Ich weiss, mein Erlö­ser lebt!

Ich weiss, mein Erlö­ser lebt!

Ijob 19,25–27Doch ich, ich weiss: Mein Erlö­ser lebt, als Letz­ter erhebt er sich über dem Staub. Ohne mei­ne Haut, die so zer­fetz­te, und ohne mein Fleisch wer­de ich Gott schau­en. Ihn sel­ber wer­de ich dann für mich schau­en; mei­ne ­Augen wer­den ihn sehen, nicht mehr fremd.Ein­heits­über­set­zung 2016 

Ich weiss, mein Erlö­ser lebt!

Von Georg Fried­rich Hän­del, dem Kom­po­ni­sten des Ora­to­ri­ums «Mes­si­as», ist über­lie­fert, dass er sich in einer Pro­be bei der Arie «Ich weiss, dass mein Erlö­ser lebet» an die Sopra­ni­stin wand­te und sag­te: «Sie sin­gen schön, aber Sie wis­sen nicht, dass Ihr Erlö­ser lebt.»Kann man das wirk­lich hören, obs einer weiss oder nicht? Kann man das spü­ren? Auch bei mir? Ja, weiss ich, dass mein Erlö­ser lebt?«Ich weiss, mein Erlö­ser lebt …» – mit­ten im Buch Ijob steht die­ser wun­der­ba­re Bibel­vers – mit­ten in die­sem dunk­len und schwe­ren und in man­chen Pas­sa­gen bei­na­he uner­träg­li­chen Buch. Die Geschich­te erzählt, wie Gott dem Satan gestat­tet, den from­men Ijob auf die Pro­be zu stel­len. Wird die­ser wohl auch dann noch an sei­nem Glau­ben fest­hal­ten, wenn alles schief­geht in sei­nem Leben – wenn ihm Men­schen, Mit­tel, Wohl­stand und Gesund­heit genom­men wer­den? Wir wis­sen heu­te: Am Ende wird alles gut. Doch in dem Moment, in dem Ijob die­sen Satz einem sei­ner rat­lo­sen Bera­ter ent­ge­gen­hält, weiss er noch nicht, wie alles aus­ge­hen wird. Er wird ertra­gen müs­sen, dass ihn die­ser Erlö­ser noch ziem­lich lan­ge gänz­lich uner­löst in sei­nem Elend schmo­ren lässt.«Ich weiss, mein Erlö­ser lebt» – die­ses Bekennt­nis Ijobs ist Teil einer gan­zen Rede. Der gesam­te Rest die­ser Rede besteht aller­dings nur aus Jam­mer, Kla­ge und Ankla­ge gegen Gott. Da ruft der leid­ge­prüf­te Ijob: «Gott drückt mich nie­der!» – «Mei­nen Pfad hat er ver­sperrt!» – «Mei­ner Ehre hat er mich ent­klei­det!» – «Gott hat mich zer­bro­chen!» – «Gott hat mei­ne Hoff­nung wie einen Baum aus­ge­ris­sen!» Ist das nicht Got­tes­lä­ste­rung? Nein, Ijob hält an Gott fest und wen­det sich an ihn. Er ver­steht des­sen Wege nicht und kann sei­ne Nähe nicht mehr spü­ren. Wo wir mit Gott hadern, da las­sen wir ihn nicht los. Und mit­ten in die­sem Rin­gen mit Gott und mit dem Unrecht die­ser Welt ent­steht Ijobs wun­der­schö­nes Bekennt­nis: «Ich weiss, mein Erlö­ser lebt.»Ijobs Fra­ge nach dem War­um bekommt letzt­lich kei­ne Ant­wort. Aber Ijob wagt in all sei­nem Leid an Gott fest­zu­hal­ten.Woher hat Ijob die­se Gewiss­heit? Woher kommt die­se Zuver­sicht?Viel­leicht ein pro­phe­ti­scher Blick auf den, der an Ostern als Erster das Toten­reich mit einem erlö­sten, neu­en Leib ver­las­sen soll­te: Jesus Chri­stus. Eine Sehn­sucht, eine Ahnung, eine Hoff­nung – und zugleich ein tie­fes Wis­sen: Ich weiss, mein Erlö­ser lebt, auch wenn ich ihn noch nicht ken­ne!Ob viel­leicht in die­sen letz­ten Wochen bei eini­gen von uns die Fra­ge nach dem Erlö­ser auch wie­der etwas prä­sen­ter gewor­den ist? Ein Virus hat unser aller Leben plötz­lich ganz schön durch­ein­an­der gebracht … und kei­ner weiss so genau, wann das alles enden oder wie das alles aus­ge­hen wird.Wor­an hal­te ich mich fest in sol­chen Momen­ten? Weiss ich, dass mein Erlö­ser lebt? Kann man es hören, bei dem, was ich sage? Kann man es able­sen dar­an, wie ich lebe?Gera­de die Oster­zeit erin­nert uns dar­an, dass wir in und gegen alle leid­vol­len Erfah­run­gen mit Ijob dar­auf ver­trau­en dür­fen: Ich weiss, dass mein Erlö­ser lebt und dass er am Ende über dem Staub (auch mei­nes Lebens) ste­hen wird.Nadia Miri­am Kel­ler, Theo­lo­gin, ursprüng­lich Pfle­ge­fach­frau, arbei­tet als Spital­seelsorgerin i.A. am St. Cla­ra­spi­tal in Basel 
Redaktion Lichtblick
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