de in Kom­bi­na­ti­on mit einer Beich­te bei Pater Adam Ser­a­fin statt.» Das Beich­ten vor der Erst­kom­mu­ni­on sei, so die Mut­ter, von Pater Adam wie­der ein­ge­führt wor­den, nach­dem man den Ver­söh­nungs­weg jah­re­lang ohne Beich­te prak­ti­ziert habe.

«Kind zur Beich­te genötigt»

«Mei­ne Toch­ter hat mir gegen­über klar gesagt, dass sie nicht beich­ten wol­le», erklärt deren Mut­ter. Gleich­wohl sei sie von der Kate­che­tin zu Pater Adam Ser­a­fin zum Beich­ten geschickt wor­den. Maël­le beteu­ert, auch dann noch­mals erklärt zu haben, dies nicht zu wol­len. Sie habe sich dann aber in die Situa­ti­on gefügt und erklärt: «Ich muss­te wie alle ande­ren auch das Schuld­ein­ge­ständ­nis machen. Ich habe ihm gesagt, dass ich lie­ber sel­ber in der Kir­che oben beten möch­te. Das hat er (gemeint ist Pater Adam, Anm. d. Red.) aber nicht wirk­lich wahr­ge­nom­men, und ich muss­te beich­ten.»

Pater Adam Ser­a­fin war gegen­über Hori­zon­te nicht bereit, Fra­gen zu den im Raum ste­hen­den Vor­wür­fen zu beant­wor­ten. Spricht man mit den Kirch­ge­mein­de­mit­glie­dern, fin­den sich durch­aus auch aner­ken­nen­de Stim­men, die Ver­ständ­nis für Pater Adam Ser­a­fin äus­sern. Ein Frau aus Bir­menstorf, die im Arti­kel nicht nament­lich genannt wer­den will, meint: Pater Adam Ser­fain stam­me aus Polen – dort wer­de der Glau­be anders gelebt als hier, und also habe er auch ein ganz ande­res Ver­ständ­nis davon, wie man den Glau­ben ver­mitt­le. «Auch im Reli­gi­ons­un­ter­richt will er, dass die Kin­der den Glau­ben stren­ger leben, als wir das gewohnt sind. Die­se unter­schied­li­chen Kul­tu­ren pas­sen ein­fach nicht», resü­miert die Frau, die Pater Ser­a­fin aber als Seel­sor­ger sehr schätzt und beim Todes­fall in einer befreun­de­ten Fami­lie als sehr ein­fühl­sa­men Seel­sor­ger erlebt hat.

«Das Bis­tum hat uns im Stich gelassen»

Schuld an der ver­fah­re­ne Situa­ti­on sei­en das Bis­tum und die Kir­chen­pfle­ge. «Der Feh­ler liegt bei den Her­ren, die Pater Adam ange­stellt haben», lässt die Frau ver­lau­ten. Und da vie­le den Kir­chen­pfle­ge­prä­si­den­ten, Dani­el Ric, als Teil des Pro­blems betrach­ten, der ihrer Ansicht nach absicht­lich einen kon­ser­va­ti­ven, mit ihm gut bekann­ten Seel­sor­ger in Gebens­torf-Tur­gi instal­lier­te und nun zusam­men mit die­sem kom­pro­miss­los ver­su­che, sei­ne Vor­stel­lun­gen von Glau­bens­kul­tur durch­zu­set­zen, füh­len sich vie­le pro­gres­si­ve Gläu­bi­ge vom Bis­tum, nament­lich vom zustän­di­gen Bischofs­vi­kar, Chri­stoph Ster­k­man, im Stich gelassen.

«Chri­stoph Ster­k­man hat mein Mail, in dem ich ihn ange­fleht habe, drin­gend etwas zu tun, unbe­ant­wor­tet ste­hen las­sen», erklärt ein Gemein­de­mit­glied. «Er hat die­ses Mail am 12. Febru­ar, also fünf Tage vor sei­nen Feri­en erhal­ten – und macht sich ein­fach so aus dem Staub. Nicht hin­schau­en, Ohren ver­schlies­sen, nichts sagen.» Auch Hil­de Sei­bert meint, auf Chri­stoph Ster­k­man ange­spro­chen, ent­täusch: «Er hat uns noch an einer Sit­zung im August ver­spro­chen, dass er die Ange­le­gen­heit bis zu sei­ner Pen­sio­nie­rung im April 2020 vom Tisch haben wol­le und nicht sei­nem Nach­fol­ger über­ge­ben möch­te. Bis jetzt ist nichts pas­siert. Es ist nur schlim­mer gewor­den. Und das Bis­tum weiss das, wir haben das oft genug kom­mu­ni­ziert – als Initia­tiv­grup­pe, aber auch als Ein­zel­per­so­nen.»

Bis­tum Basel: «Die Mis­sio kann nicht ent­zo­gen werden»

Der ver­ant­wort­li­che Bischofs­vi­kar meint zur Kri­tik an sei­ner Per­son: «Ich habe nichts ver­spro­chen, aber gehofft, dass eine Lösung bis zu mei­ner Pen­sio­nie­rung mög­lich ist.» Wei­ter räumt er ein: «Das war eine Fehl­ein­schät­zung.» Chri­stoph Ster­k­man nimmt aber für sich in Anspruch, zwei Aus­spra­chen mit einer Dele­ga­ti­on der Initia­tiv­grup­pe und den Seel­sor­gern orga­ni­siert zu haben. «Auch habe ich mich mehr­mals mit den Seel­sor­gern zu dritt oder auch zu zweit bespro­chen.» Wei­ter sei ein Coa­ching zur Ver­bes­se­rung der Zusam­men­ar­beit unter den Seel­sor­gern letz­ten Som­mer ver­an­lasst wor­den. «Der Kon­flikt ist schwie­rig und viel­schich­tig und nicht ein­fach zu lösen», resü­miert er. «Den Bischof und die wich­tig­sten Ver­ant­wort­li­chen sind durch mich auf dem Lau­fen­den gehal­ten wor­den.»

Bischof Felix Gmür ist der­weil selbst schon von der Initia­tiv­grup­pe schrift­lich ange­gan­gen wor­den – in der Hoff­nung, der Bischof möge Pater Adam Ser­a­fin die Mis­sio ent­zie­hen. Auf Nach­fra­ge erklärt Hans­rue­di Huber, Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ver­ant­wort­li­cher beim Bis­tum: «Eine Mis­sio kann nicht ent­zo­gen wer­den, wenn Unei­nig­keit dar­in besteht, wie die römisch-katho­li­sche Pasto­ral zu voll­zie­hen ist. In einem sol­chen Fall muss zwi­schen den strei­ten­den Par­tei­en eine Kon­flikt­lö­sung gefun­den wer­den – falls nötig, mit exter­ner Hil­fe.» Der Hori­zon­te-Redak­ti­on ist aller­dings bekannt, dass bei einer Straf­tat die Mis­sio ent­zo­gen wer­den kann.  Eine sol­che liegt im aktu­el­len Fall aller­dings nicht vor.

Und sowie­so bedeu­te der Ent­zug der Mis­sio nicht auto­ma­tisch die Ver­pflich­tung, dass eine Anstel­lungs­be­hör­de den Seel­sor­ger aus dem Anstel­lungs­ver­hält­nis ent­las­sen müs­se. Aber der Bischof kön­ne schon reagie­ren, «wenn er über Machen­schaf­ten schrift­lich infor­miert wird, und wenn er gegen­über Pater Adam den Namen der Beschwer­de­füh­rer nen­nen darf.» «Aber genau das haben wir mehr­fach gemacht», wehrt sich Hil­de Sei­bert. Wir haben die Pro­ble­me geschil­dert – mit Namen.»

Bir­menstorf will aus Seel­sor­ge­ver­band austreten

Auch in Bir­menstorf, das sich mit Gebens­torf und Tur­gi in einem Ver­band (und künf­tig – so wäre es ange­dacht in einem Pasto­ral­raum) das Seel­sor­ge­per­so­nal teilt, hat man Pro­ble­me. Ruth Ripp­stein, Prä­si­den­ten der Kir­chen­pfle­ge, erklärt gegen­über Hori­zon­te, dass die Kir­chen­pfle­ge bereits dar­über nach­ge­dacht hat, sich von Gebens­torf-Tur­gi zu distan­zie­ren, allen­falls eine Tren­nung zu prüfen.

Andreas C. Müller
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