Im Gespräch mit dem neu­en Pro­vin­zi­al der Kapuziner

Im Gespräch mit dem neu­en Pro­vin­zi­al der Kapuziner

«Ich hof­fe, dass es mög­lich bleibt, Neu­es anzupacken»

Im Gespräch mit Josef Hasel­bach, dem neu­en Pro­vin­zi­al der Schwei­zer Kapuziner

Josef Hasel­bach lei­tet seit rund sie­ben Mona­ten die Schwei­zer Kapu­zi­ner. Im Inter­view sagt er, vor wel­chen Her­aus­for­de­run­gen der Kapu­zi­ner­or­den steht, was ihm als Neu­ling im Amt des Pro­vin­zi­als wider­fuhr und wohin er die Schwei­zer Kapu­zi­ner füh­ren will.Vor wel­chen Her­aus­for­de­run­gen steht der Kapu­zi­ner­or­den welt­weit im Jahr 2020 und dar­über hinaus?Josef Hasel­bach: Da ich als Pro­vin­zi­al noch nicht lan­ge im Amt bin, habe ich erst wenig Ein­blick in die glo­ba­len Ver­hält­nis­se des Ordens neh­men kön­nen. Mir ist jedoch bekannt, dass sich die Situa­ti­on je nach geo­gra­fi­scher Lage unter­schied­lich prä­sen­tiert. Die euro­päi­schen Pro­vin­zen des Ordens, etwa im deutsch- oder im ita­lie­nisch­spra­chi­gen Raum, waren einst bestim­mend, auch in wirt­schaft­li­cher Hin­sicht.Unter­des­sen hat sich der Schwer­punkt ver­la­gert – weg von Euro­pa. In aus­ser­eu­ro­päi­schen Län­dern und Regio­nen ste­hen Ent­wick­lun­gen an, wie wir sie hier nicht mehr ken­nen. All dies zuzu­las­sen und doch auf einen gemein­sa­men Nen­ner zu brin­gen, ist wohl eine gros­se Kunst.Wel­che Ent­wick­lun­gen spre­chen Sie an?Ich den­ke an Indi­en und Afri­ka. Dort gibt es recht viel Nach­wuchs. Die Mit­glie­der­zah­len neh­men zu. Auch bei uns war der Ein­tritt in einen Orden frü­her mit einem sozia­len Auf­stieg ver­bun­den. Jun­ge Men­schen beka­men die Mög­lich­keit, etwas zu ler­nen und zu machen, das ihnen sonst ver­wehrt gewe­sen wäre. In vie­len Län­dern Asi­ens und Afri­kas ist das heu­te noch der Fall.In unse­ren Mis­sio­nen in Afri­ka, zum Bei­spiel in Tan­sa­nia, hat ein Prie­ster eine ganz ande­re Bedeu­tung als hier­zu­lan­de. Prie­ster zu wer­den ist dort höchst erstre­bens­wert, weil man damit auch eine gewis­se Posi­ti­on erlangt. In Euro­pa ist das unter­des­sen ganz anders. Das kann zu ziem­li­chen Span­nun­gen inner­halb des Ordens füh­ren.War­um?Weil unter­schied­li­che Vor­stel­lun­gen exi­stie­ren von dem, was der Orden sein soll. Ähn­lich wie es auch unter­schied­li­che Kir­chen­bil­der gibt.Wel­che beson­de­ren Her­aus­for­de­run­gen kom­men im Jahr 2020 auf die Schwei­zer Kapu­zi­ner zu?Wir müs­sen stär­ker mit ande­ren zusam­men­ar­bei­ten, über die Gren­zen unse­res Ordens hin­aus. Die­se Ein­sicht ist einer­seits der Not geschul­det. Eine inten­si­ve­re Zusam­men­ar­beit mit ande­ren fran­zis­ka­ni­schen Gemein­schaf­ten ent­sprä­che ande­rer­seits unse­rer Spi­ri­tua­li­tät. Ich den­ke dabei an die brau­nen und schwar­zen Fran­zis­ka­ner und an enga­gier­te Men­schen, die im fran­zis­ka­ni­schen Geist leben wol­len. Aber auch an Schwe­stern, sei­en es Kapu­zi­ne­rin­nen oder Ange­hö­ri­ge fran­zis­ka­ni­scher Gemein­schaf­ten.In wel­chen Berei­chen soll­te die Koope­ra­ti­on ver­stärkt werden?Zum Bei­spiel im Medi­en­be­reich. Oder beim Pro­jekt «Klo­ster zum Mit­le­ben», das in Rap­pers­wil seit Lan­gem exi­stiert. Es soll so gestal­tet wer­den, dass es auch mit weni­ger Ordens­mit­glie­dern eine Zukunft haben kann. Denn es gibt eine Nach­fra­ge nach einem sol­chen Ort des Rück­zugs, der Stil­le und des Aus­tauschs. Es gibt bereits Ordens­frau­en, die das Pro­jekt mit­tra­gen. Wahr­schein­lich muss man es aber noch auf eine ganz ande­re Basis stel­len.Seit rund einem hal­ben Jahr sind Sie Pro­vin­zi­al der Schwei­zer Kapu­zi­ner. Wel­ches sind Ihre ersten Erfah­run­gen im neu­en Amt?Es kam sehr vie­les gleich­zei­tig auf mich zu. Die ein­schnei­dend­ste Erfah­rung war, dass mir blitz­ar­tig bewusst wur­de, vor wel­chen Bau­stel­len wir über­all ste­hen. Vor mei­nem Amts­an­tritt war ich als Spi­tal­seel­sor­ger und Guar­di­an einer Nie­der­las­sung tätig. Da lief der All­tag recht gut. Jetzt, wo ich Pro­vin­zi­al bin, stel­le ich fest: Es gibt wirk­lich drän­gen­de Pro­ble­me, die wir aktiv anpacken müs­sen, bevor sie uns ein­ho­len.Zum Bei­spiel?Wir kön­nen die Lei­tungs­funk­tio­nen kaum mehr beset­zen. Denn wir haben nur mehr weni­ge jun­ge Mit­glie­der, die eine lei­ten­de Funk­ti­on über­neh­men kön­nen und wol­len. Gleich­zei­tig haben wir noch eine rech­te Anzahl von Klö­stern, wäh­rend es immer weni­ger Kapu­zi­ner wer­den. Wir müs­sen uns fra­gen: Wo posi­tio­nie­ren wir uns? Wo set­zen wir Schwer­punk­te? Da muss man sehr wach sein.Sie sind für drei Jah­re gewählt. Wohin möch­ten Sie die Schwei­zer Kapu­zi­ner in die­ser Zeit führen?Ich glau­be, wir wer­den geführt. Ein­fach dadurch, dass unser Spiel­raum schrumpft. Einst träum­te ich von ver­schie­de­nen Pro­jek­ten. Heu­te wün­sche ich mir, dass es noch immer mög­lich ist, Neu­es anzu­packen. Ich möch­te nicht, dass wir nach und nach gezwun­gen sind, die­ses und jenes auf­zu­ge­ben, weil es ein­fach nicht mehr geht. Viel­mehr soll­ten wir gewis­se Din­ge aktiv zurück­fah­ren und vor­aus­schau­end los­las­sen. Auf die­se Wei­se könn­te ein Spiel­raum für Neu­es, Aktu­el­les ent­ste­hen.Haben Sie Ideen, wie Sie den klei­ner wer­den­den Spiel­raum nut­zen möchten?In unse­ren Klö­stern in Luzern und Rap­pers­wil laden wir Men­schen ein, zu uns zu kom­men. Ich per­sön­lich fän­de es wich­tig, dass wir Kapu­zi­ner auch zu den Men­schen gehen – uns zum Bei­spiel im sozia­len Bereich enga­gie­ren.Inter­view: Bar­ba­ra Lud­wig / kath.ch  
Regula Vogt-Kohler
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