Ich muss es gesagt bekommen!
MatÂthäÂus 10,28a.29–32Jesus sprach: FürchÂtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die SeeÂle aber nicht töten könÂnen … VerÂkauft man nicht zwei SpatÂzen für einen PfenÂnig? Und doch fällt keiÂner von ihnen zur Erde ohne den WilÂlen eures Vaters. Bei euch aber sind sogar die HaaÂre auf dem Kopf alle gezählt. FürchÂtet euch also nicht! Ihr seid mehr wert als vieÂle SpatÂzen. Jeder, der sich vor den MenÂschen zu mir bekennt, zu dem werÂde auch ich mich vor meiÂnem Vater im HimÂmel bekennen.EinÂheitsÂüberÂsetÂzung 2016 Ich muss es gesagt bekommen!
In einer seiÂner LügenÂgeÂschichÂten erzählt der Baron von MünchÂhauÂsen, wie er sich am eigeÂnen HaarÂschopf aus dem Sumpf gezoÂgen hat. Er gibt halt gern an mit seiÂnen GrossÂtaÂten. Was phyÂsisch natürÂlich unmögÂlich und unsinÂnig ist, wird psyÂchoÂloÂgisch gern warm empÂfohÂlen: Man muss sich selbst lieÂben, wenn man gesund sein will. Nur wer sich selbst liebt und achÂtet, kann auch andeÂre MenÂschen lieÂben und achÂten. Da ist was dran, natürÂlich. Wer sich selbst nicht für lieÂbensÂwert hält, kann andeÂren MenÂschen nur schwer LieÂbe entÂgeÂgenÂbrinÂgen.Zur LügenÂgeÂschichÂte wird dieÂse WahrÂheit aber, wenn behaupÂtet wird, man könÂne bei sich selbst beginÂnen, sich selbst lieÂben und achÂten, und dann werÂde sich das auf die LieÂbe zu den MitÂmenÂschen überÂtraÂgen. SelbstÂwert und SelbstÂachÂtung entÂsteÂhen nicht, indem ich mir tägÂlich vorÂbeÂte oder einÂbilÂde, ich sei lieÂbensÂwert. Auf dieÂse WeiÂse baue ich höchÂstens eine moraÂliÂsche MasÂke, proÂduÂzieÂre ein Lächeln um meiÂnen Mund, und wer hinÂsieht, merkt schnell, dass die Augen nicht mitÂläÂcheln und unter der MasÂke die SelbstÂbeÂschimpÂfung weiÂterÂgeht.LieÂbensÂwert zu sein kann ich mir nicht einÂreÂden. Das muss mir gesagt, gezeigt, zugeÂsproÂchen werÂden, solanÂge und immer wieÂder, bis ich es glauÂbe. Ich brauÂche die MenÂschen, die mich aus dem Sumpf der SelbstÂentÂwerÂtung zieÂhen. Gibt es dieÂse MenÂschen nicht, droht mir der UnterÂgang. Die PsyÂchoÂloÂgen spreÂchen von der NotÂwenÂdigÂkeit der lieÂbeÂvolÂlen ZuwenÂdung in der früÂhen KindÂheit und von den SchäÂden, die entÂsteÂhen, wenn sie fehlt. Aber man lernt nie aus, und so ist in jedem LebensÂalÂter die gesproÂcheÂne und getaÂne lieÂbeÂvolÂle ZuwenÂdung NahÂrung für das SelbstÂwertÂgeÂfühl. Und dies ist wieÂderÂum KraftÂquelÂle für die FähigÂkeit, andeÂren ihren Wert zu zeiÂgen. Ein KreisÂlauf der LieÂbe also und nirÂgends SelbstÂbeÂdieÂnung.Von heiÂliÂgen SebaÂstiÂan kennt man nur weniÂge LegenÂden. Wegen seiÂnes christÂliÂchen GlauÂbens sei er hinÂgeÂrichÂtet worÂden. Die LitÂurÂgie seiÂnes GedenkÂtaÂges gibt uns den Text aus dem MatÂthäÂusÂevanÂgeÂliÂum, der uns von unseÂrem Wert für Gott erzählt, mit auf den Weg. Jesus erklärt uns die göttÂliÂche funÂdaÂmenÂtaÂle WertÂschätÂzung, die uns stark, lieÂbeÂvoll und furchtÂlos macht – wenn wir darÂan glauÂben. In der TauÂfe wird dieÂse LieÂbe gefeiÂert, aber umgeÂsetzt und weiÂterÂgeÂgeÂben wird sie in jeder BegegÂnung unser ganÂzes Leben lang bis hin zum SterÂbeÂbett oder wo immer uns das LebensÂenÂde erreicht. SebaÂstiÂan brauchÂte das, wir brauÂchen das.Wie eine tägÂliÂche NahÂrung braucht unseÂre SeeÂle die ZeiÂchen und WorÂte der WertÂschätÂzung. Auch wenn es nur um KleiÂnigÂkeiÂten und KurzÂbeÂgegÂnunÂgen geht. Wir leben davon, dass wir einÂanÂder immer wieÂder zeiÂgen: Es ist gut, dass du da bist, du bist beachÂtensÂwert und geschätzt. Das ist die ÃœberÂsetÂzung der JesusÂreÂde in unseÂren AllÂtag. AchÂten Sie mal darÂauf, was ihre WorÂte und Augen mitÂteiÂlen, zum BeiÂspiel beim EinÂkauÂfen. Und achÂten Sie darÂauf, was Ihre Augen und Ohren aufÂnehÂmen: Wir zieÂhen einÂanÂder aus dem Sumpf und stelÂlen uns gegenÂseiÂtig auf den Boden des Lebens. Das heisst glauÂben.
LudÂwig HesÂse, TheoÂloÂge und Autor, war bis zu seiÂner PenÂsioÂnieÂrung SpiÂtalÂseelÂsorÂger im KanÂton Baselland.